blaue Augen hat, wie seine verstorbene Mutter. So bald er mich mit diesen Augen anschaut, stirbt mir jedes ernste Wort auf den Lippen. Er macht mit mir, was er will. Haben ihn doch auch alle Menschen gern: Der Baron, der alte Bär; und die Fräulen; und der Pastor; und der Schulmeister. Ganz Liebe- nau ist vernarrt in den Anton. Jhm sehen sie Alles nach. Eh' sie ihre Körbe zum alten Korbmacher tra- gen, der gewiß ein gutes Stück Arbeit macht, und rasch, bringen sie lieber ihren Kram hier an's Ende des Dorfes zu meinem Jungen, und warten wochen- lang geduldig, bis es ihm gefällig ist, daran zu gehen. Nu freilich, wohlerzogener ist er, als die dummen Dorflümmel. Seine Sprache schon ist nicht so rauh und grob, weil er von Kindheit auf mich reden hörte, und mir klebt immer noch mein Stadtleben an; das kann mir Niemand abstreiten. War ich doch auch einmal jung; jung -- und schön, wie meine unglückliche Tochter!
Bei diesen Worten füllten sich die Augen der Mutter Goksch mit Thränen, und ein leises Schluch- zen erstickte den Lauf ihres Selbstgespräches. Beide Hände drückte sie fest vor ihr welkes Angesicht, um sich recht ungestört dem Grame hinzugeben. Doch nicht lange blieb sie ihm überlassen. Anton, der leise
blaue Augen hat, wie ſeine verſtorbene Mutter. So bald er mich mit dieſen Augen anſchaut, ſtirbt mir jedes ernſte Wort auf den Lippen. Er macht mit mir, was er will. Haben ihn doch auch alle Menſchen gern: Der Baron, der alte Baͤr; und die Fraͤulen; und der Paſtor; und der Schulmeiſter. Ganz Liebe- nau iſt vernarrt in den Anton. Jhm ſehen ſie Alles nach. Eh’ ſie ihre Koͤrbe zum alten Korbmacher tra- gen, der gewiß ein gutes Stuͤck Arbeit macht, und raſch, bringen ſie lieber ihren Kram hier an’s Ende des Dorfes zu meinem Jungen, und warten wochen- lang geduldig, bis es ihm gefaͤllig iſt, daran zu gehen. Nu freilich, wohlerzogener iſt er, als die dummen Dorfluͤmmel. Seine Sprache ſchon iſt nicht ſo rauh und grob, weil er von Kindheit auf mich reden hoͤrte, und mir klebt immer noch mein Stadtleben an; das kann mir Niemand abſtreiten. War ich doch auch einmal jung; jung — und ſchoͤn, wie meine ungluͤckliche Tochter!
Bei dieſen Worten fuͤllten ſich die Augen der Mutter Gokſch mit Thraͤnen, und ein leiſes Schluch- zen erſtickte den Lauf ihres Selbſtgeſpraͤches. Beide Haͤnde druͤckte ſie feſt vor ihr welkes Angeſicht, um ſich recht ungeſtoͤrt dem Grame hinzugeben. Doch nicht lange blieb ſie ihm uͤberlaſſen. Anton, der leiſe
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blaue Augen hat, wie ſeine verſtorbene Mutter. So
bald er mich mit dieſen Augen anſchaut, ſtirbt mir
jedes ernſte Wort auf den Lippen. Er macht mit mir,
was er will. Haben ihn doch auch alle Menſchen
gern: Der Baron, der alte Baͤr; und die Fraͤulen;
und der Paſtor; und der Schulmeiſter. Ganz Liebe-
nau iſt vernarrt in den Anton. Jhm ſehen ſie Alles
nach. Eh’ ſie ihre Koͤrbe zum alten Korbmacher tra-
gen, der gewiß ein gutes Stuͤck Arbeit macht, und
raſch, bringen ſie lieber ihren Kram hier an’s Ende
des Dorfes zu meinem Jungen, und warten wochen-
lang geduldig, bis es ihm gefaͤllig iſt, daran zu gehen.
Nu freilich, wohlerzogener iſt er, als die dummen
Dorfluͤmmel. Seine Sprache ſchon iſt nicht ſo rauh
und grob, weil er von Kindheit auf mich reden hoͤrte,
und mir klebt immer noch mein Stadtleben an; das kann
mir Niemand abſtreiten. War ich doch auch einmal jung;
jung — und ſchoͤn, wie meine ungluͤckliche Tochter!
Bei dieſen Worten fuͤllten ſich die Augen der
Mutter Gokſch mit Thraͤnen, und ein leiſes Schluch-
zen erſtickte den Lauf ihres Selbſtgeſpraͤches. Beide
Haͤnde druͤckte ſie feſt vor ihr welkes Angeſicht, um
ſich recht ungeſtoͤrt dem Grame hinzugeben. Doch
nicht lange blieb ſie ihm uͤberlaſſen. Anton, der leiſe
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/18>, abgerufen am 21.11.2024.
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