Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

die jungen Damen ihrem alten, wunderlichen Lehrer
ein außerordentliches Geschenk, welches mit dem
stipulirten, höchst mäßigen Stundengelde nichts ge-
mein haben und dem dürftigen Manne eine unver-
hoffte Freude machen sollte. Nachdem sie sich dieser
angenehmen Pflicht mit den regelrechtesten Knixen,
wie Mirabel ihnen dieselben scheltend beigebracht,
zierlich entlediget, steckten sie alle acht die Köpfe
zusammen, debattirten, näherten sich dann den sieben
Müttern, flüsterten abermals, wobei man immer nur
die Worte: "nein, ich nicht; durchaus nicht!" ver-
nahm, bis sich diese einzelnen Verneinungen plötzlich
zu einer allgemeinen Bejahung gestalteten, welche
laut und deutlich ertönte: "ja, ja, Hedwig!"

Anton hatte schon die Thüre in der Hand, sich zu
empfehlen. Da holten ihn die Mädchen zurück. Sie-
ben Hände faßten seine Arme, seinen Rock, mit jugend-
licher Lustigkeit, und sie geleiteten ihn, wie in einem
erzwungenen Triumphe, zum Halbkreise der sieben
Mütter, vor welchem Hedwig, ein in Papier gehüll-
tes Paketchen in zitternden Händen haltend, sehr ver-
legen und ängstlich stand.

"Wir wollen Jhnen danken -- für Jhre Mühe...
und wir wünschen, daß diese Uhr Jhnen unterhalten-

die jungen Damen ihrem alten, wunderlichen Lehrer
ein außerordentliches Geſchenk, welches mit dem
ſtipulirten, hoͤchſt maͤßigen Stundengelde nichts ge-
mein haben und dem duͤrftigen Manne eine unver-
hoffte Freude machen ſollte. Nachdem ſie ſich dieſer
angenehmen Pflicht mit den regelrechteſten Knixen,
wie Mirabel ihnen dieſelben ſcheltend beigebracht,
zierlich entlediget, ſteckten ſie alle acht die Koͤpfe
zuſammen, debattirten, naͤherten ſich dann den ſieben
Muͤttern, fluͤſterten abermals, wobei man immer nur
die Worte: „nein, ich nicht; durchaus nicht!“ ver-
nahm, bis ſich dieſe einzelnen Verneinungen ploͤtzlich
zu einer allgemeinen Bejahung geſtalteten, welche
laut und deutlich ertoͤnte: „ja, ja, Hedwig!“

Anton hatte ſchon die Thuͤre in der Hand, ſich zu
empfehlen. Da holten ihn die Maͤdchen zuruͤck. Sie-
ben Haͤnde faßten ſeine Arme, ſeinen Rock, mit jugend-
licher Luſtigkeit, und ſie geleiteten ihn, wie in einem
erzwungenen Triumphe, zum Halbkreiſe der ſieben
Muͤtter, vor welchem Hedwig, ein in Papier gehuͤll-
tes Paketchen in zitternden Haͤnden haltend, ſehr ver-
legen und aͤngſtlich ſtand.

„Wir wollen Jhnen danken — fuͤr Jhre Muͤhe...
und wir wuͤnſchen, daß dieſe Uhr Jhnen unterhalten-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0156" n="152"/>
die jungen Damen ihrem alten, wunderlichen Lehrer<lb/>
ein außerordentliches Ge&#x017F;chenk, welches mit dem<lb/>
&#x017F;tipulirten, ho&#x0364;ch&#x017F;t ma&#x0364;ßigen Stundengelde nichts ge-<lb/>
mein haben und dem du&#x0364;rftigen Manne eine unver-<lb/>
hoffte Freude machen &#x017F;ollte. Nachdem &#x017F;ie &#x017F;ich die&#x017F;er<lb/>
angenehmen Pflicht mit den regelrechte&#x017F;ten Knixen,<lb/>
wie Mirabel ihnen die&#x017F;elben &#x017F;cheltend beigebracht,<lb/>
zierlich entlediget, &#x017F;teckten &#x017F;ie alle acht die Ko&#x0364;pfe<lb/>
zu&#x017F;ammen, debattirten, na&#x0364;herten &#x017F;ich dann den &#x017F;ieben<lb/>
Mu&#x0364;ttern, flu&#x0364;&#x017F;terten abermals, wobei man immer nur<lb/>
die Worte: &#x201E;nein, ich nicht; durchaus nicht!&#x201C; ver-<lb/>
nahm, bis &#x017F;ich die&#x017F;e einzelnen Verneinungen plo&#x0364;tzlich<lb/>
zu einer allgemeinen Bejahung ge&#x017F;talteten, welche<lb/>
laut und deutlich erto&#x0364;nte: &#x201E;ja, ja, Hedwig!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Anton hatte &#x017F;chon die Thu&#x0364;re in der Hand, &#x017F;ich zu<lb/>
empfehlen. Da holten ihn die Ma&#x0364;dchen zuru&#x0364;ck. Sie-<lb/>
ben Ha&#x0364;nde faßten &#x017F;eine Arme, &#x017F;einen Rock, mit jugend-<lb/>
licher Lu&#x017F;tigkeit, und &#x017F;ie geleiteten ihn, wie in einem<lb/>
erzwungenen Triumphe, zum Halbkrei&#x017F;e der &#x017F;ieben<lb/>
Mu&#x0364;tter, vor welchem Hedwig, ein in Papier gehu&#x0364;ll-<lb/>
tes Paketchen in zitternden Ha&#x0364;nden haltend, &#x017F;ehr ver-<lb/>
legen und a&#x0364;ng&#x017F;tlich &#x017F;tand.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir wollen Jhnen danken &#x2014; fu&#x0364;r Jhre Mu&#x0364;he...<lb/>
und wir wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß die&#x017F;e Uhr Jhnen unterhalten-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0156] die jungen Damen ihrem alten, wunderlichen Lehrer ein außerordentliches Geſchenk, welches mit dem ſtipulirten, hoͤchſt maͤßigen Stundengelde nichts ge- mein haben und dem duͤrftigen Manne eine unver- hoffte Freude machen ſollte. Nachdem ſie ſich dieſer angenehmen Pflicht mit den regelrechteſten Knixen, wie Mirabel ihnen dieſelben ſcheltend beigebracht, zierlich entlediget, ſteckten ſie alle acht die Koͤpfe zuſammen, debattirten, naͤherten ſich dann den ſieben Muͤttern, fluͤſterten abermals, wobei man immer nur die Worte: „nein, ich nicht; durchaus nicht!“ ver- nahm, bis ſich dieſe einzelnen Verneinungen ploͤtzlich zu einer allgemeinen Bejahung geſtalteten, welche laut und deutlich ertoͤnte: „ja, ja, Hedwig!“ Anton hatte ſchon die Thuͤre in der Hand, ſich zu empfehlen. Da holten ihn die Maͤdchen zuruͤck. Sie- ben Haͤnde faßten ſeine Arme, ſeinen Rock, mit jugend- licher Luſtigkeit, und ſie geleiteten ihn, wie in einem erzwungenen Triumphe, zum Halbkreiſe der ſieben Muͤtter, vor welchem Hedwig, ein in Papier gehuͤll- tes Paketchen in zitternden Haͤnden haltend, ſehr ver- legen und aͤngſtlich ſtand. „Wir wollen Jhnen danken — fuͤr Jhre Muͤhe... und wir wuͤnſchen, daß dieſe Uhr Jhnen unterhalten-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/156
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/156>, abgerufen am 04.12.2024.