Doch das ist eine dumme Frage und was noch schlimmer: eine strafbare. Sie ist die Gattin meines Brodherren, meines Gönners, ist ein unbescholtenes, rechtschaffenes Weib. Folglich ist das eine unschick- liche Aeußerung, von der ich nicht begreife, wie sie mir in den Sinn, und gar erst in die Feder gerieth!
Obenein diese Frau, die mich nicht ausstehen mag! ..... Aber das ist kurios: da fällt mir eben ein, wie sie vergangene Nacht mich ganz anders behandelte, als bisher! -- Sonderbar! -- Wenn ich mir zurückrufe, wie sie mich ansah, ... sich bei hef- tigen Donnerschlägen an mich drängte, ..... sie befand sich in unnatürlicher Aufregung.
Es giebt Menschen, auf die das Gewitter gewalt- samen Einfluß übt, so daß sie gar nicht mehr wissen was sie beginnen!"
M. vom 22. August.
"Die Geschäfte gehen im Ganzen schwach. Herr Vlämert klagt und ich spür' es auch an meinen Sei- ten-Einnahmen. Die Stadt zählt nicht gar viele Einwohner. Das Meiste müssen die Fremden thun, die Reisenden. An denen fehlt es nicht und diese bringen uns auch noch am Meisten ein. Doch ist Einer gekommen, der uns kein Geld einbringt, weil
Doch das iſt eine dumme Frage und was noch ſchlimmer: eine ſtrafbare. Sie iſt die Gattin meines Brodherren, meines Goͤnners, iſt ein unbeſcholtenes, rechtſchaffenes Weib. Folglich iſt das eine unſchick- liche Aeußerung, von der ich nicht begreife, wie ſie mir in den Sinn, und gar erſt in die Feder gerieth!
Obenein dieſe Frau, die mich nicht ausſtehen mag! ..... Aber das iſt kurios: da faͤllt mir eben ein, wie ſie vergangene Nacht mich ganz anders behandelte, als bisher! — Sonderbar! — Wenn ich mir zuruͤckrufe, wie ſie mich anſah, ... ſich bei hef- tigen Donnerſchlaͤgen an mich draͤngte, ..... ſie befand ſich in unnatuͤrlicher Aufregung.
Es giebt Menſchen, auf die das Gewitter gewalt- ſamen Einfluß uͤbt, ſo daß ſie gar nicht mehr wiſſen was ſie beginnen!“
M. vom 22. Auguſt.
„Die Geſchaͤfte gehen im Ganzen ſchwach. Herr Vlaͤmert klagt und ich ſpuͤr’ es auch an meinen Sei- ten-Einnahmen. Die Stadt zaͤhlt nicht gar viele Einwohner. Das Meiſte muͤſſen die Fremden thun, die Reiſenden. An denen fehlt es nicht und dieſe bringen uns auch noch am Meiſten ein. Doch iſt Einer gekommen, der uns kein Geld einbringt, weil
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Doch das iſt eine dumme Frage und was noch
ſchlimmer: eine ſtrafbare. Sie iſt die Gattin meines
Brodherren, meines Goͤnners, iſt ein unbeſcholtenes,
rechtſchaffenes Weib. Folglich iſt das eine unſchick-
liche Aeußerung, von der ich nicht begreife, wie ſie
mir in den Sinn, und gar erſt in die Feder gerieth!
Obenein dieſe Frau, die mich nicht ausſtehen
mag! ..... Aber das iſt kurios: da faͤllt mir eben
ein, wie ſie vergangene Nacht mich ganz anders
behandelte, als bisher! — Sonderbar! — Wenn ich
mir zuruͤckrufe, wie ſie mich anſah, ... ſich bei hef-
tigen Donnerſchlaͤgen an mich draͤngte, ..... ſie
befand ſich in unnatuͤrlicher Aufregung.
Es giebt Menſchen, auf die das Gewitter gewalt-
ſamen Einfluß uͤbt, ſo daß ſie gar nicht mehr wiſſen
was ſie beginnen!“
M. vom 22. Auguſt.
„Die Geſchaͤfte gehen im Ganzen ſchwach. Herr
Vlaͤmert klagt und ich ſpuͤr’ es auch an meinen Sei-
ten-Einnahmen. Die Stadt zaͤhlt nicht gar viele
Einwohner. Das Meiſte muͤſſen die Fremden thun,
die Reiſenden. An denen fehlt es nicht und dieſe
bringen uns auch noch am Meiſten ein. Doch iſt
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/236>, abgerufen am 23.11.2024.
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