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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] nen Hafen oder anders taugliches Geschirr/ es sey Jrr-
den oder Kupffern/ mit sauberm klaren Wasser/ und
lässt es in demselben drey oder vier Tage nacheinander
weichen/ doch daß alle Tage das erste ausgegossen/ und
das Geschirr wiederum mit frischem Wasser gefüllet
werde/ damit solche Seiden desto ehender bleiche/ und
das Wasser nicht stinckend werde; alsdann wird man
sehen/ wie gut die Seiden weiche und bleiche/ auch alle
grüne Materi/ welche der Seidenwurm/ wann er
spinnet/ in die Seiden menget/ wird ausgehen/ und
je öffter solches mit einem frischen Wasser eingesechtelt
wird/ je besser und geschlachter wird die Seiden davon;
hernach pflegt man die Seiden in einer guten und sau-
bern Laugen eine halbe Stunde lang sieden zu lassen/
biß daß sie wol gelinde wird/ und alle zähe von den
Würmen hinterlassene Materi/ die ein Ursach/ daß die
Seiden rauch ist/ gantz ausgezogen seye; alsdann
nimmt mans wieder aus dem Kessel/ und wäschet sie in
einem reinen fliessenden Wasser/ und wann sie dann
trocken worden/ könnens die Weiber gar leicht spinnen/
wie den Flachs/ Woll oder Hanff/ damit sie aber desto
leichter zu spinnen sey/ kan mans ein wenig durch die
Hächel ziehen und ein wenig kartetschen.

Wird nun die Floret-Seiden fein und rein ge-
sponnen/ so dienet sie so gut/ zu unterschiedlichen Zeu-
gen/ als die Stränge/ oder Haspelseiden; sonst pflegt
man gemeiniglich solche zur Stepp- und Nähe-Seiden
[Spaltenumbruch] zu verwenden/ und kan man derselben so wol/ als der
feinen Seiden den Glantz geben; hingegen aber wird
der Zeuge/ der von Floret-Seiden gemacht ist/ nie einen
so schönen Glantz/ als die andern haben. Also sollen
insonderheit jene Seiden-Häuslein welche man mit
Fleiß so lang/ biß die Würme durchgebissen/ als die
schönesten und besten zur Brut aufhebet/ auf diese
Weise/ als die beste Floret-Seiden/ und die sich am
liebsten/ ohne kartetschen/ spinnen lässet/ zurichten;
eben von solchen Häuslein wird die beste Watte/
die man unter Schlaff-Röcke und Kleider füttert/ ge-
macht/ und man gewinnet mehr davon/ als wann mans
verspinnen ließ.

Wann man betrachtet/ so kostet die Floret- Sei-
den viel mehr zu spinnen/ als die feine zu winden/ und
wird um die Helffte weniger/ als die gehaspelte am
Werth gehalten/ indem was ein Weib den gantzen
Tag am Rocken oder Rädlein spinnen kan/ wird über
acht Loth gesponnene Seiden nicht austragen/ da hin-
gegen wird ein guter fleissiger Seidenwinder des Tages
bey vier Pfund abhaspeln können/ und die Floret-
Seiden wird das Pfund zwey Gulden dreyssig Kreutzer
kommen/ die gehaspelte Seiden aber vor fünff Gul-
den/ kan also um die Helffte höher verkaufft werden.
Darum soll man/ so viel möglich/ so wol die schlechte
als die beste auf den Haspel abzuwinden/ und das we-
nigste zur Floret-Seiden zu gebrauchen/ sich befleis-
sen.

