men zu werden. Mit diesem Wunsche ging er schla- fen, wie mit einem Spielwerk, welches dem Kinde mit in's Bett gegeben wird und über Nacht war dem großen Kinde der Wunsch an und in das Herz gewach- sen. Als Anton erwachte, mußte er sich verwundern über seinen innern Zustand; er vermochte nicht, sich Rechenschaft darüber zu geben; -- aber eben so wenig vermochte er ihn zu ändern. Jhn zog das Puppen- spiel mit seinen poetisch-räthselhaften, wie kindisch- albernen Mysterien mächtig an; ihm war zu Sinne, als winke ihm, dem Heimathlosen, im Halbdunkel jener buntbemalten Leinwandstreifen eine Heimath; als wären die kleinen, an Dräthen schwebenden Zerr- gebilde lebendige Geschöpfe, die ihm entgegenriefen: komm', Bruder, spiele mit uns, wir sind Deine Geschwister; leih' uns Wort und Hand, wir führen Dich zur Mutter nach Hause!
Unerforschlicher Zauber der Phantasie, wenn kaum verstandene, dunkle Ahnungen aus dem Herzen auf- steigen, den zweifelnden Verstand irre zu machen, daß er sich endlich gefangen giebt und glauben lernt an -- er weiß selbst nicht was!? So glaubte Anton, es würde eine angestrengte Beschäftigung als Puppen- spieler die Leere ausfüllen können, die ihn quälte. Jn
men zu werden. Mit dieſem Wunſche ging er ſchla- fen, wie mit einem Spielwerk, welches dem Kinde mit in’s Bett gegeben wird und uͤber Nacht war dem großen Kinde der Wunſch an und in das Herz gewach- ſen. Als Anton erwachte, mußte er ſich verwundern uͤber ſeinen innern Zuſtand; er vermochte nicht, ſich Rechenſchaft daruͤber zu geben; — aber eben ſo wenig vermochte er ihn zu aͤndern. Jhn zog das Puppen- ſpiel mit ſeinen poetiſch-raͤthſelhaften, wie kindiſch- albernen Myſterien maͤchtig an; ihm war zu Sinne, als winke ihm, dem Heimathloſen, im Halbdunkel jener buntbemalten Leinwandſtreifen eine Heimath; als waͤren die kleinen, an Draͤthen ſchwebenden Zerr- gebilde lebendige Geſchoͤpfe, die ihm entgegenriefen: komm’, Bruder, ſpiele mit uns, wir ſind Deine Geſchwiſter; leih’ uns Wort und Hand, wir fuͤhren Dich zur Mutter nach Hauſe!
Unerforſchlicher Zauber der Phantaſie, wenn kaum verſtandene, dunkle Ahnungen aus dem Herzen auf- ſteigen, den zweifelnden Verſtand irre zu machen, daß er ſich endlich gefangen giebt und glauben lernt an — er weiß ſelbſt nicht was!? So glaubte Anton, es wuͤrde eine angeſtrengte Beſchaͤftigung als Puppen- ſpieler die Leere ausfuͤllen koͤnnen, die ihn quaͤlte. Jn
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men zu werden. Mit dieſem Wunſche ging er ſchla-
fen, wie mit einem Spielwerk, welches dem Kinde
mit in’s Bett gegeben wird und uͤber Nacht war dem
großen Kinde der Wunſch an und in das Herz gewach-
ſen. Als Anton erwachte, mußte er ſich verwundern
uͤber ſeinen innern Zuſtand; er vermochte nicht, ſich
Rechenſchaft daruͤber zu geben; — aber eben ſo wenig
vermochte er ihn zu aͤndern. Jhn zog das Puppen-
ſpiel mit ſeinen poetiſch-raͤthſelhaften, wie kindiſch-
albernen Myſterien maͤchtig an; ihm war zu Sinne,
als winke ihm, dem Heimathloſen, im Halbdunkel
jener buntbemalten Leinwandſtreifen eine Heimath;
als waͤren die kleinen, an Draͤthen ſchwebenden Zerr-
gebilde lebendige Geſchoͤpfe, die ihm entgegenriefen:
komm’, Bruder, ſpiele mit uns, wir ſind Deine
Geſchwiſter; leih’ uns Wort und Hand, wir fuͤhren
Dich zur Mutter nach Hauſe!
Unerforſchlicher Zauber der Phantaſie, wenn kaum
verſtandene, dunkle Ahnungen aus dem Herzen auf-
ſteigen, den zweifelnden Verſtand irre zu machen, daß
er ſich endlich gefangen giebt und glauben lernt an —
er weiß ſelbſt nicht was!? So glaubte Anton, es
wuͤrde eine angeſtrengte Beſchaͤftigung als Puppen-
ſpieler die Leere ausfuͤllen koͤnnen, die ihn quaͤlte. Jn
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/188>, abgerufen am 19.05.2024.
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