Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Theuerster, sind Sie denn noch einmal auf den Kopf
gefallen und diesmal gar auf die Stirn? Das ist ja
Der, um deswillen ich Sie überhaupt hierher führte;
um deswillen ich Sie in's Theater schickte. Das ist
ja Er! Er selbst!

"Wer, er selbst? Nun versteh' ich Sie noch
weniger, als vorhin."

Mensch! Kunstreiter! Violinspieler! Pferd!
Pferdekopf, der Sie sind! Haben Sie einen Komödien-
Zettel? -- Kellner, den Komödien-Zettel von heute!
-- Hier, da legen Sie den Finger hin. Da lesen
Sie, was steht hier?

"Schewa, ein alter Jude!"

Gut. Und in der gegenüberstehenden Kolumne?

"Herr Devrient!"

Nun, also!

"Wie denn, also? Was hat der alte Jude mit
dem schönen jungen schwarzhaarigen Manne zu thun?"

Nichts weiter, als daß er es selbst ist.

"Sie wollen über mich spotten; über meine Leicht-
gläubigkeit. Das ist ja rein unmöglich."

Der Arzt vergaß, daß er seinem Gaste anempfoh-
len, sich zu stellen, als verstände er nur Französisch --
(wahrscheinlich damit seine Gegenwart die Unge-

Theuerſter, ſind Sie denn noch einmal auf den Kopf
gefallen und diesmal gar auf die Stirn? Das iſt ja
Der, um deswillen ich Sie uͤberhaupt hierher fuͤhrte;
um deswillen ich Sie in’s Theater ſchickte. Das iſt
ja Er! Er ſelbſt!

„Wer, er ſelbſt? Nun verſteh’ ich Sie noch
weniger, als vorhin.“

Menſch! Kunſtreiter! Violinſpieler! Pferd!
Pferdekopf, der Sie ſind! Haben Sie einen Komoͤdien-
Zettel? — Kellner, den Komoͤdien-Zettel von heute!
— Hier, da legen Sie den Finger hin. Da leſen
Sie, was ſteht hier?

„Schewa, ein alter Jude!“

Gut. Und in der gegenuͤberſtehenden Kolumne?

„Herr Devrient!“

Nun, alſo!

„Wie denn, alſo? Was hat der alte Jude mit
dem ſchoͤnen jungen ſchwarzhaarigen Manne zu thun?“

Nichts weiter, als daß er es ſelbſt iſt.

„Sie wollen uͤber mich ſpotten; uͤber meine Leicht-
glaͤubigkeit. Das iſt ja rein unmoͤglich.“

Der Arzt vergaß, daß er ſeinem Gaſte anempfoh-
len, ſich zu ſtellen, als verſtaͤnde er nur Franzoͤſiſch —
(wahrſcheinlich damit ſeine Gegenwart die Unge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0079" n="77"/>
Theuer&#x017F;ter, &#x017F;ind Sie denn noch einmal auf den Kopf<lb/>
gefallen und diesmal gar auf die Stirn? Das i&#x017F;t ja<lb/>
Der, um deswillen ich Sie u&#x0364;berhaupt hierher fu&#x0364;hrte;<lb/>
um deswillen ich Sie in&#x2019;s Theater &#x017F;chickte. Das i&#x017F;t<lb/>
ja Er! Er &#x017F;elb&#x017F;t!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer, er &#x017F;elb&#x017F;t? Nun ver&#x017F;teh&#x2019; ich Sie noch<lb/>
weniger, als vorhin.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Men&#x017F;ch! Kun&#x017F;treiter! Violin&#x017F;pieler! Pferd!<lb/>
Pferdekopf, der Sie &#x017F;ind! Haben Sie einen Komo&#x0364;dien-<lb/>
Zettel? &#x2014; Kellner, den Komo&#x0364;dien-Zettel von heute!<lb/>
&#x2014; Hier, da legen Sie den Finger hin. Da le&#x017F;en<lb/>
Sie, was &#x017F;teht hier?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Schewa, ein alter Jude!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Gut. Und in der gegenu&#x0364;ber&#x017F;tehenden Kolumne?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Herr Devrient!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nun, al&#x017F;o!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie denn, al&#x017F;o? Was hat der alte Jude mit<lb/>
dem &#x017F;cho&#x0364;nen jungen &#x017F;chwarzhaarigen Manne zu thun?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nichts weiter, als daß er es &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie wollen u&#x0364;ber mich &#x017F;potten; u&#x0364;ber meine Leicht-<lb/>
gla&#x0364;ubigkeit. Das i&#x017F;t ja rein unmo&#x0364;glich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Arzt vergaß, daß er &#x017F;einem Ga&#x017F;te anempfoh-<lb/>
len, &#x017F;ich zu &#x017F;tellen, als ver&#x017F;ta&#x0364;nde er nur Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch &#x2014;<lb/>
(wahr&#x017F;cheinlich damit &#x017F;eine Gegenwart die Unge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0079] Theuerſter, ſind Sie denn noch einmal auf den Kopf gefallen und diesmal gar auf die Stirn? Das iſt ja Der, um deswillen ich Sie uͤberhaupt hierher fuͤhrte; um deswillen ich Sie in’s Theater ſchickte. Das iſt ja Er! Er ſelbſt! „Wer, er ſelbſt? Nun verſteh’ ich Sie noch weniger, als vorhin.“ Menſch! Kunſtreiter! Violinſpieler! Pferd! Pferdekopf, der Sie ſind! Haben Sie einen Komoͤdien- Zettel? — Kellner, den Komoͤdien-Zettel von heute! — Hier, da legen Sie den Finger hin. Da leſen Sie, was ſteht hier? „Schewa, ein alter Jude!“ Gut. Und in der gegenuͤberſtehenden Kolumne? „Herr Devrient!“ Nun, alſo! „Wie denn, alſo? Was hat der alte Jude mit dem ſchoͤnen jungen ſchwarzhaarigen Manne zu thun?“ Nichts weiter, als daß er es ſelbſt iſt. „Sie wollen uͤber mich ſpotten; uͤber meine Leicht- glaͤubigkeit. Das iſt ja rein unmoͤglich.“ Der Arzt vergaß, daß er ſeinem Gaſte anempfoh- len, ſich zu ſtellen, als verſtaͤnde er nur Franzoͤſiſch — (wahrſcheinlich damit ſeine Gegenwart die Unge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/79
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/79>, abgerufen am 22.05.2024.