Cap. XXXIV.
Wie man ohne Brut Seidenwürmer erlangen könne.
[Spaltenumbruch]

WJe man (imfall etwa keine Seidenwürmer-
Brut zu bekommen wäre) mit leichter Mühe
und wenigen Unkosten solche zuwegen bringen
könne/ erzehlt Herr de Serres folgender massen: Jm
Früling/ wird ein jung Kalb in einem kleinen finstern/
doch trockenen/ Stall eingesperrt/ und wird zwantzig
Tage nacheinander allein mit Maulbeer-Blättern/
ohn einiges Getränck/ oder andere Speise/ gefüttert;
darnach tödtet mans/ legts in ein höltzernes Geschirr/
und lässet es also faulen/ daraus sollen lauter Seiden-
würmer werden/ die kan man mit Maulbeer-Blät-
tern/ daran sie gleich hencken/ hinweg bringen/ und
ihnen wie der andern neu-ausgefchloffenen Brut war-
ten/ die werden spinnen und Saamen bringen/ wie die
andern.

Theils/ spricht er/ gehen noch einen kürtzern Wege/
sie nehmen von einem guten Kälbernen Viertel das
Fleisch/ sieben oder acht Pfund/ länglicht geschnitten/
als wie mans sonst in den Rauch-Fang hänget/ thun
dieses Fleisch in ein höltzern Geschirr/ und lassens
in einem Keller faulen/ legens aber zwischen Maulbeer-
Blätter/ und wickeln es wol damit ein; die daraus
wachsende Würmer nehmen und warten sie/ auf oben-
gedachte Weise; weiß zwar nicht/ ob es von jemanden
probirt und bewähret worden/ stehet aber zu versuchen/
angesehen es ein geringer Unkosten/ und kein geringer
Vortheil wäre.

Herr Isnard erzehlt es auf ein wenig andere Wei-
se/ und sagt/ er habe es nicht allein in nahmhafften
[Spaltenumbruch] Authoren gelesen/ und er von glaubwürdigen Leuten
selbst gehöret/ die in den Orientalischen Ländern sol-
ches mit Augen practiciren gesehen: Zum Exempel/
spricht er/ um die Zeit/ wann die Maulbeer-Blätter
können gesammlet werden/ das ist/ zum Anfang des
Frülings/ beyläuffig vierzehen Tage/ nachdem die
Baumpotzen heraus kommen/ so nimmt man eine
trächtige Kuhe/ welche mit allernächsten will Kälbern/
dieser giebt man kein ander Futter/ als blos allein
Maulbeer-Laub/ und so lang biß sie des Kalbs entle-
digt ist/ und noch drüber acht Tage isset sie/ oder das
Kalb/ nichts anders; wann nun das Kalb dergestalt
acht Tage von der Kuhe gesogen/ und sich des Laubs
und der Milch voll hat angefressen/ wird es geschlach-
tet/ nachmals zu kleinen Stücken/ ja so gar biß auf die
Klauen zerhackt/ dann alles und jedes/ Haut/ Bein
und Fleisch/ samt dem Jnngeweid ohne Unterscheid in
Muldern und Truhen zusammen gelegt/ an ein Ort/
zu oberst des Hauses/ als nemlich auf den obersten
Boden unter das Dach gesetzt/ und so lang allda ge-
lassen/ biß das Fleisch anfänget zu faulen/ daraus
wachsen kleine und warhafftige Seidenwürmlein/
welche man mit Maulbeer-Laub auffasset/ und wie
die rechten aus den Eyerlein entsprungenen erziehet/
welche dann zu rechter Zeit anheben Seiden zu spin-
nen und das Häuslein zu machen/ die hernach auch
in Gestalt einer Weinfaltern Eyerlein legen/ daraus
wieder übers Jahr Brut zu erheben. Und weil man/
sagt er/ solche Seidenwürm/ die vom gefaulten

