Wann man will/ daß die Bäume etwas früher aus- treiben/ muß man im Februario kleinen Mist an die Wurtzen (doch nicht gar daran) im Neumonden legen/ und mit laulichten/ nicht warmen/ viel weniger kaltem Wasser begiessen/ diß soll bey schönem stillen Wetter und warmen Sonnenschein verrichtet werden/ auch muß man die Rinden an den Aesten nicht abstreiffen/ noch die Aeste zerstossen oder verletzen/ bricht aber ohngefähr aus übersehen ein Aestlein/ muß mans mit einem Schneid- messer glatt abschneiden.
Die Bäume vom übrigen Laube zu entladen (sagt der Französische Author) soll man mit einem Schnitt- messer auf die Bäume steigen/ und so weit man wol kan beykommen/ alle Sprößlinge so von innen am Baum wachsen/ hinweg schneiden/ und den Baum davon säu- bern/ die beste Zeit ist der Martius, im abnehmenden Monden/ bey schönem stillen Wetter/ ehe die Maul- [Spaltenumbruch]
beerbäume Ausschlag-Botzen bekommen; will man a- ber warten/ biß Ende des Maij oder in den Junium, so kan man zugleich auch das Laub nutzen und den Seiden- würmern zur Speise gebrauchen/ welches an Orten/ wo man wenig Laub hat/ wol zu beobachten. Alle drey Jahr die Maulbeerbäume stümmlen wie die Felber/ verderbt den Baum/ daß man das Laub lang nicht geniessen kan/ und macht darzu den Baum selbst desto eher zu Grunde gehen. So zwar die alten Oeconomi, Augustino Gal- lo und Herr de Serres nicht gewust/ sondern geglaubt/ man müsse alle drey Jahr die Bäume stümmlen/ biß sie von den Sicilianern erfahren haben/ daß keine grössere Thorheit sey/ als grosse erwachsene Bäume/ und noch ärger/ einen alten Maulbeerbaum zu stutzen; also bleibt das Sprichwort wahr/ Posteriores cogitationes sa- pientiores, gute Gedancken/ und hinckende Pferde kommen hinten nach.
Cap. XIV. Von der Seidenwürm Natur.
[Spaltenumbruch]
JN der Landschafft Taprobana sollen die Seiden- würme von sich selbst ihre Seiden hin und wieder an die Bäume anhencken/ die hernach von den Jnnwohnern/ als wie andere Baumfrüchte abgelesen/ und zu ihren Nutzen verwendet werden/ daselbst legen sie auch ihre Eyer an. Die Blätter/ die hernach von der Sonnen Wärme ausgebrütet/ und wieder zu frischen Seidenspinnerinnen werden; das glückselige Clima aber daselbst ist an diesem Ursach. Jn unsern Ländern gehöret mehr Sorgfalt und Fleiß darzu/ welche doch gleichwol von dem mercklich-darauf folgenden Nutzen reich- lich ersetzt und vergolten werden. Und schreibt der ge- lehrte Jonston, die Natur habe/ an diesem Insecto so viel Kunststück erwiesen/ daß es unmöglich sey/ alles zu fas- sen/ und ob zwar viel davon geschrieben werde/ bleibe doch noch viel zuruck. Man betrachte gleich seine wun- dersame Begräbnis in dem seidenen Mausolaeo, seine seltsame Auferstehung zum Leben; seine schöne Verän- derung in eine geflügelte Bienenfalter; aus einem krie- chenden Würmlein/ seine artliche Vermählung; die hinterlassenen Eyerlein/ oder das Sämlein/ so nach sei- nem Tod allein zu Verneuerung dieses Geschlechtes ü- berbleiben/ die künstliche Ausbrütung/ sorgfältige Nah- rung/ mancherley Veränderungen ihrer Zustände/ der ordentliche Schlaff/ indem die Nahrung in einem sub- tilen Faden digerirt und verdäuet wird/ das überkünst- liche Spinnen/ und Einwicklung des gantzen Leibes in die Seidenhäuslein; so hat man allenthalben reichen Anlaß die Göttliche allweise Allmacht und Fürsichtig- keit zu bewundern.
