Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Der erste Blick des Eintretenden richtete sich,
nicht ohne ironisches Lächeln, auf Anton, der den-
selben ernsthaft erwiederte und von dessen finsterer
Stirn er nach Adelen glitt, als wollt' er sagen:
Deshalb also, Demoiselle, kämpft dieser Ritter für Sie?

Adele aber, vor einer Minute noch sprachlos ver-
worren, niedergeschlagen, vor Anton bebend wie ein
Kind vor dem zürnenden Lehrer, stand jetzt fest und
sicher vor dem Fremden. Sie gab ihm seine fragen-
den Blicke muthig zurück und darin lag eine Antwort;
eine so entschiedene, unzweifelhafte Antwort, daß der
Spott im Angesichte des Lieutenants ungeheucheltem
Erstaunen wich: um so rascher wich, weil die Spuren
innigster Thränen noch sichtbar blieben auf des
Mädchens Wangen.

So verging ein ganzes Weilchen bis der Fremde
die im freundlichsten Tone gesprochenen Worte fand:
"Wenn ich störe --"

Keinesweges, unterbrach ihn die Jartour. Jch
kam, zu danken. Dies ist geschehen. Doch kann ich
mich nicht entfernen, ohne Sie, mein Herr, zu ver-
sichern, daß dieses Wort des Dankes das erste
gewesen, welches zwischen Jhm und mir gewechselt

Der erſte Blick des Eintretenden richtete ſich,
nicht ohne ironiſches Laͤcheln, auf Anton, der den-
ſelben ernſthaft erwiederte und von deſſen finſterer
Stirn er nach Adelen glitt, als wollt’ er ſagen:
Deshalb alſo, Demoiſelle, kaͤmpft dieſer Ritter fuͤr Sie?

Adele aber, vor einer Minute noch ſprachlos ver-
worren, niedergeſchlagen, vor Anton bebend wie ein
Kind vor dem zuͤrnenden Lehrer, ſtand jetzt feſt und
ſicher vor dem Fremden. Sie gab ihm ſeine fragen-
den Blicke muthig zuruͤck und darin lag eine Antwort;
eine ſo entſchiedene, unzweifelhafte Antwort, daß der
Spott im Angeſichte des Lieutenants ungeheucheltem
Erſtaunen wich: um ſo raſcher wich, weil die Spuren
innigſter Thraͤnen noch ſichtbar blieben auf des
Maͤdchens Wangen.

So verging ein ganzes Weilchen bis der Fremde
die im freundlichſten Tone geſprochenen Worte fand:
„Wenn ich ſtoͤre —“

Keinesweges, unterbrach ihn die Jartour. Jch
kam, zu danken. Dies iſt geſchehen. Doch kann ich
mich nicht entfernen, ohne Sie, mein Herr, zu ver-
ſichern, daß dieſes Wort des Dankes das erſte
geweſen, welches zwiſchen Jhm und mir gewechſelt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0034" n="32"/>
        <p>Der er&#x017F;te Blick des Eintretenden richtete &#x017F;ich,<lb/>
nicht ohne ironi&#x017F;ches La&#x0364;cheln, auf Anton, der den-<lb/>
&#x017F;elben ern&#x017F;thaft erwiederte und von de&#x017F;&#x017F;en fin&#x017F;terer<lb/>
Stirn er nach Adelen glitt, als wollt&#x2019; er &#x017F;agen:<lb/>
Deshalb al&#x017F;o, Demoi&#x017F;elle, ka&#x0364;mpft die&#x017F;er Ritter fu&#x0364;r Sie?</p><lb/>
        <p>Adele aber, vor einer Minute noch &#x017F;prachlos ver-<lb/>
worren, niederge&#x017F;chlagen, vor Anton bebend wie ein<lb/>
Kind vor dem zu&#x0364;rnenden Lehrer, &#x017F;tand jetzt fe&#x017F;t und<lb/>
&#x017F;icher vor dem Fremden. Sie gab ihm &#x017F;eine fragen-<lb/>
den Blicke muthig zuru&#x0364;ck und darin lag eine Antwort;<lb/>
eine &#x017F;o ent&#x017F;chiedene, unzweifelhafte Antwort, daß der<lb/>
Spott im Ange&#x017F;ichte des Lieutenants ungeheucheltem<lb/>
Er&#x017F;taunen wich: um &#x017F;o ra&#x017F;cher wich, weil die Spuren<lb/>
innig&#x017F;ter Thra&#x0364;nen noch &#x017F;ichtbar blieben auf des<lb/>
Ma&#x0364;dchens Wangen.</p><lb/>
        <p>So verging ein ganzes Weilchen bis der Fremde<lb/>
die im freundlich&#x017F;ten Tone ge&#x017F;prochenen Worte fand:<lb/>
&#x201E;Wenn ich &#x017F;to&#x0364;re &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Keinesweges, unterbrach ihn die Jartour. Jch<lb/>
kam, zu danken. Dies i&#x017F;t ge&#x017F;chehen. Doch kann ich<lb/>
mich nicht entfernen, ohne Sie, mein Herr, zu ver-<lb/>
&#x017F;ichern, daß die&#x017F;es Wort des Dankes das er&#x017F;te<lb/>
gewe&#x017F;en, welches zwi&#x017F;chen <hi rendition="#g">Jhm</hi> und mir gewech&#x017F;elt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0034] Der erſte Blick des Eintretenden richtete ſich, nicht ohne ironiſches Laͤcheln, auf Anton, der den- ſelben ernſthaft erwiederte und von deſſen finſterer Stirn er nach Adelen glitt, als wollt’ er ſagen: Deshalb alſo, Demoiſelle, kaͤmpft dieſer Ritter fuͤr Sie? Adele aber, vor einer Minute noch ſprachlos ver- worren, niedergeſchlagen, vor Anton bebend wie ein Kind vor dem zuͤrnenden Lehrer, ſtand jetzt feſt und ſicher vor dem Fremden. Sie gab ihm ſeine fragen- den Blicke muthig zuruͤck und darin lag eine Antwort; eine ſo entſchiedene, unzweifelhafte Antwort, daß der Spott im Angeſichte des Lieutenants ungeheucheltem Erſtaunen wich: um ſo raſcher wich, weil die Spuren innigſter Thraͤnen noch ſichtbar blieben auf des Maͤdchens Wangen. So verging ein ganzes Weilchen bis der Fremde die im freundlichſten Tone geſprochenen Worte fand: „Wenn ich ſtoͤre —“ Keinesweges, unterbrach ihn die Jartour. Jch kam, zu danken. Dies iſt geſchehen. Doch kann ich mich nicht entfernen, ohne Sie, mein Herr, zu ver- ſichern, daß dieſes Wort des Dankes das erſte geweſen, welches zwiſchen Jhm und mir gewechſelt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/34
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/34>, abgerufen am 09.11.2024.