in ihm einen drohenden Rivalen des wiederum mit ihr versöhnten, ein ähnliches Kunstgebiet bearbeiten- den Bajazzo, -- dennoch engagirt werden sollte und entdecke keinen anderen Grund, als den stürmischen Beifall, den er bei einigen Gastvorstellungen fand und der Herrn Guillaume für die Kasse das Beste folgern ließ.
Anfänglich ging Alles gut. Amelot bekümmerte sich dem Anscheine nach eben so wenig um Laura, als Laura um ihn, vielmehr machte er aus Leibeskräften seine Kur an Madame Adelaide, wodurch Bajazzo, der sich die Palme des Salto mortale ohnehin durch ihn entrissen sah, melancholisch wurde. (Ein melancho- lischer Bajazzo gehörte seiner Zeit überhaupt nicht unter die Seltenheiten, so wenig, als ein hypochon- drischer Harlekin. Und wenn ein solcher sonst nur Humor und Witz besaß, wirkte er hypochonder und melancholisch wie er war, durch den Kontrast um so mehr; -- als es überhaupt noch Bajazzo's gab! Die jetzigen Kunstreiter geben es vornehmer, verachten den Bajazzo, tituliren ihre Spaßmacher "clown" und letztere verfertigen so anständige und vornehme Späße, daß ein armer, ehrlicher Mensch meines Schlages nicht mehr im Stande ist, je darüber zu
in ihm einen drohenden Rivalen des wiederum mit ihr verſoͤhnten, ein aͤhnliches Kunſtgebiet bearbeiten- den Bajazzo, — dennoch engagirt werden ſollte und entdecke keinen anderen Grund, als den ſtuͤrmiſchen Beifall, den er bei einigen Gaſtvorſtellungen fand und der Herrn Guillaume fuͤr die Kaſſe das Beſte folgern ließ.
Anfaͤnglich ging Alles gut. Amelot bekuͤmmerte ſich dem Anſcheine nach eben ſo wenig um Laura, als Laura um ihn, vielmehr machte er aus Leibeskraͤften ſeine Kur an Madame Adelaide, wodurch Bajazzo, der ſich die Palme des Salto mortale ohnehin durch ihn entriſſen ſah, melancholiſch wurde. (Ein melancho- liſcher Bajazzo gehoͤrte ſeiner Zeit uͤberhaupt nicht unter die Seltenheiten, ſo wenig, als ein hypochon- driſcher Harlekin. Und wenn ein ſolcher ſonſt nur Humor und Witz beſaß, wirkte er hypochonder und melancholiſch wie er war, durch den Kontraſt um ſo mehr; — als es uͤberhaupt noch Bajazzo’s gab! Die jetzigen Kunſtreiter geben es vornehmer, verachten den Bajazzo, tituliren ihre Spaßmacher „clown“ und letztere verfertigen ſo anſtaͤndige und vornehme Spaͤße, daß ein armer, ehrlicher Menſch meines Schlages nicht mehr im Stande iſt, je daruͤber zu
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in ihm einen drohenden Rivalen des wiederum mit
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den Bajazzo, — dennoch engagirt werden ſollte und
entdecke keinen anderen Grund, als den ſtuͤrmiſchen
Beifall, den er bei einigen Gaſtvorſtellungen fand
und der Herrn Guillaume fuͤr die Kaſſe das Beſte
folgern ließ.
Anfaͤnglich ging Alles gut. Amelot bekuͤmmerte
ſich dem Anſcheine nach eben ſo wenig um Laura, als
Laura um ihn, vielmehr machte er aus Leibeskraͤften
ſeine Kur an Madame Adelaide, wodurch Bajazzo,
der ſich die Palme des Salto mortale ohnehin durch
ihn entriſſen ſah, melancholiſch wurde. (Ein melancho-
liſcher Bajazzo gehoͤrte ſeiner Zeit uͤberhaupt nicht
unter die Seltenheiten, ſo wenig, als ein hypochon-
driſcher Harlekin. Und wenn ein ſolcher ſonſt nur
Humor und Witz beſaß, wirkte er hypochonder und
melancholiſch wie er war, durch den Kontraſt um ſo
mehr; — als es uͤberhaupt noch Bajazzo’s gab! Die
jetzigen Kunſtreiter geben es vornehmer, verachten
den Bajazzo, tituliren ihre Spaßmacher „clown“
und letztere verfertigen ſo anſtaͤndige und vornehme
Spaͤße, daß ein armer, ehrlicher Menſch meines
Schlages nicht mehr im Stande iſt, je daruͤber zu
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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