Etliche wollen/ das gantze Leiblein dieses nutzbaren Thierleins/ sey von sieben in einander gegliederten Rin- geln eingetheilt/ mit kleinen Mackeln besprenget/ theils sind liechtgelber/ theils weißlichter und theils wie Aschen- färbicht/ sie haben 14 Füsse/ und über den Rucken/ ha- ben sie einen flachen geraden dunckeln Strich. Die Au- gen scheinen seyn subtile/ kleine/ schmale/ schwartze Strichlein/ die nach der Zwerch oder Schlemms stehen/ einen in Zweiffel setzen/ obs Augen oder nur schwartze Strichlein sind. Er wird viermal gespeiset/ viermal ent- [Spaltenumbruch]
schläfft er/ viermal verwirret er seine Haut/ biß er endlich/ nachdem er sich satt gefressen/ durch seine glänzende Haut Anzeigung giebt/ welcher Farbe seine Seiden erscheinen werde/ dann begehret er in die Höhe/ und hängt seine Seiden erstlich an die Aeste der Gesträuche/ die man ihm zu diesem Ende vorbereitet/ denn verschliesst er sich in ein ablängicht/ Eyformiges oder rundelichtes/ gelbes/ grünes oder weisses Häuslein.
Die Jungen/ wann sie erst ausgebrütet worden/ sind rauch/ und haben eine schwärtzlichte Farb/ die sie/ wann sie zum erstenmal häutlen/ in liechtere Farbe ver- kehren/ und an der Brust sind sie weiß und klänzig/ end- lich werden sie gantz weiß und glatt/ mit Bleyfärbigen Flecken/ doch etliche liechter/ etliche dunckler; das Männ- lein ist etwas dünner und härter; das Weiblein dicker/ weicher und weißlichter. An den Augen kennet man auch Weiblein und Männlein voneinander; diese haben einen starcken schwartzen Strich/ die Weiblein aber subtiler/ wie ein Härlein. Die Würm selbst sind nicht ein- färbig; theils sind weiß/ und diese hält man für die be- sten; theils aber grau und gelb/ auch etliche schwärtz- licht.
Das Laub fressen sie/ und machen wie einen runden Circkel darinnen; an ihrem Rucken spühret man/ wie die Puls die sich auf und nieder beweget.
Es mögen die Seidenwürme das öfftere Uberlauf- fen der Menschen (wie Herr Isnard meldet) wol gedul- ten/ ingleichen auch Feuer und Rauch/ wann es nicht gar zu nahend/ ohne Schaden leiden; hingegen ist ihnen der Glockenklang/ Donnern und Gepolder der fahrenden Wägen zuwider/ wie auch Vida lib. 2. meldet:
Wer eigentlich wissen will/ wie die Seidenwürme inwendig und auswendig beschaffen/ der besehe nach der Länge D. Andreae Libavii, eines gelehrten Medici, hi- storische Beschreibung der Seidenwürme/ die er Anno 1599 zu Rotenburg an der Tauber mit grossen Fleiß
künst
Zehenden Buchs Andrer Theil/ Seidenwuͤrme.
[Spaltenumbruch]
Wann man will/ daß die Baͤume etwas fruͤher aus- treiben/ muß man im Februario kleinen Miſt an die Wurtzen (doch nicht gar daran) im Neumonden legen/ und mit laulichten/ nicht warmen/ viel weniger kaltem Waſſer begieſſen/ diß ſoll bey ſchoͤnem ſtillen Wetter und warmen Sonnenſchein verrichtet werden/ auch muß man die Rinden an den Aeſten nicht abſtreiffen/ noch die Aeſte zerſtoſſen oder verletzen/ bricht aber ohngefaͤhr aus uͤberſehen ein Aeſtlein/ muß mans mit einem Schneid- meſſer glatt abſchneiden.
