Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Zehenden Buchs Andrer Theil/ Seidenwürme.
Caput I. Wer von den Seidenwurmen geschrieben.
[Spaltenumbruch]
JCH habe bißher/ von einem gerin- gen/ doch überaus nützlichen Thier- lein/ oder vielmehr Insecto, den Bie- nen/ genugsam angedeutet; itzt wol- len wir das andere/ als den Sei- denwurm/ auch beschreiben/ und ob wol dieses viel später in der Welt/ (sonderlich aber in unsern Europoei- schen Ländern) kund- und ruchtbar worden/ stehet es dennoch im Zweifel/ ob es/ so viel die grosse Nutzbarkeit/ als die köstliche Wahr/ damit wir dardurch bereichert werden/ den Bienen nachgeben soll oder nicht/ so viel muß ich gleichwol bekennen/ daß sie in einer wolbestellten Wirthschafft einander fast die Stangen halten/ und in gleiche Würde und Vergleichung mögen gezogen wer- den. Was die Scriptores belangt/ ist bey den Alten von diesen letzern wenig Bericht zu erholen/ innerhalb hundert und etlichen Jahren hat man wenig davon ge- hört.
Diese Arbeit ist aus Jndien in Griechenland/ von dannen in Jtalien/ und also ferner fort in Franckreich/ und daraus in unser Teutsches Land ankommen. Und hat der gelehrte Jtaliänische Jurist Guido Pancirollo der berühmten Academiae zu Padua Professor und An- tecessor Primarius in seinen Novis Repertis, am ersten (so viel mir wissend) Meldung davon gethan; Nicht weniger hat der fleissige und curiose Welsche Edelmann Augustino Gallo von Brescia gebürtig/ in seinem löbli- chen Hauswirthschaffts-Werck/ dessen Titul ist: Le vinti giornate dell' Agricoltura e de' piaceri della vil- la, in seiner sechzehenden Giornata gantz schön ausführ- lich und klar/ alles/ wie man damit umgehen/ und was man in einem und dem andern thun solle/ beschrieben/ daraus auch viel von den Modernis, sonderlich von de- nen Französischen Oeconomographis, entlehnet und ab- geborget worden. Jtem Signor Vinzenzo Tanara di Bologna in seiner Economia del Cittadino in villa lib. 5. da er von dem Maulbeerbaum schreibet/ ge- denckt auch von fol. 355. biß 359. mit wenigem der Sei- denwürme.
Nicht weniger ist berühmt der (unter den Jtaliäni- schen Poeten) wolbekannte Bischoff zu Alba Marcus Hieronymus Vida von Cremona, der unter vielen andern seinen schönen Gedichten in zweyen Büchern de Bombyce schön und zierlich geschrieben/ und also an- fänget:
[Spaltenumbruch]
Quos mores, quas aut parvis reptantibus artes Jupiter addiderit, quae fila tenacia Serum Ore vomunt saturae, vos mecum evolvite Nymphae Seriades. &c. -- -- -- -- -- --
darinnen er Poetisch/ doch gantz eigentlich die Seiden- würme und ihre gantze Wartung abmahlet und auf- zeichnet.
Unter den ältern Welschen Authoren/ die von der Agricultur und Oeconomia geschrieben/ findet man nichts davon; der einige Petro de' Crescentii in seinem Buch d' Agricoltura, welches zu Venedig Anno 1542 gedruckt/ und von ihm Carolo dem Andern/ König in Sicilien/ dedicirt worden/ meldet nur gar mit wenig Worten im 5. Buch cap. 14. daß die Weiber mit dem Laub des Maulbeerbaums die Seidenwürme speisen/ und glaubt/ es geschehe damit dem Baum eine grosse Verhinderung an seiner Fruchtbarkeit.
Die Franzosen haben später die Seidenwürme ge- sehen/ daher auch die Alten gar wenig deren gedacht ha- ben; das von den zweyen berühmten Medicis Char- les Estienne und Jean Libault verfertigte und conti- nuirte Werck/ Maison Rustique, so Anno 1608. zu Roan aufgelegt worden/ enthält im dritten Buch am 85/86 und 87. Capitel gar einen kurtzen Unterricht/ wie man die Seidenwürme halten und warten solle/ ist aber nicht viel sonderliches daraus zu nehmen.
Weit besser hat dieses geleistet der berühmte und weise Französische Edelmann Herr Olivier de Serres, Seigneur du Pradel in seinem Theatre d' Agricolture, so zum letztenmal (so viel mir bekannt ist) zu Roan An- no 1635. ausgegangen/ der in seinem Lieu cinquiesme chap. 15. mit grossem Fleiß und Weitläufftigkeit davon Meldung thut.
