zusammen, -- und jetzt geben Sie Achtung auf dieses Glück: Wenn ein anderer ehrlicher Mensch so etwas gewagt hätte, würden sich die Katzen zerrissen haben? Nein, diese beiden werden zärtlich, -- Philipp, trotz seiner Dummheit, wird stutzig, -- man giebt die Reise auf, -- man trennt das Paar wieder, damit kein Unheil geschehe, ... was soll ich lange zögern: nach vier Monaten wirft die Löwin drei gesunde Junge und Madame Mollia ist die erste Selbst-Erzeugerin lebendiger Löwen auf dem Kontinent."
Das hätt' ich der Frau nicht zugetraut; auf Affen würd' ich eher gerathen haben.
"Sie können denken, welche Einnahmen ihr das brachte! Jeder Mensch wollte die säugende Löwin mit ihren saugenden Kleinen gesehen haben! Seitdem hat sich das Ding wiederholt; sie haben schon wieder Junge von Jungen; sie versorgt alle Reisenden mit Löwen; sie setzt das Land unter Löwen; und all' das versauft Philipp. Jhre Brillanten abgerechnet, die sie ihm noch so lange als möglich aus den Klauen zu halten sucht, ist sie arm; ist stets in Geldverlegen- heiten; lebt vom Tage zum Tage. Aber mir ist gar nicht bange um sie. Sobald die Brillanten auch fort sind, wird die Natur irgend etwas Unerhörtes für sie
zuſammen, — und jetzt geben Sie Achtung auf dieſes Gluͤck: Wenn ein anderer ehrlicher Menſch ſo etwas gewagt haͤtte, wuͤrden ſich die Katzen zerriſſen haben? Nein, dieſe beiden werden zaͤrtlich, — Philipp, trotz ſeiner Dummheit, wird ſtutzig, — man giebt die Reiſe auf, — man trennt das Paar wieder, damit kein Unheil geſchehe, ... was ſoll ich lange zoͤgern: nach vier Monaten wirft die Loͤwin drei geſunde Junge und Madame Mollia iſt die erſte Selbſt-Erzeugerin lebendiger Loͤwen auf dem Kontinent.“
Das haͤtt’ ich der Frau nicht zugetraut; auf Affen wuͤrd’ ich eher gerathen haben.
„Sie koͤnnen denken, welche Einnahmen ihr das brachte! Jeder Menſch wollte die ſaͤugende Loͤwin mit ihren ſaugenden Kleinen geſehen haben! Seitdem hat ſich das Ding wiederholt; ſie haben ſchon wieder Junge von Jungen; ſie verſorgt alle Reiſenden mit Loͤwen; ſie ſetzt das Land unter Loͤwen; und all’ das verſauft Philipp. Jhre Brillanten abgerechnet, die ſie ihm noch ſo lange als moͤglich aus den Klauen zu halten ſucht, iſt ſie arm; iſt ſtets in Geldverlegen- heiten; lebt vom Tage zum Tage. Aber mir iſt gar nicht bange um ſie. Sobald die Brillanten auch fort ſind, wird die Natur irgend etwas Unerhoͤrtes fuͤr ſie
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zuſammen, — und jetzt geben Sie Achtung auf dieſes
Gluͤck: Wenn ein anderer ehrlicher Menſch ſo etwas
gewagt haͤtte, wuͤrden ſich die Katzen zerriſſen haben?
Nein, dieſe beiden werden zaͤrtlich, — Philipp, trotz
ſeiner Dummheit, wird ſtutzig, — man giebt die Reiſe
auf, — man trennt das Paar wieder, damit kein
Unheil geſchehe, ... was ſoll ich lange zoͤgern: nach
vier Monaten wirft die Loͤwin drei geſunde Junge
und Madame Mollia iſt die erſte Selbſt-Erzeugerin
lebendiger Loͤwen auf dem Kontinent.“
Das haͤtt’ ich der Frau nicht zugetraut; auf
Affen wuͤrd’ ich eher gerathen haben.
„Sie koͤnnen denken, welche Einnahmen ihr das
brachte! Jeder Menſch wollte die ſaͤugende Loͤwin mit
ihren ſaugenden Kleinen geſehen haben! Seitdem hat
ſich das Ding wiederholt; ſie haben ſchon wieder
Junge von Jungen; ſie verſorgt alle Reiſenden mit
Loͤwen; ſie ſetzt das Land unter Loͤwen; und all’ das
verſauft Philipp. Jhre Brillanten abgerechnet, die
ſie ihm noch ſo lange als moͤglich aus den Klauen
zu halten ſucht, iſt ſie arm; iſt ſtets in Geldverlegen-
heiten; lebt vom Tage zum Tage. Aber mir iſt gar
nicht bange um ſie. Sobald die Brillanten auch fort
ſind, wird die Natur irgend etwas Unerhoͤrtes fuͤr ſie
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/202>, abgerufen am 22.11.2024.
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