Kalb-

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] nen Hafen oder anders taugliches Geſchirꝛ/ es ſey Jrꝛ-
den oder Kupffern/ mit ſauberm klaren Waſſer/ und
laͤſſt es in demſelben drey oder vier Tage nacheinander
weichen/ doch daß alle Tage das erſte ausgegoſſen/ und
das Geſchirꝛ wiederum mit friſchem Waſſer gefuͤllet
werde/ damit ſolche Seiden deſto ehender bleiche/ und
das Waſſer nicht ſtinckend werde; alsdann wird man
ſehen/ wie gut die Seiden weiche und bleiche/ auch alle
gruͤne Materi/ welche der Seidenwurm/ wann er
ſpinnet/ in die Seiden menget/ wird ausgehen/ und
je oͤffter ſolches mit einem friſchen Waſſer eingeſechtelt
wird/ je beſſer und geſchlachter wird die Seiden davon;
hernach pflegt man die Seiden in einer guten und ſau-
bern Laugen eine halbe Stunde lang ſieden zu laſſen/
biß daß ſie wol gelinde wird/ und alle zaͤhe von den
Wuͤrmen hinterlaſſene Materi/ die ein Urſach/ daß die
Seiden rauch iſt/ gantz ausgezogen ſeye; alsdann
nimmt mans wieder aus dem Keſſel/ und waͤſchet ſie in
einem reinen flieſſenden Waſſer/ und wann ſie dann
trocken worden/ koͤnnens die Weiber gar leicht ſpinnen/
wie den Flachs/ Woll oder Hanff/ damit ſie aber deſto
leichter zu ſpinnen ſey/ kan mans ein wenig durch die
Haͤchel ziehen und ein wenig kartetſchen.

Wird nun die Floret-Seiden fein und rein ge-
ſponnen/ ſo dienet ſie ſo gut/ zu unterſchiedlichen Zeu-
gen/ als die Straͤnge/ oder Haſpelſeiden; ſonſt pflegt
man gemeiniglich ſolche zur Stepp- und Naͤhe-Seiden
[Spaltenumbruch] zu verwenden/ und kan man derſelben ſo wol/ als der
feinen Seiden den Glantz geben; hingegen aber wird
der Zeuge/ der von Floret-Seiden gemacht iſt/ nie einen
ſo ſchoͤnen Glantz/ als die andern haben. Alſo ſollen
inſonderheit jene Seiden-Haͤuslein welche man mit
Fleiß ſo lang/ biß die Wuͤrme durchgebiſſen/ als die
ſchoͤneſten und beſten zur Brut aufhebet/ auf dieſe
Weiſe/ als die beſte Floret-Seiden/ und die ſich am
liebſten/ ohne kartetſchen/ ſpinnen laͤſſet/ zurichten;
eben von ſolchen Haͤuslein wird die beſte Watte/
die man unter Schlaff-Roͤcke und Kleider fuͤttert/ ge-
macht/ und man gewinnet mehr davon/ als wann mans
verſpinnen ließ.

Wann man betrachtet/ ſo koſtet die Floret- Sei-
den viel mehr zu ſpinnen/ als die feine zu winden/ und
wird um die Helffte weniger/ als die gehaſpelte am
Werth gehalten/ indem was ein Weib den gantzen
Tag am Rocken oder Raͤdlein ſpinnen kan/ wird uͤber
acht Loth geſponnene Seiden nicht austragen/ da hin-
gegen wird ein guter fleiſſiger Seidenwinder des Tages
bey vier Pfund abhaſpeln koͤnnen/ und die Floret-
Seiden wird das Pfund zwey Gulden dreyſſig Kreutzer
kommen/ die gehaſpelte Seiden aber vor fuͤnff Gul-
den/ kan alſo um die Helffte hoͤher verkaufft werden.
Darum ſoll man/ ſo viel moͤglich/ ſo wol die ſchlechte
als die beſte auf den Haſpel abzuwinden/ und das we-
nigſte zur Floret-Seiden zu gebrauchen/ ſich befleiſ-
ſen.