Die Baͤume vom uͤbrigen Laube zu entladen (ſagt der Franzoͤſiſche Author) ſoll man mit einem Schnitt- meſſer auf die Baͤume ſteigen/ und ſo weit man wol kan beykommen/ alle Sproͤßlinge ſo von innen am Baum wachſen/ hinweg ſchneiden/ und den Baum davon ſaͤu- bern/ die beſte Zeit iſt der Martius, im abnehmenden Monden/ bey ſchoͤnem ſtillen Wetter/ ehe die Maul- [Spaltenumbruch]
beerbaͤume Ausſchlag-Botzen bekommen; will man a- ber warten/ biß Ende des Maij oder in den Junium, ſo kan man zugleich auch das Laub nutzen und den Seiden- wuͤrmern zur Speiſe gebrauchen/ welches an Orten/ wo man wenig Laub hat/ wol zu beobachten. Alle drey Jahr die Maulbeerbaͤume ſtuͤmmlen wie die Felber/ verderbt den Baum/ daß man das Laub lang nicht genieſſen kan/ und macht darzu den Baum ſelbſt deſto eher zu Grunde gehen. So zwar die alten Oeconomi, Auguſtino Gal- lo und Herꝛ de Serres nicht gewuſt/ ſondern geglaubt/ man muͤſſe alle drey Jahr die Baͤume ſtuͤmmlen/ biß ſie von den Sicilianern erfahren haben/ daß keine groͤſſere Thorheit ſey/ als groſſe erwachſene Baͤume/ und noch aͤrger/ einen alten Maulbeerbaum zu ſtutzen; alſo bleibt das Sprichwort wahr/ Poſteriores cogitationes ſa- pientiores, gute Gedancken/ und hinckende Pferde kommen hinten nach.
Cap. XIV. Von der Seidenwuͤrm Natur.
[Spaltenumbruch]
JN der Landſchafft Taprobana ſollen die Seiden- wuͤrme von ſich ſelbſt ihre Seiden hin und wieder an die Baͤume anhencken/ die hernach von den Jnnwohnern/ als wie andere Baumfruͤchte abgeleſen/ und zu ihren Nutzen verwendet werden/ daſelbſt legen ſie auch ihre Eyer an. Die Blaͤtter/ die hernach von der Sonnen Waͤrme ausgebruͤtet/ und wieder zu friſchen Seidenſpinnerinnen werden; das gluͤckſelige Clima aber daſelbſt iſt an dieſem Urſach. Jn unſern Laͤndern gehoͤret mehr Sorgfalt und Fleiß darzu/ welche doch gleichwol von dem mercklich-darauf folgendẽ Nutzẽ reich- lich erſetzt und vergolten werden. Und ſchreibt der ge- lehrte Jonſton, die Natur habe/ an dieſem Inſecto ſo viel Kunſtſtuͤck erwieſen/ daß es unmoͤglich ſey/ alles zu faſ- ſen/ und ob zwar viel davon geſchrieben werde/ bleibe doch noch viel zuruck. Man betrachte gleich ſeine wun- derſame Begraͤbnis in dem ſeidenen Mauſolæo, ſeine ſeltſame Auferſtehung zum Leben; ſeine ſchoͤne Veraͤn- derung in eine gefluͤgelte Bienenfalter; aus einem krie- chenden Wuͤrmlein/ ſeine artliche Vermaͤhlung; die hinterlaſſenen Eyerlein/ oder das Saͤmlein/ ſo nach ſei- nem Tod allein zu Verneuerung dieſes Geſchlechtes uͤ- berbleiben/ die kuͤnſtliche Ausbruͤtung/ ſorgfaͤltige Nah- rung/ mancherley Veraͤnderungen ihrer Zuſtaͤnde/ der ordentliche Schlaff/ indem die Nahrung in einem ſub- tilen Faden digerirt und verdaͤuet wird/ das uͤberkuͤnſt- liche Spinnen/ und Einwicklung des gantzen Leibes in die Seidenhaͤuslein; ſo hat man allenthalben reichen Anlaß die Goͤttliche allweiſe Allmacht und Fuͤrſichtig- keit zu bewundern.
