mehr sehen. Seine Pläne löseten sich in Rauch auf. Er entdeckte nun gar nicht erst seiner Gönnerin, daß er im Sinne gehabt, den Winter über als Tanzleh- rer in E. zu verleben; er empfahl sich ihr und schied für immer. Meinte auch E. an selbigem Tage zu verlassen! Doch mit Nichten.
Er ging, nur an Hedwigs Abreise denkend, nie- dergeschlagen und entmuthigt durch die Gassen -- da fiel sein Blick auf den an der Ecke eines Hauses klebenden Anschlagezettel, welcher die Darstellung einer "Genoveva, Pfalzgräfin in Trier" verkündigte. Dieser Anblick brachte das Gefühl in ihm hervor, wie wenn man bei'm Aufräumen in irgend einem alten Kasten irgend ein altes Spielwerk aus der Kinderzeit findet und dadurch an unzählige Begebenheiten erin- nert wird, die längst vergessen und begraben, mit wehmüthigem Lächeln wieder auferstehen, uns geister- haft zu begrüßen. Bei näherer Betrachtung sah er, daß die Vorstellung der Genoveva gestern statt gefun- den. Auch war es ein Puppentheater. An der näch- sten Straßenecke fand er den heutigen Zettel. Dieser verkündigte das Schauspiel: "Der verlorene Sohn." Obwohl er sich von einem Puppenspiele nicht viel versprach, beschloß er dennoch, den verlorenen Sohn
mehr ſehen. Seine Plaͤne loͤſeten ſich in Rauch auf. Er entdeckte nun gar nicht erſt ſeiner Goͤnnerin, daß er im Sinne gehabt, den Winter uͤber als Tanzleh- rer in E. zu verleben; er empfahl ſich ihr und ſchied fuͤr immer. Meinte auch E. an ſelbigem Tage zu verlaſſen! Doch mit Nichten.
Er ging, nur an Hedwigs Abreiſe denkend, nie- dergeſchlagen und entmuthigt durch die Gaſſen — da fiel ſein Blick auf den an der Ecke eines Hauſes klebenden Anſchlagezettel, welcher die Darſtellung einer „Genoveva, Pfalzgraͤfin in Trier“ verkuͤndigte. Dieſer Anblick brachte das Gefuͤhl in ihm hervor, wie wenn man bei’m Aufraͤumen in irgend einem alten Kaſten irgend ein altes Spielwerk aus der Kinderzeit findet und dadurch an unzaͤhlige Begebenheiten erin- nert wird, die laͤngſt vergeſſen und begraben, mit wehmuͤthigem Laͤcheln wieder auferſtehen, uns geiſter- haft zu begruͤßen. Bei naͤherer Betrachtung ſah er, daß die Vorſtellung der Genoveva geſtern ſtatt gefun- den. Auch war es ein Puppentheater. An der naͤch- ſten Straßenecke fand er den heutigen Zettel. Dieſer verkuͤndigte das Schauſpiel: „Der verlorene Sohn.“ Obwohl er ſich von einem Puppenſpiele nicht viel verſprach, beſchloß er dennoch, den verlorenen Sohn
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mehr ſehen. Seine Plaͤne loͤſeten ſich in Rauch auf.
Er entdeckte nun gar nicht erſt ſeiner Goͤnnerin, daß
er im Sinne gehabt, den Winter uͤber als Tanzleh-
rer in E. zu verleben; er empfahl ſich ihr und ſchied
fuͤr immer. Meinte auch E. an ſelbigem Tage zu
verlaſſen! Doch mit Nichten.
Er ging, nur an Hedwigs Abreiſe denkend, nie-
dergeſchlagen und entmuthigt durch die Gaſſen —
da fiel ſein Blick auf den an der Ecke eines Hauſes
klebenden Anſchlagezettel, welcher die Darſtellung
einer „Genoveva, Pfalzgraͤfin in Trier“ verkuͤndigte.
Dieſer Anblick brachte das Gefuͤhl in ihm hervor, wie
wenn man bei’m Aufraͤumen in irgend einem alten
Kaſten irgend ein altes Spielwerk aus der Kinderzeit
findet und dadurch an unzaͤhlige Begebenheiten erin-
nert wird, die laͤngſt vergeſſen und begraben, mit
wehmuͤthigem Laͤcheln wieder auferſtehen, uns geiſter-
haft zu begruͤßen. Bei naͤherer Betrachtung ſah er,
daß die Vorſtellung der Genoveva geſtern ſtatt gefun-
den. Auch war es ein Puppentheater. An der naͤch-
ſten Straßenecke fand er den heutigen Zettel. Dieſer
verkuͤndigte das Schauſpiel: „Der verlorene Sohn.“
Obwohl er ſich von einem Puppenſpiele nicht viel
verſprach, beſchloß er dennoch, den verlorenen Sohn
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/173>, abgerufen am 19.05.2024.
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