Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

wohl eine Jdee, ... doch wirst Du sie verlachen. Sie
ist kühn; -- vielleicht gar toll. --

"Dann heraus damit! Je toller, desto besser wird
sie mir zusagen!"

Mein Violinspiel ist nicht bedeutend genug und
ich habe auch zu wenig Schule, zu wenig musika-
lische Kenntnisse, um als Virtuose zu glänzen. Aber
an Bravour fehlt es mir doch nicht und manches
Stückchen spiel' ich leidlich. Nun hab' ich mir so
gedacht, es käme nur darauf an, was ich etwa vermag
in einer Art und Weise vorzuführen, die noch nicht
da war. An einen Geiger, der neben den übrigen
Musikanten steht, werden mit Recht große Ansprüche
gemacht und er muß viel leisten, bis er seine Nach-
barn überragt. Wenn aber Einer käme, der das
Ding....

"Willst Du vielleicht Deine Variationen über nel
cor piu non mi sento
vom Kirchthurm herab zum
Besten geben. Das hätte sein Gutes, man würde die
falschen Griffe weniger heraushören."

Vom Thurme nicht, -- wohl aber vom Pferde.

"Vom Pferde? Warum nicht gar vom Esel?"

Du meinst, um in meiner Verwandtschaft zu

wohl eine Jdee, ... doch wirſt Du ſie verlachen. Sie
iſt kuͤhn; — vielleicht gar toll. —

„Dann heraus damit! Je toller, deſto beſſer wird
ſie mir zuſagen!“

Mein Violinſpiel iſt nicht bedeutend genug und
ich habe auch zu wenig Schule, zu wenig muſika-
liſche Kenntniſſe, um als Virtuoſe zu glaͤnzen. Aber
an Bravour fehlt es mir doch nicht und manches
Stuͤckchen ſpiel’ ich leidlich. Nun hab’ ich mir ſo
gedacht, es kaͤme nur darauf an, was ich etwa vermag
in einer Art und Weiſe vorzufuͤhren, die noch nicht
da war. An einen Geiger, der neben den uͤbrigen
Muſikanten ſteht, werden mit Recht große Anſpruͤche
gemacht und er muß viel leiſten, bis er ſeine Nach-
barn uͤberragt. Wenn aber Einer kaͤme, der das
Ding....

„Willſt Du vielleicht Deine Variationen uͤber nel
cor piu non mi sento
vom Kirchthurm herab zum
Beſten geben. Das haͤtte ſein Gutes, man wuͤrde die
falſchen Griffe weniger heraushoͤren.“

Vom Thurme nicht, — wohl aber vom Pferde.

„Vom Pferde? Warum nicht gar vom Eſel?“

Du meinſt, um in meiner Verwandtſchaft zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0352" n="336"/>
wohl eine Jdee, ... doch wir&#x017F;t Du &#x017F;ie verlachen. Sie<lb/>
i&#x017F;t ku&#x0364;hn; &#x2014; vielleicht gar toll. &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Dann heraus damit! Je toller, de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er wird<lb/>
&#x017F;ie mir zu&#x017F;agen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Mein Violin&#x017F;piel i&#x017F;t nicht bedeutend genug und<lb/>
ich habe auch zu wenig Schule, zu wenig mu&#x017F;ika-<lb/>
li&#x017F;che Kenntni&#x017F;&#x017F;e, um als Virtuo&#x017F;e zu gla&#x0364;nzen. Aber<lb/>
an Bravour fehlt es mir doch nicht und manches<lb/>
Stu&#x0364;ckchen &#x017F;piel&#x2019; ich leidlich. Nun hab&#x2019; ich mir &#x017F;o<lb/>
gedacht, es ka&#x0364;me nur darauf an, was ich etwa vermag<lb/>
in einer Art und Wei&#x017F;e vorzufu&#x0364;hren, die noch nicht<lb/>
da war. An einen Geiger, der neben den u&#x0364;brigen<lb/>
Mu&#x017F;ikanten &#x017F;teht, werden mit Recht große An&#x017F;pru&#x0364;che<lb/>
gemacht und er muß viel lei&#x017F;ten, bis er &#x017F;eine Nach-<lb/>
barn u&#x0364;berragt. Wenn aber Einer ka&#x0364;me, der das<lb/>
Ding....</p><lb/>
        <p>&#x201E;Will&#x017F;t Du vielleicht Deine Variationen u&#x0364;ber <hi rendition="#aq">nel<lb/>
cor piu non mi sento</hi> vom Kirchthurm herab zum<lb/>
Be&#x017F;ten geben. Das ha&#x0364;tte &#x017F;ein Gutes, man wu&#x0364;rde die<lb/>
fal&#x017F;chen Griffe weniger herausho&#x0364;ren.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Vom Thurme nicht, &#x2014; wohl aber vom <hi rendition="#g">Pferde.</hi></p><lb/>
        <p>&#x201E;Vom Pferde? Warum nicht gar vom E&#x017F;el?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Du mein&#x017F;t, um in meiner Verwandt&#x017F;chaft zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[336/0352] wohl eine Jdee, ... doch wirſt Du ſie verlachen. Sie iſt kuͤhn; — vielleicht gar toll. — „Dann heraus damit! Je toller, deſto beſſer wird ſie mir zuſagen!“ Mein Violinſpiel iſt nicht bedeutend genug und ich habe auch zu wenig Schule, zu wenig muſika- liſche Kenntniſſe, um als Virtuoſe zu glaͤnzen. Aber an Bravour fehlt es mir doch nicht und manches Stuͤckchen ſpiel’ ich leidlich. Nun hab’ ich mir ſo gedacht, es kaͤme nur darauf an, was ich etwa vermag in einer Art und Weiſe vorzufuͤhren, die noch nicht da war. An einen Geiger, der neben den uͤbrigen Muſikanten ſteht, werden mit Recht große Anſpruͤche gemacht und er muß viel leiſten, bis er ſeine Nach- barn uͤberragt. Wenn aber Einer kaͤme, der das Ding.... „Willſt Du vielleicht Deine Variationen uͤber nel cor piu non mi sento vom Kirchthurm herab zum Beſten geben. Das haͤtte ſein Gutes, man wuͤrde die falſchen Griffe weniger heraushoͤren.“ Vom Thurme nicht, — wohl aber vom Pferde. „Vom Pferde? Warum nicht gar vom Eſel?“ Du meinſt, um in meiner Verwandtſchaft zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/352
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/352>, abgerufen am 23.11.2024.