Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Er wanderte von den Bergen der Ebene zu.

Gegen Mittag kehrte er in einem Wirthshause
ein, um Speise und Trank zu nehmen, ohne sich auf-
zuhalten.

Nachmittags schlug das Wetter um, wurde wei-
cher, die Sonne ging in weißlich-grauen Wolken
unter, die sie scheidend röthete. Schnee fiel in sanften
Flocken.

Um fünf Uhr Abends gelangte Anton zu einem
offenen Städtchen, welches fast nur aus einer Gasse
bestand.

Jn allen Häusern und Häuschen sah man Kerzen
auf Weihnachtsbäumen.

Er zog abermals weiter. Wo hätt' er auch rasten
sollen? Für ihn grünte kein Weihnachtsbaum, für ihn
brannte keine Kerze.

Ein kurzes Stück Weges hinter dem Landstädt-
chen erhob sich dicker, dichter Wald, den Waldungen
um Liebenau ähnlich: meist Nadelhölzer; alte, schöne
Bäume, von Schnee und Eiszapfen geziert.

Der Himmel wurde wieder blau, die Luft rein;
die Sterne blitzten und glänzten. Die Eiszapfen an
den Bäumen flimmerten.

Der ganze große Wald trug ein weißes Kleid.

Er wanderte von den Bergen der Ebene zu.

Gegen Mittag kehrte er in einem Wirthshauſe
ein, um Speiſe und Trank zu nehmen, ohne ſich auf-
zuhalten.

Nachmittags ſchlug das Wetter um, wurde wei-
cher, die Sonne ging in weißlich-grauen Wolken
unter, die ſie ſcheidend roͤthete. Schnee fiel in ſanften
Flocken.

Um fuͤnf Uhr Abends gelangte Anton zu einem
offenen Staͤdtchen, welches faſt nur aus einer Gaſſe
beſtand.

Jn allen Haͤuſern und Haͤuschen ſah man Kerzen
auf Weihnachtsbaͤumen.

Er zog abermals weiter. Wo haͤtt’ er auch raſten
ſollen? Fuͤr ihn gruͤnte kein Weihnachtsbaum, fuͤr ihn
brannte keine Kerze.

Ein kurzes Stuͤck Weges hinter dem Landſtaͤdt-
chen erhob ſich dicker, dichter Wald, den Waldungen
um Liebenau aͤhnlich: meiſt Nadelhoͤlzer; alte, ſchoͤne
Baͤume, von Schnee und Eiszapfen geziert.

Der Himmel wurde wieder blau, die Luft rein;
die Sterne blitzten und glaͤnzten. Die Eiszapfen an
den Baͤumen flimmerten.

Der ganze große Wald trug ein weißes Kleid.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0137" n="133"/>
        <p>Er wanderte von den Bergen der Ebene zu.</p><lb/>
        <p>Gegen Mittag kehrte er in einem Wirthshau&#x017F;e<lb/>
ein, um Spei&#x017F;e und Trank zu nehmen, ohne &#x017F;ich auf-<lb/>
zuhalten.</p><lb/>
        <p>Nachmittags &#x017F;chlug das Wetter um, wurde wei-<lb/>
cher, die Sonne ging in weißlich-grauen Wolken<lb/>
unter, die &#x017F;ie &#x017F;cheidend ro&#x0364;thete. Schnee fiel in &#x017F;anften<lb/>
Flocken.</p><lb/>
        <p>Um fu&#x0364;nf Uhr Abends gelangte Anton zu einem<lb/>
offenen Sta&#x0364;dtchen, welches fa&#x017F;t nur aus einer Ga&#x017F;&#x017F;e<lb/>
be&#x017F;tand.</p><lb/>
        <p>Jn allen Ha&#x0364;u&#x017F;ern und Ha&#x0364;uschen &#x017F;ah man Kerzen<lb/>
auf Weihnachtsba&#x0364;umen.</p><lb/>
        <p>Er zog abermals weiter. Wo ha&#x0364;tt&#x2019; er auch ra&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;ollen? Fu&#x0364;r ihn gru&#x0364;nte kein Weihnachtsbaum, fu&#x0364;r ihn<lb/>
brannte keine Kerze.</p><lb/>
        <p>Ein kurzes Stu&#x0364;ck Weges hinter dem Land&#x017F;ta&#x0364;dt-<lb/>
chen erhob &#x017F;ich dicker, dichter Wald, den Waldungen<lb/>
um Liebenau a&#x0364;hnlich: mei&#x017F;t Nadelho&#x0364;lzer; alte, &#x017F;cho&#x0364;ne<lb/>
Ba&#x0364;ume, von Schnee und Eiszapfen geziert.</p><lb/>
        <p>Der Himmel wurde wieder blau, die Luft rein;<lb/>
die Sterne blitzten und gla&#x0364;nzten. Die Eiszapfen an<lb/>
den Ba&#x0364;umen flimmerten.</p><lb/>
        <p>Der ganze große Wald trug ein weißes Kleid.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0137] Er wanderte von den Bergen der Ebene zu. Gegen Mittag kehrte er in einem Wirthshauſe ein, um Speiſe und Trank zu nehmen, ohne ſich auf- zuhalten. Nachmittags ſchlug das Wetter um, wurde wei- cher, die Sonne ging in weißlich-grauen Wolken unter, die ſie ſcheidend roͤthete. Schnee fiel in ſanften Flocken. Um fuͤnf Uhr Abends gelangte Anton zu einem offenen Staͤdtchen, welches faſt nur aus einer Gaſſe beſtand. Jn allen Haͤuſern und Haͤuschen ſah man Kerzen auf Weihnachtsbaͤumen. Er zog abermals weiter. Wo haͤtt’ er auch raſten ſollen? Fuͤr ihn gruͤnte kein Weihnachtsbaum, fuͤr ihn brannte keine Kerze. Ein kurzes Stuͤck Weges hinter dem Landſtaͤdt- chen erhob ſich dicker, dichter Wald, den Waldungen um Liebenau aͤhnlich: meiſt Nadelhoͤlzer; alte, ſchoͤne Baͤume, von Schnee und Eiszapfen geziert. Der Himmel wurde wieder blau, die Luft rein; die Sterne blitzten und glaͤnzten. Die Eiszapfen an den Baͤumen flimmerten. Der ganze große Wald trug ein weißes Kleid.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/137
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/137>, abgerufen am 04.12.2024.