Das letzte von den Seidenwürmen gedruckte Werck ist erst vor wenig Jahren/ auf Befehl Königs Ludo- vici XIV. in Franckreich/ von Monsieur Isnard, zim- lich weitläuffig/ doch gantz eigentlich heraus gegeben wor- den/ welches Anno 1669. in das Teutsche versetzt/ und zu Wien gedruckt worden/ dessen Titul ist: Kurtze und gründliche Unterweisung/ wie die weissen Maulbeerbäu- me in diesen Landen auf unterschiedliche Weise/ zu Er- züglung der Seidenwürm/ dem allgemeinen Wesen zum Besten/ gepflantzt/ samt einem ausführlichem Bericht/ wie die Seidenwürme ernähret/ aufgebracht/ unter- halten/ die Seiden abgewunden/ aufgehaspelt/ zuge- richtet und genützet werden sollen; und diß Büchlein ist
gleich-
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens Zehenden Buchs Andrer Theil/ Seidenwuͤrme.
Caput I. Wer von den Seidenwůrmen geſchrieben.
[Spaltenumbruch]
JCH habe bißher/ von einem gerin- gen/ doch uͤberaus nuͤtzlichen Thier- lein/ oder vielmehr Inſecto, den Bie- nen/ genugſam angedeutet; itzt wol- len wir das andere/ als den Sei- denwurm/ auch beſchreiben/ und ob wol dieſes viel ſpaͤter in der Welt/ (ſonderlich aber in unſern Europœi- ſchen Laͤndern) kund- und ruchtbar worden/ ſtehet es dennoch im Zweifel/ ob es/ ſo viel die groſſe Nutzbarkeit/ als die koͤſtliche Wahr/ damit wir dardurch bereichert werden/ den Bienen nachgeben ſoll oder nicht/ ſo viel muß ich gleichwol bekennen/ daß ſie in einer wolbeſtellten Wirthſchafft einander faſt die Stangen halten/ und in gleiche Wuͤrde und Vergleichung moͤgen gezogen wer- den. Was die Scriptores belangt/ iſt bey den Alten von dieſen letzern wenig Bericht zu erholen/ innerhalb hundert und etlichen Jahren hat man wenig davon ge- hoͤrt.
Dieſe Arbeit iſt aus Jndien in Griechenland/ von dannen in Jtalien/ und alſo ferner fort in Franckreich/ und daraus in unſer Teutſches Land ankommen. Und hat der gelehrte Jtaliaͤniſche Juriſt Guido Pancirollo der beruͤhmten Academiæ zu Padua Profeſſor und An- teceſſor Primarius in ſeinen Novis Repertis, am erſten (ſo viel mir wiſſend) Meldung davon gethan; Nicht weniger hat der fleiſſige und curioſe Welſche Edelmann Auguſtino Gallo von Breſcia gebuͤrtig/ in ſeinem loͤbli- chen Hauswirthſchaffts-Werck/ deſſen Titul iſt: Le vinti giornate dell’ Agricoltura e de’ piaceri della vil- la, in ſeiner ſechzehenden Giornata gantz ſchoͤn ausfuͤhr- lich und klar/ alles/ wie man damit umgehen/ und was man in einem und dem andern thun ſolle/ beſchrieben/ daraus auch viel von den Modernis, ſonderlich von de- nen Franzoͤſiſchen Oeconomographis, entlehnet und ab- geborget worden. Jtem Signor Vinzenzo Tanara di Bologna in ſeiner Economia del Cittadino in villa lib. 5. da er von dem Maulbeerbaum ſchreibet/ ge- denckt auch von fol. 355. biß 359. mit wenigem der Sei- denwuͤrme.
Nicht weniger iſt beruͤhmt der (unter den Jtaliaͤni- ſchen Poeten) wolbekannte Biſchoff zu Alba Marcus Hieronymus Vida von Cremona, der unter vielen andern ſeinen ſchoͤnen Gedichten in zweyen Buͤchern de Bombyce ſchoͤn und zierlich geſchrieben/ und alſo an- faͤnget:
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Quos mores, quas aut parvis reptantibus artes Jupiter addiderit, quæ fila tenacia Serum Ore vomunt ſaturæ, vos mecum evolvite Nymphæ Seriades. &c. — — — — — —
darinnen er Poetiſch/ doch gantz eigentlich die Seiden- wuͤrme und ihre gantze Wartung abmahlet und auf- zeichnet.