Etliche wollen/ das gantze Leiblein dieſes nutzbaren Thierleins/ ſey von ſieben in einander gegliederten Rin- geln eingetheilt/ mit kleinen Mackeln beſprenget/ theils ſind liechtgelber/ theils weißlichter und theils wie Aſchen- faͤrbicht/ ſie haben 14 Fuͤſſe/ und uͤber den Rucken/ ha- ben ſie einen flachen geraden dunckeln Strich. Die Au- gen ſcheinen ſeyn ſubtile/ kleine/ ſchmale/ ſchwartze Strichlein/ die nach der Zwerch oder Schlemms ſtehen/ einen in Zweiffel ſetzen/ obs Augen oder nur ſchwartze Strichlein ſind. Er wird viermal geſpeiſet/ viermal ent- [Spaltenumbruch]
ſchlaͤfft er/ viermal verwirret er ſeine Haut/ biß er endlich/ nachdem er ſich ſatt gefreſſen/ durch ſeine glaͤnzende Haut Anzeigung giebt/ welcher Farbe ſeine Seiden erſcheinen werde/ dann begehret er in die Hoͤhe/ und haͤngt ſeine Seiden erſtlich an die Aeſte der Geſtraͤuche/ die man ihm zu dieſem Ende vorbereitet/ denn verſchlieſſt er ſich in ein ablaͤngicht/ Eyformiges oder rundelichtes/ gelbes/ gruͤnes oder weiſſes Haͤuslein.
Die Jungen/ wann ſie erſt ausgebruͤtet worden/ ſind rauch/ und haben eine ſchwaͤrtzlichte Farb/ die ſie/ wann ſie zum erſtenmal haͤutlen/ in liechtere Farbe ver- kehren/ und an der Bruſt ſind ſie weiß und klaͤnzig/ end- lich werden ſie gantz weiß und glatt/ mit Bleyfaͤrbigen Flecken/ doch etliche liechter/ etliche dunckler; das Maͤnn- lein iſt etwas duͤnner und haͤrter; das Weiblein dicker/ weicher und weißlichter. An den Augen kennet man auch Weiblein und Maͤnnlein voneinander; dieſe haben einen ſtarcken ſchwartzen Strich/ die Weiblein aber ſubtiler/ wie ein Haͤrlein. Die Wuͤrm ſelbſt ſind nicht ein- faͤrbig; theils ſind weiß/ und dieſe haͤlt man fuͤr die be- ſten; theils aber grau und gelb/ auch etliche ſchwaͤrtz- licht.
Das Laub freſſen ſie/ und machen wie einen runden Circkel darinnen; an ihrem Rucken ſpuͤhret man/ wie die Puls die ſich auf und nieder beweget.
Es moͤgen die Seidenwuͤrme das oͤfftere Uberlauf- fen der Menſchen (wie Herꝛ Iſnard meldet) wol gedul- ten/ ingleichen auch Feuer und Rauch/ wann es nicht gar zu nahend/ ohne Schaden leiden; hingegen iſt ihnen der Glockenklang/ Donnern und Gepolder der fahrenden Waͤgen zuwider/ wie auch Vida lib. 2. meldet:
Wer eigentlich wiſſen will/ wie die Seidenwuͤrme inwendig und auswendig beſchaffen/ der beſehe nach der Laͤnge D. Andreæ Libavii, eines gelehrten Medici, hi- ſtoriſche Beſchreibung der Seidenwuͤrme/ die er Anno 1599 zu Rotenburg an der Tauber mit groſſen Fleiß
kuͤnſt
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[415/0433]
Zehenden Buchs Andrer Theil/ Seidenwuͤrme.
Wann man will/ daß die Baͤume etwas fruͤher aus-
treiben/ muß man im Februario kleinen Miſt an die
Wurtzen (doch nicht gar daran) im Neumonden legen/
und mit laulichten/ nicht warmen/ viel weniger kaltem
Waſſer begieſſen/ diß ſoll bey ſchoͤnem ſtillen Wetter
und warmen Sonnenſchein verrichtet werden/ auch muß
man die Rinden an den Aeſten nicht abſtreiffen/ noch die
Aeſte zerſtoſſen oder verletzen/ bricht aber ohngefaͤhr aus
uͤberſehen ein Aeſtlein/ muß mans mit einem Schneid-
meſſer glatt abſchneiden.
