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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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und ihr Beide müßt Eure Sache mit einander abma-
chen." Wie sie dies gesagt, ließ sie sich vom Haus-
hofmeister einen Sessel zuschieben, und in diesem Platz
nehmend, wendete sie sich an mich, indem sie auf den
grauköpfigen Mann deutete: "vor ihm haben wir
kein Geheimniß, er gehört zum Hause; hat schon mei-
nem seligen Vater gedient."

Guido's Niedergeschlagenheit war so traurig
anzusehen, daß ich dabei fast meines eigenen Elendes
vergaß und nur Mitleid empfand für ihn. Jch machte
ihm also gar keine Vorwürfe, sondern fragte nur,
warum er mich bei seinen Eltern in ein falsches Licht
gestellt, und die Reinheit meiner Liebe für ihn durch
unbegründeten Argwohn niedrigen Eigennutzes befleckt
habe?

Das war niederträchtig von mir, gab er zur Ant-
wort, und ich schäme mich meiner feigen Lüge. Recht-
fertigen kann ich mich nicht, aber ich will jetzt wenig-
stens die Wahrheit eingestehen. Seitdem ich mich
von Dir getrennt, habe ich erfahren, daß meine
Empfindung für Dich nichts Anderes gewesen ist, als
jugendliche Täuschung der Sinne; ich habe jetzt erst
die wahre Liebe in ihrem ganzen Umfange kennen
gelernt. Die junge Dame, welche ich mit Bewilli-

und ihr Beide muͤßt Eure Sache mit einander abma-
chen.“ Wie ſie dies geſagt, ließ ſie ſich vom Haus-
hofmeiſter einen Seſſel zuſchieben, und in dieſem Platz
nehmend, wendete ſie ſich an mich, indem ſie auf den
graukoͤpfigen Mann deutete: „vor ihm haben wir
kein Geheimniß, er gehoͤrt zum Hauſe; hat ſchon mei-
nem ſeligen Vater gedient.“

Guido’s Niedergeſchlagenheit war ſo traurig
anzuſehen, daß ich dabei faſt meines eigenen Elendes
vergaß und nur Mitleid empfand fuͤr ihn. Jch machte
ihm alſo gar keine Vorwuͤrfe, ſondern fragte nur,
warum er mich bei ſeinen Eltern in ein falſches Licht
geſtellt, und die Reinheit meiner Liebe fuͤr ihn durch
unbegruͤndeten Argwohn niedrigen Eigennutzes befleckt
habe?

Das war niedertraͤchtig von mir, gab er zur Ant-
wort, und ich ſchaͤme mich meiner feigen Luͤge. Recht-
fertigen kann ich mich nicht, aber ich will jetzt wenig-
ſtens die Wahrheit eingeſtehen. Seitdem ich mich
von Dir getrennt, habe ich erfahren, daß meine
Empfindung fuͤr Dich nichts Anderes geweſen iſt, als
jugendliche Taͤuſchung der Sinne; ich habe jetzt erſt
die wahre Liebe in ihrem ganzen Umfange kennen
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[232/0236] und ihr Beide muͤßt Eure Sache mit einander abma- chen.“ Wie ſie dies geſagt, ließ ſie ſich vom Haus- hofmeiſter einen Seſſel zuſchieben, und in dieſem Platz nehmend, wendete ſie ſich an mich, indem ſie auf den graukoͤpfigen Mann deutete: „vor ihm haben wir kein Geheimniß, er gehoͤrt zum Hauſe; hat ſchon mei- nem ſeligen Vater gedient.“ Guido’s Niedergeſchlagenheit war ſo traurig anzuſehen, daß ich dabei faſt meines eigenen Elendes vergaß und nur Mitleid empfand fuͤr ihn. Jch machte ihm alſo gar keine Vorwuͤrfe, ſondern fragte nur, warum er mich bei ſeinen Eltern in ein falſches Licht geſtellt, und die Reinheit meiner Liebe fuͤr ihn durch unbegruͤndeten Argwohn niedrigen Eigennutzes befleckt habe? Das war niedertraͤchtig von mir, gab er zur Ant- wort, und ich ſchaͤme mich meiner feigen Luͤge. Recht- fertigen kann ich mich nicht, aber ich will jetzt wenig- ſtens die Wahrheit eingeſtehen. Seitdem ich mich von Dir getrennt, habe ich erfahren, daß meine Empfindung fuͤr Dich nichts Anderes geweſen iſt, als jugendliche Taͤuſchung der Sinne; ich habe jetzt erſt die wahre Liebe in ihrem ganzen Umfange kennen gelernt. Die junge Dame, welche ich mit Bewilli-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/236>, abgerufen am 04.12.2024.