Unter den aͤltern Welſchen Authoren/ die von der Agricultur und Oeconomiâ geſchrieben/ findet man nichts davon; der einige Petro de’ Creſcentii in ſeinem Buch d’ Agricoltura, welches zu Venedig Anno 1542 gedruckt/ und von ihm Carolo dem Andern/ Koͤnig in Sicilien/ dedicirt worden/ meldet nur gar mit wenig Worten im 5. Buch cap. 14. daß die Weiber mit dem Laub des Maulbeerbaums die Seidenwuͤrme ſpeiſen/ und glaubt/ es geſchehe damit dem Baum eine groſſe Verhinderung an ſeiner Fruchtbarkeit.
Die Franzoſen haben ſpaͤter die Seidenwuͤrme ge- ſehen/ daher auch die Alten gar wenig deren gedacht ha- ben; das von den zweyen beruͤhmten Medicis Char- les Eſtienne und Jean Libault verfertigte und conti- nuirte Werck/ Maiſon Ruſtique, ſo Anno 1608. zu Roan aufgelegt worden/ enthaͤlt im dritten Buch am 85/86 und 87. Capitel gar einen kurtzen Unterricht/ wie man die Seidenwuͤrme halten und warten ſolle/ iſt aber nicht viel ſonderliches daraus zu nehmen.
Weit beſſer hat dieſes geleiſtet der beruͤhmte und weiſe Franzoͤſiſche Edelmann Herꝛ Olivier de Serres, Seigneur du Pradel in ſeinem Theatre d’ Agricolture, ſo zum letztenmal (ſo viel mir bekannt iſt) zu Roan An- no 1635. ausgegangen/ der in ſeinem Lieu cinquieſme chap. 15. mit groſſem Fleiß und Weitlaͤufftigkeit davon Meldung thut.
Das letzte von den Seidenwuͤrmen gedruckte Werck iſt erſt vor wenig Jahren/ auf Befehl Koͤnigs Ludo- vici XIV. in Franckreich/ von Monſieur Iſnard, zim- lich weitlaͤuffig/ doch gantz eigentlich heraus gegeben wor- den/ welches Anno 1669. in das Teutſche verſetzt/ und zu Wien gedruckt worden/ deſſen Titul iſt: Kurtze und gruͤndliche Unterweiſung/ wie die weiſſen Maulbeerbaͤu- me in dieſen Landen auf unterſchiedliche Weiſe/ zu Er- zuͤglung der Seidenwuͤrm/ dem allgemeinen Weſen zum Beſten/ gepflantzt/ ſamt einem ausfuͤhrlichem Bericht/ wie die Seidenwuͤrme ernaͤhret/ aufgebracht/ unter- halten/ die Seiden abgewunden/ aufgehaſpelt/ zuge- richtet und genuͤtzet werden ſollen; und diß Buͤchlein iſt
gleich-
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[406/0424]
Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
Des
Adelichen Land- und Feld-Lebens
Zehenden Buchs
Andrer Theil/
Seidenwuͤrme.
Caput I.
Wer von den Seidenwůrmen geſchrieben.
JCH habe bißher/ von einem gerin-
gen/ doch uͤberaus nuͤtzlichen Thier-
lein/ oder vielmehr Inſecto, den Bie-
nen/ genugſam angedeutet; itzt wol-
len wir das andere/ als den Sei-
denwurm/ auch beſchreiben/ und ob
wol dieſes viel ſpaͤter in der Welt/
(ſonderlich aber in unſern Europœi-
ſchen Laͤndern) kund- und ruchtbar worden/ ſtehet es
dennoch im Zweifel/ ob es/ ſo viel die groſſe Nutzbarkeit/
als die koͤſtliche Wahr/ damit wir dardurch bereichert
werden/ den Bienen nachgeben ſoll oder nicht/ ſo viel
muß ich gleichwol bekennen/ daß ſie in einer wolbeſtellten
Wirthſchafft einander faſt die Stangen halten/ und in
gleiche Wuͤrde und Vergleichung moͤgen gezogen wer-
den. Was die Scriptores belangt/ iſt bey den Alten
von dieſen letzern wenig Bericht zu erholen/ innerhalb
hundert und etlichen Jahren hat man wenig davon ge-
hoͤrt.
