Lehrzeit davon gehe, aber, sagte er, da bei Jhnen abweichende Umstände vom Anfang unserer Bekannt- schaft an zu erwägen sind, so will ich Sie nicht hal- ten. Wir gehen von hier nach L. Dort werden Sie die Ostermesse noch mit durchmachen -- und dann ziehen Sie in Gottesnamen. Doch das muß ich Jhnen offen und ehrlich mit auf den Weg geben, An- toine: fahren Sie fort, sich zu vernachlässigen, wie Sie während unseres hiesigen Aufenthaltes gethan, so wird nichts aus Jhnen, gar nichts.
"Nun, wenn auch nichts, wie Sie es meinen, Herr Guillaume," entgegnete Anton sich verbeugend, "doch vielleicht und mit Gottes Hülfe etwas Anderes, was nach meiner Meinung gerade so viel sein kann, als ein Reiter nach der Jhrigen."
Er sprach so stolz, weil er Madame Adelaide im nächsten Zimmer hörte; würde jedoch in peinliche Verlegenheit gerathen sein, hätte er verkündigen sollen, welch' ein "Etwas" er im Geiste vor sich sah.
Nun er den Zeitpunkt der Befreiung vom Joche nach Tagen zählen und berechnen durfte, trug er leichter an diesem Joche. Sein Herz schlug lebendi- ger..... und dennoch war Alles, was vor ihm lag: Ungewißheit! Er wußte durchaus nicht, was dann
Lehrzeit davon gehe, aber, ſagte er, da bei Jhnen abweichende Umſtaͤnde vom Anfang unſerer Bekannt- ſchaft an zu erwaͤgen ſind, ſo will ich Sie nicht hal- ten. Wir gehen von hier nach L. Dort werden Sie die Oſtermeſſe noch mit durchmachen — und dann ziehen Sie in Gottesnamen. Doch das muß ich Jhnen offen und ehrlich mit auf den Weg geben, An- toine: fahren Sie fort, ſich zu vernachlaͤſſigen, wie Sie waͤhrend unſeres hieſigen Aufenthaltes gethan, ſo wird nichts aus Jhnen, gar nichts.
„Nun, wenn auch nichts, wie Sie es meinen, Herr Guillaume,“ entgegnete Anton ſich verbeugend, „doch vielleicht und mit Gottes Huͤlfe etwas Anderes, was nach meiner Meinung gerade ſo viel ſein kann, als ein Reiter nach der Jhrigen.“
Er ſprach ſo ſtolz, weil er Madame Adelaide im naͤchſten Zimmer hoͤrte; wuͤrde jedoch in peinliche Verlegenheit gerathen ſein, haͤtte er verkuͤndigen ſollen, welch’ ein „Etwas“ er im Geiſte vor ſich ſah.
Nun er den Zeitpunkt der Befreiung vom Joche nach Tagen zaͤhlen und berechnen durfte, trug er leichter an dieſem Joche. Sein Herz ſchlug lebendi- ger..... und dennoch war Alles, was vor ihm lag: Ungewißheit! Er wußte durchaus nicht, was dann
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0174"n="172"/>
Lehrzeit davon gehe, aber, ſagte er, da bei Jhnen<lb/>
abweichende Umſtaͤnde vom Anfang unſerer Bekannt-<lb/>ſchaft an zu erwaͤgen ſind, ſo will ich Sie nicht hal-<lb/>
ten. Wir gehen von hier nach L. Dort werden Sie<lb/>
die Oſtermeſſe noch mit durchmachen — und dann<lb/>
ziehen Sie in Gottesnamen. Doch das muß ich<lb/>
Jhnen offen und ehrlich mit auf den Weg geben, An-<lb/>
toine: fahren Sie fort, ſich zu vernachlaͤſſigen, wie<lb/>
Sie waͤhrend unſeres hieſigen Aufenthaltes gethan,<lb/>ſo wird nichts aus Jhnen, gar nichts.</p><lb/><p>„Nun, wenn auch nichts, wie <hirendition="#g">Sie</hi> es meinen,<lb/>
Herr Guillaume,“ entgegnete Anton ſich verbeugend,<lb/>„doch vielleicht und mit Gottes Huͤlfe etwas Anderes,<lb/>
was nach meiner Meinung gerade ſo viel ſein kann,<lb/>
als ein Reiter nach der Jhrigen.“</p><lb/><p>Er ſprach ſo ſtolz, weil er Madame Adelaide im<lb/>
naͤchſten Zimmer hoͤrte; wuͤrde jedoch in peinliche<lb/>
Verlegenheit gerathen ſein, haͤtte er verkuͤndigen ſollen,<lb/>
welch’ ein „Etwas“ er im Geiſte vor ſich ſah.</p><lb/><p>Nun er den Zeitpunkt der Befreiung vom Joche<lb/>
nach Tagen zaͤhlen und berechnen durfte, trug er<lb/>
leichter an dieſem Joche. Sein Herz ſchlug lebendi-<lb/>
ger..... und dennoch war Alles, was vor ihm lag:<lb/>
Ungewißheit! Er wußte durchaus nicht, was dann<lb/></p></div></body></text></TEI>
[172/0174]
Lehrzeit davon gehe, aber, ſagte er, da bei Jhnen
abweichende Umſtaͤnde vom Anfang unſerer Bekannt-
ſchaft an zu erwaͤgen ſind, ſo will ich Sie nicht hal-
ten. Wir gehen von hier nach L. Dort werden Sie
die Oſtermeſſe noch mit durchmachen — und dann
ziehen Sie in Gottesnamen. Doch das muß ich
Jhnen offen und ehrlich mit auf den Weg geben, An-
toine: fahren Sie fort, ſich zu vernachlaͤſſigen, wie
Sie waͤhrend unſeres hieſigen Aufenthaltes gethan,
ſo wird nichts aus Jhnen, gar nichts.
„Nun, wenn auch nichts, wie Sie es meinen,
Herr Guillaume,“ entgegnete Anton ſich verbeugend,
„doch vielleicht und mit Gottes Huͤlfe etwas Anderes,
was nach meiner Meinung gerade ſo viel ſein kann,
als ein Reiter nach der Jhrigen.“
Er ſprach ſo ſtolz, weil er Madame Adelaide im
naͤchſten Zimmer hoͤrte; wuͤrde jedoch in peinliche
Verlegenheit gerathen ſein, haͤtte er verkuͤndigen ſollen,
welch’ ein „Etwas“ er im Geiſte vor ſich ſah.
Nun er den Zeitpunkt der Befreiung vom Joche
nach Tagen zaͤhlen und berechnen durfte, trug er
leichter an dieſem Joche. Sein Herz ſchlug lebendi-
ger..... und dennoch war Alles, was vor ihm lag:
Ungewißheit! Er wußte durchaus nicht, was dann
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/174>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.