schwarzen Schatten aus seiner Seele. Das bunte Leben zerstreute ihn wirklich, wie Madame Simonelli vorher versprochen. Es brüllte, grunzte, quikte, zischte, schwatzte vor, neben, über ihm. Hellgeschmückte Vögel riefen ihm sanft ihr "Ara" zu; gelb- und roth-behaubte Kakadu's verschwiegen ihren Namen nicht; einige frei umherlaufende, seltene Ziegen stell- ten ihm ihre Kinder vor; ein Strauß und ein Kasuar, ebenfalls zu diatetischer Promenade frei gelassen, schritten bedächtig an ihm vorüber, als wollten sie ihn auffordern, einen von ihnen beiden zu besteigen und einen Ritt durch die Wüste zu versuchen; ein Lama drückte die Herzlichkeit seines Empfanges durch häufiges Anspucken aus; und unzählige Affen, vom größten wie kleinsten Kaliber, waren augenscheinlich bemüht, unserem Reisenden die Honneurs des Hauses zu machen, und ihm seine Grillen zu vertreiben. Sie zeigten sich ihm in allen erdenklichen Stellungen und Posituren, von den verschiedensten Seiten; gingen bald theilnehmend in seine ernsteren Lebensansichten ein, wobei sie tief-nachdenkliche, ja kummervolle Mie- nen zum Besten gaben; spotteten ihm aber gleich dar- auf jeden Ernst durch lustige, frivole Gebehrden hin- weg, gleichsam als wollten sie ihn zum Leichtsinn
ſchwarzen Schatten aus ſeiner Seele. Das bunte Leben zerſtreute ihn wirklich, wie Madame Simonelli vorher verſprochen. Es bruͤllte, grunzte, quikte, ziſchte, ſchwatzte vor, neben, uͤber ihm. Hellgeſchmuͤckte Voͤgel riefen ihm ſanft ihr „Ara“ zu; gelb- und roth-behaubte Kakadu’s verſchwiegen ihren Namen nicht; einige frei umherlaufende, ſeltene Ziegen ſtell- ten ihm ihre Kinder vor; ein Strauß und ein Kaſuar, ebenfalls zu diatetiſcher Promenade frei gelaſſen, ſchritten bedaͤchtig an ihm voruͤber, als wollten ſie ihn auffordern, einen von ihnen beiden zu beſteigen und einen Ritt durch die Wuͤſte zu verſuchen; ein Lama druͤckte die Herzlichkeit ſeines Empfanges durch haͤufiges Anſpucken aus; und unzaͤhlige Affen, vom groͤßten wie kleinſten Kaliber, waren augenſcheinlich bemuͤht, unſerem Reiſenden die Honneurs des Hauſes zu machen, und ihm ſeine Grillen zu vertreiben. Sie zeigten ſich ihm in allen erdenklichen Stellungen und Poſituren, von den verſchiedenſten Seiten; gingen bald theilnehmend in ſeine ernſteren Lebensanſichten ein, wobei ſie tief-nachdenkliche, ja kummervolle Mie- nen zum Beſten gaben; ſpotteten ihm aber gleich dar- auf jeden Ernſt durch luſtige, frivole Gebehrden hin- weg, gleichſam als wollten ſie ihn zum Leichtſinn
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ſchwarzen Schatten aus ſeiner Seele. Das bunte
Leben zerſtreute ihn wirklich, wie Madame Simonelli
vorher verſprochen. Es bruͤllte, grunzte, quikte,
ziſchte, ſchwatzte vor, neben, uͤber ihm. Hellgeſchmuͤckte
Voͤgel riefen ihm ſanft ihr „Ara“ zu; gelb- und
roth-behaubte Kakadu’s verſchwiegen ihren Namen
nicht; einige frei umherlaufende, ſeltene Ziegen ſtell-
ten ihm ihre Kinder vor; ein Strauß und ein Kaſuar,
ebenfalls zu diatetiſcher Promenade frei gelaſſen,
ſchritten bedaͤchtig an ihm voruͤber, als wollten ſie
ihn auffordern, einen von ihnen beiden zu beſteigen
und einen Ritt durch die Wuͤſte zu verſuchen; ein
Lama druͤckte die Herzlichkeit ſeines Empfanges durch
haͤufiges Anſpucken aus; und unzaͤhlige Affen, vom
groͤßten wie kleinſten Kaliber, waren augenſcheinlich
bemuͤht, unſerem Reiſenden die Honneurs des Hauſes
zu machen, und ihm ſeine Grillen zu vertreiben. Sie
zeigten ſich ihm in allen erdenklichen Stellungen und
Poſituren, von den verſchiedenſten Seiten; gingen
bald theilnehmend in ſeine ernſteren Lebensanſichten
ein, wobei ſie tief-nachdenkliche, ja kummervolle Mie-
nen zum Beſten gaben; ſpotteten ihm aber gleich dar-
auf jeden Ernſt durch luſtige, frivole Gebehrden hin-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/267>, abgerufen am 24.11.2024.
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