Cap. XXXIV.
Wie man ohne Brut Seidenwuͤrmer erlangen koͤnne.
[Spaltenumbruch]

WJe man (imfall etwa keine Seidenwuͤrmer-
Brut zu bekommen waͤre) mit leichter Muͤhe
und wenigen Unkoſten ſolche zuwegen bringen
koͤnne/ erzehlt Herꝛ de Serres folgender maſſen: Jm
Fruͤling/ wird ein jung Kalb in einem kleinen finſtern/
doch trockenen/ Stall eingeſperrt/ und wird zwantzig
Tage nacheinander allein mit Maulbeer-Blaͤttern/
ohn einiges Getraͤnck/ oder andere Speiſe/ gefuͤttert;
darnach toͤdtet mans/ legts in ein hoͤltzernes Geſchirꝛ/
und laͤſſet es alſo faulen/ daraus ſollen lauter Seiden-
wuͤrmer werden/ die kan man mit Maulbeer-Blaͤt-
tern/ daran ſie gleich hencken/ hinweg bringen/ und
ihnen wie der andern neu-ausgefchloffenen Brut war-
ten/ die werden ſpinnen und Saamen bringen/ wie die
andern.

Theils/ ſpricht er/ gehen noch einen kuͤrtzern Wege/
ſie nehmen von einem guten Kaͤlbernen Viertel das
Fleiſch/ ſieben oder acht Pfund/ laͤnglicht geſchnitten/
als wie mans ſonſt in den Rauch-Fang haͤnget/ thun
dieſes Fleiſch in ein hoͤltzern Geſchirꝛ/ und laſſens
in einem Keller faulen/ legens aber zwiſchen Maulbeer-
Blaͤtter/ und wickeln es wol damit ein; die daraus
wachſende Wuͤrmer nehmen und warten ſie/ auf oben-
gedachte Weiſe; weiß zwar nicht/ ob es von jemanden
probirt und bewaͤhret worden/ ſtehet aber zu verſuchen/
angeſehen es ein geringer Unkoſten/ und kein geringer
Vortheil waͤre.

Herꝛ Iſnard erzehlt es auf ein wenig andere Wei-
ſe/ und ſagt/ er habe es nicht allein in nahmhafften
[Spaltenumbruch] Authoren geleſen/ und er von glaubwuͤrdigen Leuten
ſelbſt gehoͤret/ die in den Orientaliſchen Laͤndern ſol-
ches mit Augen practiciren geſehen: Zum Exempel/
ſpricht er/ um die Zeit/ wann die Maulbeer-Blaͤtter
koͤnnen geſammlet werden/ das iſt/ zum Anfang des
Fruͤlings/ beylaͤuffig vierzehen Tage/ nachdem die
Baumpotzen heraus kommen/ ſo nimmt man eine
traͤchtige Kuhe/ welche mit allernaͤchſten will Kaͤlbern/
dieſer giebt man kein ander Futter/ als blos allein
Maulbeer-Laub/ und ſo lang biß ſie des Kalbs entle-
digt iſt/ und noch druͤber acht Tage iſſet ſie/ oder das
Kalb/ nichts anders; wann nun das Kalb dergeſtalt
acht Tage von der Kuhe geſogen/ und ſich des Laubs
und der Milch voll hat angefreſſen/ wird es geſchlach-
tet/ nachmals zu kleinen Stuͤcken/ ja ſo gar biß auf die
Klauen zerhackt/ dann alles und jedes/ Haut/ Bein
und Fleiſch/ ſamt dem Jnngeweid ohne Unterſcheid in
Muldern und Truhen zuſammen gelegt/ an ein Ort/
zu oberſt des Hauſes/ als nemlich auf den oberſten
Boden unter das Dach geſetzt/ und ſo lang allda ge-
laſſen/ biß das Fleiſch anfaͤnget zu faulen/ daraus
wachſen kleine und warhafftige Seidenwuͤrmlein/
welche man mit Maulbeer-Laub auffaſſet/ und wie
die rechten aus den Eyerlein entſprungenen erziehet/
welche dann zu rechter Zeit anheben Seiden zu ſpin-
nen und das Haͤuslein zu machen/ die hernach auch
in Geſtalt einer Weinfaltern Eyerlein legen/ daraus
wieder uͤbers Jahr Brut zu erheben. Und weil man/
ſagt er/ ſolche Seidenwuͤrm/ die vom gefaulten

