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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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inniger gewesen, als Käthchen's kindlich-reine Liebe.
Jm Gegentheil!

Nur daß die arme, zarte Katharina nicht wußte,
was sie wollte für sich, und von ihm? Während die
lebhafte Laura zwiefachen Willen gehabt für sich wie
für ihn!

Wo ist der Herr?

Mit dieser Frage bot Anton, nach langem Zögern
der Gefahr die Stirn; und [wo]hl gewappnet, wie er
wähnte.

Käthchen, wie wenn sie nur auf einen Wink
gewartet hätte, um aus sprachloser Hingebung in
beredete Vertheidigung ihres kühnen Schrittes über-
zugehen, gab sogleich eine Antwort, woran sie, ohne
sich unterbrechen zu lassen, den weiteren Verfolg
ihrer Rede knüpfte:

"Herr Vlämert hat sich nach unserer Wohnung
begeben und erwartet mich dort. Jch bin Willens
ihm nicht zu folgen. Stören Sie mich nicht. Lassen
Sie mich sprechen! Lassen Sie mich sagen, was ich
zu sagen habe; was Sie vernehmen müssen.

Jch war ein Kind, -- wenn nicht an Jahren,
doch sonst, -- als Herr Vlämert mich von meinen
verarmten Eltern zur Frau begehrte und empfing.

inniger geweſen, als Kaͤthchen’s kindlich-reine Liebe.
Jm Gegentheil!

Nur daß die arme, zarte Katharina nicht wußte,
was ſie wollte fuͤr ſich, und von ihm? Waͤhrend die
lebhafte Laura zwiefachen Willen gehabt fuͤr ſich wie
fuͤr ihn!

Wo iſt der Herr?

Mit dieſer Frage bot Anton, nach langem Zoͤgern
der Gefahr die Stirn; und [wo]hl gewappnet, wie er
waͤhnte.

Kaͤthchen, wie wenn ſie nur auf einen Wink
gewartet haͤtte, um aus ſprachloſer Hingebung in
beredete Vertheidigung ihres kuͤhnen Schrittes uͤber-
zugehen, gab ſogleich eine Antwort, woran ſie, ohne
ſich unterbrechen zu laſſen, den weiteren Verfolg
ihrer Rede knuͤpfte:

„Herr Vlaͤmert hat ſich nach unſerer Wohnung
begeben und erwartet mich dort. Jch bin Willens
ihm nicht zu folgen. Stoͤren Sie mich nicht. Laſſen
Sie mich ſprechen! Laſſen Sie mich ſagen, was ich
zu ſagen habe; was Sie vernehmen muͤſſen.

Jch war ein Kind, — wenn nicht an Jahren,
doch ſonſt, — als Herr Vlaͤmert mich von meinen
verarmten Eltern zur Frau begehrte und empfing.

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[251/0253] inniger geweſen, als Kaͤthchen’s kindlich-reine Liebe. Jm Gegentheil! Nur daß die arme, zarte Katharina nicht wußte, was ſie wollte fuͤr ſich, und von ihm? Waͤhrend die lebhafte Laura zwiefachen Willen gehabt fuͤr ſich wie fuͤr ihn! Wo iſt der Herr? Mit dieſer Frage bot Anton, nach langem Zoͤgern der Gefahr die Stirn; und wohl gewappnet, wie er waͤhnte. Kaͤthchen, wie wenn ſie nur auf einen Wink gewartet haͤtte, um aus ſprachloſer Hingebung in beredete Vertheidigung ihres kuͤhnen Schrittes uͤber- zugehen, gab ſogleich eine Antwort, woran ſie, ohne ſich unterbrechen zu laſſen, den weiteren Verfolg ihrer Rede knuͤpfte: „Herr Vlaͤmert hat ſich nach unſerer Wohnung begeben und erwartet mich dort. Jch bin Willens ihm nicht zu folgen. Stoͤren Sie mich nicht. Laſſen Sie mich ſprechen! Laſſen Sie mich ſagen, was ich zu ſagen habe; was Sie vernehmen muͤſſen. Jch war ein Kind, — wenn nicht an Jahren, doch ſonſt, — als Herr Vlaͤmert mich von meinen verarmten Eltern zur Frau begehrte und empfing.

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/253>, abgerufen am 01.06.2024.