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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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men zu werden. Mit diesem Wunsche ging er schla-
fen, wie mit einem Spielwerk, welches dem Kinde
mit in's Bett gegeben wird und über Nacht war dem
großen Kinde der Wunsch an und in das Herz gewach-
sen. Als Anton erwachte, mußte er sich verwundern
über seinen innern Zustand; er vermochte nicht, sich
Rechenschaft darüber zu geben; -- aber eben so wenig
vermochte er ihn zu ändern. Jhn zog das Puppen-
spiel mit seinen poetisch-räthselhaften, wie kindisch-
albernen Mysterien mächtig an; ihm war zu Sinne,
als winke ihm, dem Heimathlosen, im Halbdunkel
jener buntbemalten Leinwandstreifen eine Heimath;
als wären die kleinen, an Dräthen schwebenden Zerr-
gebilde lebendige Geschöpfe, die ihm entgegenriefen:
komm', Bruder, spiele mit uns, wir sind Deine
Geschwister; leih' uns Wort und Hand, wir führen
Dich zur Mutter nach Hause!

Unerforschlicher Zauber der Phantasie, wenn kaum
verstandene, dunkle Ahnungen aus dem Herzen auf-
steigen, den zweifelnden Verstand irre zu machen, daß
er sich endlich gefangen giebt und glauben lernt an --
er weiß selbst nicht was!? So glaubte Anton, es
würde eine angestrengte Beschäftigung als Puppen-
spieler die Leere ausfüllen können, die ihn quälte. Jn

men zu werden. Mit dieſem Wunſche ging er ſchla-
fen, wie mit einem Spielwerk, welches dem Kinde
mit in’s Bett gegeben wird und uͤber Nacht war dem
großen Kinde der Wunſch an und in das Herz gewach-
ſen. Als Anton erwachte, mußte er ſich verwundern
uͤber ſeinen innern Zuſtand; er vermochte nicht, ſich
Rechenſchaft daruͤber zu geben; — aber eben ſo wenig
vermochte er ihn zu aͤndern. Jhn zog das Puppen-
ſpiel mit ſeinen poetiſch-raͤthſelhaften, wie kindiſch-
albernen Myſterien maͤchtig an; ihm war zu Sinne,
als winke ihm, dem Heimathloſen, im Halbdunkel
jener buntbemalten Leinwandſtreifen eine Heimath;
als waͤren die kleinen, an Draͤthen ſchwebenden Zerr-
gebilde lebendige Geſchoͤpfe, die ihm entgegenriefen:
komm’, Bruder, ſpiele mit uns, wir ſind Deine
Geſchwiſter; leih’ uns Wort und Hand, wir fuͤhren
Dich zur Mutter nach Hauſe!

Unerforſchlicher Zauber der Phantaſie, wenn kaum
verſtandene, dunkle Ahnungen aus dem Herzen auf-
ſteigen, den zweifelnden Verſtand irre zu machen, daß
er ſich endlich gefangen giebt und glauben lernt an —
er weiß ſelbſt nicht was!? So glaubte Anton, es
wuͤrde eine angeſtrengte Beſchaͤftigung als Puppen-
ſpieler die Leere ausfuͤllen koͤnnen, die ihn quaͤlte. Jn

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[184/0188] men zu werden. Mit dieſem Wunſche ging er ſchla- fen, wie mit einem Spielwerk, welches dem Kinde mit in’s Bett gegeben wird und uͤber Nacht war dem großen Kinde der Wunſch an und in das Herz gewach- ſen. Als Anton erwachte, mußte er ſich verwundern uͤber ſeinen innern Zuſtand; er vermochte nicht, ſich Rechenſchaft daruͤber zu geben; — aber eben ſo wenig vermochte er ihn zu aͤndern. Jhn zog das Puppen- ſpiel mit ſeinen poetiſch-raͤthſelhaften, wie kindiſch- albernen Myſterien maͤchtig an; ihm war zu Sinne, als winke ihm, dem Heimathloſen, im Halbdunkel jener buntbemalten Leinwandſtreifen eine Heimath; als waͤren die kleinen, an Draͤthen ſchwebenden Zerr- gebilde lebendige Geſchoͤpfe, die ihm entgegenriefen: komm’, Bruder, ſpiele mit uns, wir ſind Deine Geſchwiſter; leih’ uns Wort und Hand, wir fuͤhren Dich zur Mutter nach Hauſe! Unerforſchlicher Zauber der Phantaſie, wenn kaum verſtandene, dunkle Ahnungen aus dem Herzen auf- ſteigen, den zweifelnden Verſtand irre zu machen, daß er ſich endlich gefangen giebt und glauben lernt an — er weiß ſelbſt nicht was!? So glaubte Anton, es wuͤrde eine angeſtrengte Beſchaͤftigung als Puppen- ſpieler die Leere ausfuͤllen koͤnnen, die ihn quaͤlte. Jn

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/188>, abgerufen am 04.12.2024.