Kalb-
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[434/0452] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens nen Hafen oder anders taugliches Geſchirꝛ/ es ſey Jrꝛ- den oder Kupffern/ mit ſauberm klaren Waſſer/ und laͤſſt es in demſelben drey oder vier Tage nacheinander weichen/ doch daß alle Tage das erſte ausgegoſſen/ und das Geſchirꝛ wiederum mit friſchem Waſſer gefuͤllet werde/ damit ſolche Seiden deſto ehender bleiche/ und das Waſſer nicht ſtinckend werde; alsdann wird man ſehen/ wie gut die Seiden weiche und bleiche/ auch alle gruͤne Materi/ welche der Seidenwurm/ wann er ſpinnet/ in die Seiden menget/ wird ausgehen/ und je oͤffter ſolches mit einem friſchen Waſſer eingeſechtelt wird/ je beſſer und geſchlachter wird die Seiden davon; hernach pflegt man die Seiden in einer guten und ſau- bern Laugen eine halbe Stunde lang ſieden zu laſſen/ biß daß ſie wol gelinde wird/ und alle zaͤhe von den Wuͤrmen hinterlaſſene Materi/ die ein Urſach/ daß die Seiden rauch iſt/ gantz ausgezogen ſeye; alsdann nimmt mans wieder aus dem Keſſel/ und waͤſchet ſie in einem reinen flieſſenden Waſſer/ und wann ſie dann trocken worden/ koͤnnens die Weiber gar leicht ſpinnen/ wie den Flachs/ Woll oder Hanff/ damit ſie aber deſto leichter zu ſpinnen ſey/ kan mans ein wenig durch die Haͤchel ziehen und ein wenig kartetſchen. Wird nun die Floret-Seiden fein und rein ge- ſponnen/ ſo dienet ſie ſo gut/ zu unterſchiedlichen Zeu- gen/ als die Straͤnge/ oder Haſpelſeiden; ſonſt pflegt man gemeiniglich ſolche zur Stepp- und Naͤhe-Seiden zu verwenden/ und kan man derſelben ſo wol/ als der feinen Seiden den Glantz geben; hingegen aber wird der Zeuge/ der von Floret-Seiden gemacht iſt/ nie einen ſo ſchoͤnen Glantz/ als die andern haben. Alſo ſollen inſonderheit jene Seiden-Haͤuslein welche man mit Fleiß ſo lang/ biß die Wuͤrme durchgebiſſen/ als die ſchoͤneſten und beſten zur Brut aufhebet/ auf dieſe Weiſe/ als die beſte Floret-Seiden/ und die ſich am liebſten/ ohne kartetſchen/ ſpinnen laͤſſet/ zurichten; eben von ſolchen Haͤuslein wird die beſte Watte/ die man unter Schlaff-Roͤcke und Kleider fuͤttert/ ge- macht/ und man gewinnet mehr davon/ als wann mans verſpinnen ließ. Wann man betrachtet/ ſo koſtet die Floret- Sei- den viel mehr zu ſpinnen/ als die feine zu winden/ und wird um die Helffte weniger/ als die gehaſpelte am Werth gehalten/ indem was ein Weib den gantzen Tag am Rocken oder Raͤdlein ſpinnen kan/ wird uͤber acht Loth geſponnene Seiden nicht austragen/ da hin- gegen wird ein guter fleiſſiger Seidenwinder des Tages bey vier Pfund abhaſpeln koͤnnen/ und die Floret- Seiden wird das Pfund zwey Gulden dreyſſig Kreutzer kommen/ die gehaſpelte Seiden aber vor fuͤnff Gul- den/ kan alſo um die Helffte hoͤher verkaufft werden. Darum ſoll man/ ſo viel moͤglich/ ſo wol die ſchlechte als die beſte auf den Haſpel abzuwinden/ und das we- nigſte zur Floret-Seiden zu gebrauchen/ ſich befleiſ- ſen. Cap. XXXIV. Wie man ohne Brut Seidenwuͤrmer erlangen koͤnne. WJe