vor dem einzigen dort befindlichen anständigen Gast- hause, stellt sich leidend, miethet ein Zimmer und bringt auf diesem, wie der schönste Einsiedler, etliche sehr langweilige Tage zu, die er lediglich durch "Sekt", vulgo: Champagner, arrosirt. Nach und nach sucht er die Bekanntschaft des Wirthes, läßt sich mit selbigem Schafskopf auf Plaudereien und vertrauliche Entdeckungen ein; zieht ihn, trotz aller Schafsköpfigkeit, in seine Geheimnisse; flüstert ihm zu, daß er eigentlich in der Absicht reise, den ganzen großen Koffer voll Spielkarten, den er da hinten auf seine Kutsche geschraubt habe, in's +++sche einzu- schwärzen; daß er aber jetzt kaum im Stande sei, diesen lukrativen Plan auszuführen, weil er sich krank und matt fühle; hauptsächlich auch, weil er mit seinem alten Fuhrwerk unmöglich über die Berge voll Schnee auf Seitenwegen gelangen könne und außerdem befürchten müsse, viel strenger visitirt zu werden, wenn er den ungeheuren Koffer vereinzelt auf einem Schlitten bei sich führen wolle.
Unterdessen verschleicht ein Tag nach dem andern; der Reisende versäumt nicht, sich möglichst fest zu fressen, vielmehr zu saufen. Wie seine Rechnung wächst, fängt der Wirth an, Besorgniß zu zeigen,
vor dem einzigen dort befindlichen anſtaͤndigen Gaſt- hauſe, ſtellt ſich leidend, miethet ein Zimmer und bringt auf dieſem, wie der ſchoͤnſte Einſiedler, etliche ſehr langweilige Tage zu, die er lediglich durch „Sekt“, vulgo: Champagner, arroſirt. Nach und nach ſucht er die Bekanntſchaft des Wirthes, laͤßt ſich mit ſelbigem Schafskopf auf Plaudereien und vertrauliche Entdeckungen ein; zieht ihn, trotz aller Schafskoͤpfigkeit, in ſeine Geheimniſſe; fluͤſtert ihm zu, daß er eigentlich in der Abſicht reiſe, den ganzen großen Koffer voll Spielkarten, den er da hinten auf ſeine Kutſche geſchraubt habe, in’s †††ſche einzu- ſchwaͤrzen; daß er aber jetzt kaum im Stande ſei, dieſen lukrativen Plan auszufuͤhren, weil er ſich krank und matt fuͤhle; hauptſaͤchlich auch, weil er mit ſeinem alten Fuhrwerk unmoͤglich uͤber die Berge voll Schnee auf Seitenwegen gelangen koͤnne und außerdem befuͤrchten muͤſſe, viel ſtrenger viſitirt zu werden, wenn er den ungeheuren Koffer vereinzelt auf einem Schlitten bei ſich fuͤhren wolle.
Unterdeſſen verſchleicht ein Tag nach dem andern; der Reiſende verſaͤumt nicht, ſich moͤglichſt feſt zu freſſen, vielmehr zu ſaufen. Wie ſeine Rechnung waͤchst, faͤngt der Wirth an, Beſorgniß zu zeigen,
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vor dem einzigen dort befindlichen anſtaͤndigen Gaſt-
hauſe, ſtellt ſich leidend, miethet ein Zimmer und
bringt auf dieſem, wie der ſchoͤnſte Einſiedler, etliche
ſehr langweilige Tage zu, die er lediglich durch
„Sekt“, vulgo: Champagner, arroſirt. Nach und
nach ſucht er die Bekanntſchaft des Wirthes, laͤßt
ſich mit ſelbigem Schafskopf auf Plaudereien und
vertrauliche Entdeckungen ein; zieht ihn, trotz aller
Schafskoͤpfigkeit, in ſeine Geheimniſſe; fluͤſtert ihm
zu, daß er eigentlich in der Abſicht reiſe, den ganzen
großen Koffer voll Spielkarten, den er da hinten auf
ſeine Kutſche geſchraubt habe, in’s †††ſche einzu-
ſchwaͤrzen; daß er aber jetzt kaum im Stande ſei,
dieſen lukrativen Plan auszufuͤhren, weil er ſich krank
und matt fuͤhle; hauptſaͤchlich auch, weil er mit ſeinem
alten Fuhrwerk unmoͤglich uͤber die Berge voll Schnee
auf Seitenwegen gelangen koͤnne und außerdem
befuͤrchten muͤſſe, viel ſtrenger viſitirt zu werden,
wenn er den ungeheuren Koffer vereinzelt auf einem
Schlitten bei ſich fuͤhren wolle.
Unterdeſſen verſchleicht ein Tag nach dem andern;
der Reiſende verſaͤumt nicht, ſich moͤglichſt feſt zu
freſſen, vielmehr zu ſaufen. Wie ſeine Rechnung
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/310>, abgerufen am 25.11.2024.
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