Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

reich? Bei mir, der sich selbst nicht zu rathen und zu
helfen weiß? Ah, das ist nicht übel; das wäre ein
Stoff für die feingespitzte Feder unseres Kammer-
gerichtsrathes: ein junger Kunstreiter, welcher sich
Heilmittel wider Hypochondrie, Melancholie und wie
das Teufelszeug heißt, bei mir zu holen kommt!
Wissen Sie, daß mich die Aerzte zu Jhnen schicken?
Das heißt: mir anrathen, ein Pferd zu besteigen
und mir reitend Bewegung zu machen, indem ich
mich tüchtig rütteln und schütteln ließe. Das soll ein
trefflich Mittel sein, und dieses, dächt' ich, hätten
Sie aus erster Hand? Wie können Sie, bei Jhrer
Lebensweise auf hypochondrische Grillen gerathen?"

Wenn Sie mir erlauben wollten ...

"Sie haben Recht. Jch ließ Sie nicht zu Worte
kommen. Jch bitte um Verzeihung -- und ich höre."

Für's Erste ersuch' ich Sie um Geduld, sich
meine Lebensgeschichte mittheilen zu lassen, die Sie
romantisch wähnen. Sie ist sehr einfach und -- zu
Jhrem Troste sei 's gesagt: sehr kurz.

Anton drängte von dem was der Leser bereits
über ihn weiß, das Wichtigste, hierher Gehörige in
einen schlichten Bericht zusammen. Ohne einen
Namen zu nennen, ohne Orte zu bezeichnen, gab er

reich? Bei mir, der ſich ſelbſt nicht zu rathen und zu
helfen weiß? Ah, das iſt nicht uͤbel; das waͤre ein
Stoff fuͤr die feingeſpitzte Feder unſeres Kammer-
gerichtsrathes: ein junger Kunſtreiter, welcher ſich
Heilmittel wider Hypochondrie, Melancholie und wie
das Teufelszeug heißt, bei mir zu holen kommt!
Wiſſen Sie, daß mich die Aerzte zu Jhnen ſchicken?
Das heißt: mir anrathen, ein Pferd zu beſteigen
und mir reitend Bewegung zu machen, indem ich
mich tuͤchtig ruͤtteln und ſchuͤtteln ließe. Das ſoll ein
trefflich Mittel ſein, und dieſes, daͤcht’ ich, haͤtten
Sie aus erſter Hand? Wie koͤnnen Sie, bei Jhrer
Lebensweiſe auf hypochondriſche Grillen gerathen?“

Wenn Sie mir erlauben wollten ...

„Sie haben Recht. Jch ließ Sie nicht zu Worte
kommen. Jch bitte um Verzeihung — und ich hoͤre.“

Fuͤr’s Erſte erſuch’ ich Sie um Geduld, ſich
meine Lebensgeſchichte mittheilen zu laſſen, die Sie
romantiſch waͤhnen. Sie iſt ſehr einfach und — zu
Jhrem Troſte ſei ’s geſagt: ſehr kurz.

Anton draͤngte von dem was der Leſer bereits
uͤber ihn weiß, das Wichtigſte, hierher Gehoͤrige in
einen ſchlichten Bericht zuſammen. Ohne einen
Namen zu nennen, ohne Orte zu bezeichnen, gab er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0103" n="101"/>
reich? Bei mir, der &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht zu rathen und zu<lb/>
helfen weiß? Ah, das i&#x017F;t nicht u&#x0364;bel; das wa&#x0364;re ein<lb/>
Stoff fu&#x0364;r die feinge&#x017F;pitzte Feder un&#x017F;eres Kammer-<lb/>
gerichtsrathes: ein junger Kun&#x017F;treiter, welcher &#x017F;ich<lb/>
Heilmittel wider Hypochondrie, Melancholie und wie<lb/>
das Teufelszeug heißt, bei <hi rendition="#g">mir</hi> zu holen kommt!<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en Sie, daß mich die Aerzte zu Jhnen &#x017F;chicken?<lb/>
Das heißt: mir anrathen, ein Pferd zu be&#x017F;teigen<lb/>
und mir reitend Bewegung zu machen, indem ich<lb/>
mich tu&#x0364;chtig ru&#x0364;tteln und &#x017F;chu&#x0364;tteln ließe. Das &#x017F;oll ein<lb/>
trefflich Mittel &#x017F;ein, und die&#x017F;es, da&#x0364;cht&#x2019; ich, ha&#x0364;tten<lb/>
Sie aus er&#x017F;ter Hand? Wie ko&#x0364;nnen Sie, bei Jhrer<lb/>
Lebenswei&#x017F;e auf hypochondri&#x017F;che Grillen gerathen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Wenn Sie mir erlauben wollten ...</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie haben Recht. Jch ließ Sie nicht zu Worte<lb/>
kommen. Jch bitte um Verzeihung &#x2014; und ich ho&#x0364;re.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Fu&#x0364;r&#x2019;s Er&#x017F;te er&#x017F;uch&#x2019; ich Sie um Geduld, &#x017F;ich<lb/>
meine Lebensge&#x017F;chichte mittheilen zu la&#x017F;&#x017F;en, die Sie<lb/>
romanti&#x017F;ch wa&#x0364;hnen. Sie i&#x017F;t &#x017F;ehr einfach und &#x2014; zu<lb/>
Jhrem Tro&#x017F;te &#x017F;ei &#x2019;s ge&#x017F;agt: &#x017F;ehr kurz.</p><lb/>
        <p>Anton dra&#x0364;ngte von dem was der Le&#x017F;er bereits<lb/>
u&#x0364;ber ihn weiß, das Wichtig&#x017F;te, hierher Geho&#x0364;rige in<lb/>
einen &#x017F;chlichten Bericht zu&#x017F;ammen. Ohne einen<lb/>
Namen zu nennen, ohne Orte zu bezeichnen, gab er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0103] reich? Bei mir, der ſich ſelbſt nicht zu rathen und zu helfen weiß? Ah, das iſt nicht uͤbel; das waͤre ein Stoff fuͤr die feingeſpitzte Feder unſeres Kammer- gerichtsrathes: ein junger Kunſtreiter, welcher ſich Heilmittel wider Hypochondrie, Melancholie und wie das Teufelszeug heißt, bei mir zu holen kommt! Wiſſen Sie, daß mich die Aerzte zu Jhnen ſchicken? Das heißt: mir anrathen, ein Pferd zu beſteigen und mir reitend Bewegung zu machen, indem ich mich tuͤchtig ruͤtteln und ſchuͤtteln ließe. Das ſoll ein trefflich Mittel ſein, und dieſes, daͤcht’ ich, haͤtten Sie aus erſter Hand? Wie koͤnnen Sie, bei Jhrer Lebensweiſe auf hypochondriſche Grillen gerathen?“ Wenn Sie mir erlauben wollten ... „Sie haben Recht. Jch ließ Sie nicht zu Worte kommen. Jch bitte um Verzeihung — und ich hoͤre.“ Fuͤr’s Erſte erſuch’ ich Sie um Geduld, ſich meine Lebensgeſchichte mittheilen zu laſſen, die Sie romantiſch waͤhnen. Sie iſt ſehr einfach und — zu Jhrem Troſte ſei ’s geſagt: ſehr kurz. Anton draͤngte von dem was der Leſer bereits uͤber ihn weiß, das Wichtigſte, hierher Gehoͤrige in einen ſchlichten Bericht zuſammen. Ohne einen Namen zu nennen, ohne Orte zu bezeichnen, gab er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/103
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/103>, abgerufen am 18.05.2024.