Die Baͤume vom uͤbrigen Laube zu entladen (ſagt
der Franzoͤſiſche Author) ſoll man mit einem Schnitt-
meſſer auf die Baͤume ſteigen/ und ſo weit man wol kan
beykommen/ alle Sproͤßlinge ſo von innen am Baum
wachſen/ hinweg ſchneiden/ und den Baum davon ſaͤu-
bern/ die beſte Zeit iſt der Martius, im abnehmenden
Monden/ bey ſchoͤnem ſtillen Wetter/ ehe die Maul-
beerbaͤume Ausſchlag-Botzen bekommen; will man a-
ber warten/ biß Ende des Maij oder in den Junium, ſo
kan man zugleich auch das Laub nutzen und den Seiden-
wuͤrmern zur Speiſe gebrauchen/ welches an Orten/ wo
man wenig Laub hat/ wol zu beobachten. Alle drey Jahr
die Maulbeerbaͤume ſtuͤmmlen wie die Felber/ verderbt
den Baum/ daß man das Laub lang nicht genieſſen kan/
und macht darzu den Baum ſelbſt deſto eher zu Grunde
gehen. So zwar die alten Oeconomi, Auguſtino Gal-
lo und Herꝛ de Serres nicht gewuſt/ ſondern geglaubt/
man muͤſſe alle drey Jahr die Baͤume ſtuͤmmlen/ biß ſie
von den Sicilianern erfahren haben/ daß keine groͤſſere
Thorheit ſey/ als groſſe erwachſene Baͤume/ und noch
aͤrger/ einen alten Maulbeerbaum zu ſtutzen; alſo bleibt
das Sprichwort wahr/ Poſteriores cogitationes ſa-
pientiores, gute Gedancken/ und hinckende Pferde
kommen hinten nach.
Cap. XIV.
Von der Seidenwuͤrm Natur.
JN der Landſchafft Taprobana ſollen die Seiden-
wuͤrme von ſich ſelbſt ihre Seiden hin und wieder
an die Baͤume anhencken/ die hernach von den
Jnnwohnern/ als wie andere Baumfruͤchte abgeleſen/
und zu ihren Nutzen verwendet werden/ daſelbſt legen ſie
auch ihre Eyer an. Die Blaͤtter/ die hernach von der
Sonnen Waͤrme ausgebruͤtet/ und wieder zu friſchen
Seidenſpinnerinnen werden; das gluͤckſelige Clima
aber daſelbſt iſt an dieſem Urſach. Jn unſern Laͤndern
gehoͤret mehr Sorgfalt und Fleiß darzu/ welche doch
gleichwol von dem mercklich-darauf folgendẽ Nutzẽ reich-
lich erſetzt und vergolten werden. Und ſchreibt der ge-
lehrte Jonſton, die Natur habe/ an dieſem Inſecto ſo viel
Kunſtſtuͤck erwieſen/ daß es unmoͤglich ſey/ alles zu faſ-
ſen/ und ob zwar viel davon geſchrieben werde/ bleibe
doch noch viel zuruck. Man betrachte gleich ſeine wun-
derſame Begraͤbnis in dem ſeidenen Mauſolæo, ſeine
ſeltſame Auferſtehung zum Leben; ſeine ſchoͤne Veraͤn-
derung in eine gefluͤgelte Bienenfalter; aus einem krie-
chenden Wuͤrmlein/ ſeine artliche Vermaͤhlung; die
hinterlaſſenen Eyerlein/ oder das Saͤmlein/ ſo nach ſei-
nem Tod allein zu Verneuerung dieſes Geſchlechtes uͤ-
berbleiben/ die kuͤnſtliche Ausbruͤtung/ ſorgfaͤltige Nah-
rung/ mancherley Veraͤnderungen ihrer Zuſtaͤnde/ der
ordentliche Schlaff/ indem die Nahrung in einem ſub-
tilen Faden digerirt und verdaͤuet wird/ das uͤberkuͤnſt-
liche Spinnen/ und Einwicklung des gantzen Leibes in
die Seidenhaͤuslein; ſo hat man allenthalben reichen
Anlaß die Goͤttliche allweiſe Allmacht und Fuͤrſichtig-
keit zu bewundern.