Dieſe Arbeit iſt aus Jndien in Griechenland/ von
dannen in Jtalien/ und alſo ferner fort in Franckreich/
und daraus in unſer Teutſches Land ankommen. Und
hat der gelehrte Jtaliaͤniſche Juriſt Guido Pancirollo
der beruͤhmten Academiæ zu Padua Profeſſor und An-
teceſſor Primarius in ſeinen Novis Repertis, am erſten
(ſo viel mir wiſſend) Meldung davon gethan; Nicht
weniger hat der fleiſſige und curioſe Welſche Edelmann
Auguſtino Gallo von Breſcia gebuͤrtig/ in ſeinem loͤbli-
chen Hauswirthſchaffts-Werck/ deſſen Titul iſt: Le
vinti giornate dell’ Agricoltura e de’ piaceri della vil-
la, in ſeiner ſechzehenden Giornata gantz ſchoͤn ausfuͤhr-
lich und klar/ alles/ wie man damit umgehen/ und was
man in einem und dem andern thun ſolle/ beſchrieben/
daraus auch viel von den Modernis, ſonderlich von de-
nen Franzoͤſiſchen Oeconomographis, entlehnet und ab-
geborget worden. Jtem Signor Vinzenzo Tanara di
Bologna in ſeiner Economia del Cittadino in villa
lib. 5. da er von dem Maulbeerbaum ſchreibet/ ge-
denckt auch von fol. 355. biß 359. mit wenigem der Sei-
denwuͤrme.
Nicht weniger iſt beruͤhmt der (unter den Jtaliaͤni-
ſchen Poeten) wolbekannte Biſchoff zu Alba Marcus
Hieronymus Vida von Cremona, der unter vielen
andern ſeinen ſchoͤnen Gedichten in zweyen Buͤchern
de Bombyce ſchoͤn und zierlich geſchrieben/ und alſo an-
faͤnget:
Quos mores, quas aut parvis reptantibus artes
Jupiter addiderit, quæ fila tenacia Serum
Ore vomunt ſaturæ, vos mecum evolvite Nymphæ
Seriades. &c. — — — — — —
darinnen er Poetiſch/ doch gantz eigentlich die Seiden-
wuͤrme und ihre gantze Wartung abmahlet und auf-
zeichnet.
Unter den aͤltern Welſchen Authoren/ die von der
Agricultur und Oeconomiâ geſchrieben/ findet man
nichts davon; der einige Petro de’ Creſcentii in ſeinem
Buch d’ Agricoltura, welches zu Venedig Anno 1542
gedruckt/ und von ihm Carolo dem Andern/ Koͤnig in
Sicilien/ dedicirt worden/ meldet nur gar mit wenig
Worten im 5. Buch cap. 14. daß die Weiber mit dem
Laub des Maulbeerbaums die Seidenwuͤrme ſpeiſen/
und glaubt/ es geſchehe damit dem Baum eine groſſe
Verhinderung an ſeiner Fruchtbarkeit.
Die Franzoſen haben ſpaͤter die Seidenwuͤrme ge-
ſehen/ daher auch die Alten gar wenig deren gedacht ha-
ben; das von den zweyen beruͤhmten Medicis Char-
les Eſtienne und Jean Libault verfertigte und conti-
nuirte Werck/ Maiſon Ruſtique, ſo Anno 1608. zu
Roan aufgelegt worden/ enthaͤlt im dritten Buch am
85/86 und 87. Capitel gar einen kurtzen Unterricht/ wie
man die Seidenwuͤrme halten und warten ſolle/ iſt aber
nicht viel ſonderliches daraus zu nehmen.
Weit beſſer hat dieſes geleiſtet der beruͤhmte und
weiſe Franzoͤſiſche Edelmann Herꝛ Olivier de Serres,
Seigneur du Pradel in ſeinem Theatre d’ Agricolture,
ſo zum letztenmal (ſo viel mir bekannt iſt) zu Roan An-
no 1635. ausgegangen/ der in ſeinem Lieu cinquieſme
chap. 15. mit groſſem Fleiß und Weitlaͤufftigkeit davon
Meldung thut.
Das letzte von den Seidenwuͤrmen gedruckte Werck
iſt erſt vor wenig Jahren/ auf Befehl Koͤnigs Ludo-
vici XIV. in Franckreich/ von Monſieur Iſnard, zim-
lich weitlaͤuffig/ doch gantz eigentlich heraus gegeben wor-
den/ welches Anno 1669. in das Teutſche verſetzt/ und
zu Wien gedruckt worden/ deſſen Titul iſt: Kurtze und
gruͤndliche Unterweiſung/ wie die weiſſen Maulbeerbaͤu-
me in dieſen Landen auf unterſchiedliche Weiſe/ zu Er-
zuͤglung der Seidenwuͤrm/ dem allgemeinen Weſen zum
Beſten/ gepflantzt/ ſamt einem ausfuͤhrlichem Bericht/
wie die Seidenwuͤrme ernaͤhret/ aufgebracht/ unter-
halten/ die Seiden abgewunden/ aufgehaſpelt/ zuge-
richtet und genuͤtzet werden ſollen; und diß Buͤchlein iſt
gleich-
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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/424>, abgerufen am 22.11.2024.
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