man (imfall etwa keine Seidenwuͤrmer- Brut zu bekommen waͤre) mit leichter Muͤhe und wenigen Unkoſten ſolche zuwegen bringen koͤnne/ erzehlt Herꝛ de Serres folgender maſſen: Jm Fruͤling/ wird ein jung Kalb in einem kleinen finſtern/ doch trockenen/ Stall eingeſperrt/ und wird zwantzig Tage nacheinander allein mit Maulbeer-Blaͤttern/ ohn einiges Getraͤnck/ oder andere Speiſe/ gefuͤttert; darnach toͤdtet mans/ legts in ein hoͤltzernes Geſchirꝛ/ und laͤſſet es alſo faulen/ daraus ſollen lauter Seiden- wuͤrmer werden/ die kan man mit Maulbeer-Blaͤt- tern/ daran ſie gleich hencken/ hinweg bringen/ und ihnen wie der andern neu-ausgefchloffenen Brut war- ten/ die werden ſpinnen und Saamen bringen/ wie die andern. Theils/ ſpricht er/ gehen noch einen kuͤrtzern Wege/ ſie nehmen von einem guten Kaͤlbernen Viertel das Fleiſch/ ſieben oder acht Pfund/ laͤnglicht geſchnitten/ als wie mans ſonſt in den Rauch-Fang haͤnget/ thun dieſes Fleiſch in ein hoͤltzern Geſchirꝛ/ und laſſens in einem Keller faulen/ legens aber zwiſchen Maulbeer- Blaͤtter/ und wickeln es wol damit ein; die daraus wachſende Wuͤrmer nehmen und warten ſie/ auf oben- gedachte Weiſe; weiß zwar nicht/ ob es von jemanden probirt und bewaͤhret worden/ ſtehet aber zu verſuchen/ angeſehen es ein geringer Unkoſten/ und kein geringer Vortheil waͤre. Herꝛ Iſnard erzehlt es auf ein wenig andere Wei- ſe/ und ſagt/ er habe es nicht allein in nahmhafften Authoren geleſen/ und er von glaubwuͤrdigen Leuten ſelbſt gehoͤret/ die in den Orientaliſchen Laͤndern ſol- ches mit Augen practiciren geſehen: Zum Exempel/ ſpricht er/ um die Zeit/ wann die Maulbeer-Blaͤtter koͤnnen geſammlet werden/ das iſt/ zum Anfang des Fruͤlings/ beylaͤuffig vierzehen Tage/ nachdem die Baumpotzen heraus kommen/ ſo nimmt man eine traͤchtige Kuhe/ welche mit allernaͤchſten will Kaͤlbern/ dieſer giebt man kein ander Futter/ als blos allein Maulbeer-Laub/ und ſo lang biß ſie des Kalbs entle- digt iſt/ und noch druͤber acht Tage iſſet ſie/ oder das Kalb/ nichts anders; wann nun das Kalb dergeſtalt acht Tage von der Kuhe geſogen/ und ſich des Laubs und der Milch voll hat angefreſſen/ wird es geſchlach- tet/ nachmals zu kleinen Stuͤcken/ ja ſo gar biß auf die Klauen zerhackt/ dann alles und jedes/ Haut/ Bein und Fleiſch/ ſamt dem Jnngeweid ohne Unterſcheid in Muldern und Truhen zuſammen gelegt/ an ein Ort/ zu oberſt des Hauſes/ als nemlich auf den oberſten Boden unter das Dach geſetzt/ und ſo lang allda ge- laſſen/ biß das Fleiſch anfaͤnget zu faulen/ daraus wachſen kleine und warhafftige Seidenwuͤrmlein/ welche man mit Maulbeer-Laub auffaſſet/ und wie die rechten aus den Eyerlein entſprungenen erziehet/ welche dann zu rechter Zeit anheben Seiden zu ſpin- nen und das Haͤuslein zu machen/ die hernach auch in Geſtalt einer Weinfaltern Eyerlein legen/ daraus wieder uͤbers Jahr Brut zu erheben. Und weil man/ ſagt er/ ſolche Seidenwuͤrm/ die vom gefaulten Kalb-

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/452>, abgerufen am 22.11.2024.