Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Dein Tod ist mein Leben; mein Tod ist mir
lieber, als ein Leben mit Dir! --

Er ging.

Bärbel ließ ihn gehen ohne sich zu regen. Einem
Leichnam ähnlich stand sie vor dem Sessel auf welchem
Theodor bewußtlos lag.

Anton schwankte, wie ein Schlafender durch die
Diener im Vorzimmer.

Auf der Straße that er einen Athemzug, sog die
Nachtluft gierig ein und betete zu den Sternen hin-
auf: lieber Himmel, laß mich morgen von diesem
furchtbaren Traume erwachen.

Dann eilte er seines Weges.

An der Ecke der Straße hörte er "Anton! Anton!"
hinter sich her rufen, wie wenn der Klang der
Stimme aus der Höhe über ihm käme.

Er verdoppelte die Hast seiner Schritte. Nach
Mitternacht erreichte er seine Wohnung in der Straße
d'Enfer.



21*

Dein Tod iſt mein Leben; mein Tod iſt mir
lieber, als ein Leben mit Dir! —

Er ging.

Baͤrbel ließ ihn gehen ohne ſich zu regen. Einem
Leichnam aͤhnlich ſtand ſie vor dem Seſſel auf welchem
Theodor bewußtlos lag.

Anton ſchwankte, wie ein Schlafender durch die
Diener im Vorzimmer.

Auf der Straße that er einen Athemzug, ſog die
Nachtluft gierig ein und betete zu den Sternen hin-
auf: lieber Himmel, laß mich morgen von dieſem
furchtbaren Traume erwachen.

Dann eilte er ſeines Weges.

An der Ecke der Straße hoͤrte er „Anton! Anton!“
hinter ſich her rufen, wie wenn der Klang der
Stimme aus der Hoͤhe uͤber ihm kaͤme.

Er verdoppelte die Haſt ſeiner Schritte. Nach
Mitternacht erreichte er ſeine Wohnung in der Straße
d’Enfer.



21*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0325" n="323"/>
        <p>Dein Tod i&#x017F;t mein Leben; mein Tod i&#x017F;t mir<lb/>
lieber, als ein Leben mit Dir! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Er ging.</p><lb/>
        <p>Ba&#x0364;rbel ließ ihn gehen ohne &#x017F;ich zu regen. Einem<lb/>
Leichnam a&#x0364;hnlich &#x017F;tand &#x017F;ie vor dem Se&#x017F;&#x017F;el auf welchem<lb/>
Theodor bewußtlos lag.</p><lb/>
        <p>Anton &#x017F;chwankte, wie ein Schlafender durch die<lb/>
Diener im Vorzimmer.</p><lb/>
        <p>Auf der Straße that er einen Athemzug, &#x017F;og die<lb/>
Nachtluft gierig ein und betete zu den Sternen hin-<lb/>
auf: lieber Himmel, laß mich morgen von die&#x017F;em<lb/>
furchtbaren Traume erwachen.</p><lb/>
        <p>Dann eilte er &#x017F;eines Weges.</p><lb/>
        <p>An der Ecke der Straße ho&#x0364;rte er &#x201E;Anton! Anton!&#x201C;<lb/>
hinter &#x017F;ich her rufen, wie wenn der Klang der<lb/>
Stimme aus der Ho&#x0364;he u&#x0364;ber ihm ka&#x0364;me.</p><lb/>
        <p>Er verdoppelte die Ha&#x017F;t &#x017F;einer Schritte. Nach<lb/>
Mitternacht erreichte er &#x017F;eine Wohnung in der Straße<lb/>
d&#x2019;Enfer.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">21*</fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0325] Dein Tod iſt mein Leben; mein Tod iſt mir lieber, als ein Leben mit Dir! — Er ging. Baͤrbel ließ ihn gehen ohne ſich zu regen. Einem Leichnam aͤhnlich ſtand ſie vor dem Seſſel auf welchem Theodor bewußtlos lag. Anton ſchwankte, wie ein Schlafender durch die Diener im Vorzimmer. Auf der Straße that er einen Athemzug, ſog die Nachtluft gierig ein und betete zu den Sternen hin- auf: lieber Himmel, laß mich morgen von dieſem furchtbaren Traume erwachen. Dann eilte er ſeines Weges. An der Ecke der Straße hoͤrte er „Anton! Anton!“ hinter ſich her rufen, wie wenn der Klang der Stimme aus der Hoͤhe uͤber ihm kaͤme. Er verdoppelte die Haſt ſeiner Schritte. Nach Mitternacht erreichte er ſeine Wohnung in der Straße d’Enfer. 21*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/325
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/325>, abgerufen am 22.05.2024.