Etliche wollen/ das gantze Leiblein dieſes nutzbaren
Thierleins/ ſey von ſieben in einander gegliederten Rin-
geln eingetheilt/ mit kleinen Mackeln beſprenget/ theils
ſind liechtgelber/ theils weißlichter und theils wie Aſchen-
faͤrbicht/ ſie haben 14 Fuͤſſe/ und uͤber den Rucken/ ha-
ben ſie einen flachen geraden dunckeln Strich. Die Au-
gen ſcheinen ſeyn ſubtile/ kleine/ ſchmale/ ſchwartze
Strichlein/ die nach der Zwerch oder Schlemms ſtehen/
einen in Zweiffel ſetzen/ obs Augen oder nur ſchwartze
Strichlein ſind. Er wird viermal geſpeiſet/ viermal ent-
ſchlaͤfft er/ viermal verwirret er ſeine Haut/ biß er endlich/
nachdem er ſich ſatt gefreſſen/ durch ſeine glaͤnzende Haut
Anzeigung giebt/ welcher Farbe ſeine Seiden erſcheinen
werde/ dann begehret er in die Hoͤhe/ und haͤngt ſeine
Seiden erſtlich an die Aeſte der Geſtraͤuche/ die man
ihm zu dieſem Ende vorbereitet/ denn verſchlieſſt er ſich
in ein ablaͤngicht/ Eyformiges oder rundelichtes/ gelbes/
gruͤnes oder weiſſes Haͤuslein.
Die Jungen/ wann ſie erſt ausgebruͤtet worden/
ſind rauch/ und haben eine ſchwaͤrtzlichte Farb/ die ſie/
wann ſie zum erſtenmal haͤutlen/ in liechtere Farbe ver-
kehren/ und an der Bruſt ſind ſie weiß und klaͤnzig/ end-
lich werden ſie gantz weiß und glatt/ mit Bleyfaͤrbigen
Flecken/ doch etliche liechter/ etliche dunckler; das Maͤnn-
lein iſt etwas duͤnner und haͤrter; das Weiblein dicker/
weicher und weißlichter. An den Augen kennet man
auch Weiblein und Maͤnnlein voneinander; dieſe haben
einen ſtarcken ſchwartzen Strich/ die Weiblein aber
ſubtiler/ wie ein Haͤrlein. Die Wuͤrm ſelbſt ſind nicht ein-
faͤrbig; theils ſind weiß/ und dieſe haͤlt man fuͤr die be-
ſten; theils aber grau und gelb/ auch etliche ſchwaͤrtz-
licht.
Das Laub freſſen ſie/ und machen wie einen runden
Circkel darinnen; an ihrem Rucken ſpuͤhret man/ wie die
Puls die ſich auf und nieder beweget.
Es moͤgen die Seidenwuͤrme das oͤfftere Uberlauf-
fen der Menſchen (wie Herꝛ Iſnard meldet) wol gedul-
ten/ ingleichen auch Feuer und Rauch/ wann es nicht gar zu
nahend/ ohne Schaden leiden; hingegen iſt ihnen der
Glockenklang/ Donnern und Gepolder der fahrenden
Waͤgen zuwider/ wie auch Vida lib. 2. meldet:
Arce etiam ſtrepitus, cantu cava cornua rauco
Fiſtulaq́ue horribili procul abſit ahenea Bombo,
Tympanaq́ue & voces ludentis comprime pubis,
Invalidas ſæpè exanimat leve murmur alumnas.
Wer eigentlich wiſſen will/ wie die Seidenwuͤrme
inwendig und auswendig beſchaffen/ der beſehe nach der
Laͤnge D. Andreæ Libavii, eines gelehrten Medici, hi-
ſtoriſche Beſchreibung der Seidenwuͤrme/ die er Anno
1599 zu Rotenburg an der Tauber mit groſſen Fleiß
kuͤnſt
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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/433>, abgerufen am 22.11.2024.
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