Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Anfängern vereinigte, um zu erproben, ob italienische
Gesangs-Methode und Sprache Reiz genug üben
würde, diesem zusammengestoppelten Vereine in
mittleren und kleineren Städten Deutschland's bei-
fällige Geltung, ihm aber Einnahmen zu verschaffen!
An dem Morgen desselben Tages wo Anton seinem
Liebenauer Gutsherren Theodor van der Helfft die
letzte Ehre erwiesen, war Signora Carina abgereiset
und zwar mit der Kurier-Post, weil sie vertrags-
mäßig zur bestimmten Stunde in Wien eintreffen
mußte, wo der wandernde Jmpresario sammt übrigem
Personale sie zur gemeinsamen Weiterreise erwartete.

Wie Anton diese niederschlagende Kunde ver-
nahm, war sein Erstes, der Ersehnten eben so rasch
nacheilen zu wollen! Doch mußt' es wohl beim
Wollen verbleiben, denn seine Kasse fand sich leer:
ihn allein, seine Armuth hatten die mannigfachen,
durch ächt italienische Prellereien erzwungenen Neben-
Ausgaben für Theodor's Beerdigung getroffen. Das
Gericht, welches ein Jnventar der noch vorhandenen,
nicht gestohlenen Effekten entworfen, die Theodor's
Hinterlassenschaft bildeten, verstand sich zu keinem
Zuschusse für "unnütze Dinge;" vielmehr schienen die
subalternen Beamten, die in dieser Sache walteten,

Anfaͤngern vereinigte, um zu erproben, ob italieniſche
Geſangs-Methode und Sprache Reiz genug uͤben
wuͤrde, dieſem zuſammengeſtoppelten Vereine in
mittleren und kleineren Staͤdten Deutſchland’s bei-
faͤllige Geltung, ihm aber Einnahmen zu verſchaffen!
An dem Morgen deſſelben Tages wo Anton ſeinem
Liebenauer Gutsherren Theodor van der Helfft die
letzte Ehre erwieſen, war Signora Carina abgereiſet
und zwar mit der Kurier-Poſt, weil ſie vertrags-
maͤßig zur beſtimmten Stunde in Wien eintreffen
mußte, wo der wandernde Jmpreſario ſammt uͤbrigem
Perſonale ſie zur gemeinſamen Weiterreiſe erwartete.

Wie Anton dieſe niederſchlagende Kunde ver-
nahm, war ſein Erſtes, der Erſehnten eben ſo raſch
nacheilen zu wollen! Doch mußt’ es wohl beim
Wollen verbleiben, denn ſeine Kaſſe fand ſich leer:
ihn allein, ſeine Armuth hatten die mannigfachen,
durch aͤcht italieniſche Prellereien erzwungenen Neben-
Ausgaben fuͤr Theodor’s Beerdigung getroffen. Das
Gericht, welches ein Jnventar der noch vorhandenen,
nicht geſtohlenen Effekten entworfen, die Theodor’s
Hinterlaſſenſchaft bildeten, verſtand ſich zu keinem
Zuſchuſſe fuͤr „unnuͤtze Dinge;“ vielmehr ſchienen die
ſubalternen Beamten, die in dieſer Sache walteten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0060" n="56"/>
Anfa&#x0364;ngern vereinigte, um zu erproben, ob italieni&#x017F;che<lb/>
Ge&#x017F;angs-Methode und Sprache Reiz genug u&#x0364;ben<lb/>
wu&#x0364;rde, die&#x017F;em zu&#x017F;ammenge&#x017F;toppelten Vereine in<lb/>
mittleren und kleineren Sta&#x0364;dten Deut&#x017F;chland&#x2019;s bei-<lb/>
fa&#x0364;llige Geltung, ihm aber Einnahmen zu ver&#x017F;chaffen!<lb/>
An dem Morgen de&#x017F;&#x017F;elben Tages wo Anton &#x017F;einem<lb/>
Liebenauer Gutsherren Theodor van der Helfft die<lb/>
letzte Ehre erwie&#x017F;en, war Signora Carina abgerei&#x017F;et<lb/>
und zwar mit der Kurier-Po&#x017F;t, weil &#x017F;ie vertrags-<lb/>
ma&#x0364;ßig zur be&#x017F;timmten Stunde in Wien eintreffen<lb/>
mußte, wo der wandernde Jmpre&#x017F;ario &#x017F;ammt u&#x0364;brigem<lb/>
Per&#x017F;onale &#x017F;ie zur gemein&#x017F;amen Weiterrei&#x017F;e erwartete.</p><lb/>
        <p>Wie Anton die&#x017F;e nieder&#x017F;chlagende Kunde ver-<lb/>
nahm, war &#x017F;ein Er&#x017F;tes, der Er&#x017F;ehnten eben &#x017F;o ra&#x017F;ch<lb/>
nacheilen zu wollen! Doch mußt&#x2019; es wohl beim<lb/>
Wollen verbleiben, denn &#x017F;eine Ka&#x017F;&#x017F;e fand &#x017F;ich leer:<lb/><hi rendition="#g">ihn</hi> allein, &#x017F;eine Armuth hatten die mannigfachen,<lb/>
durch a&#x0364;cht italieni&#x017F;che Prellereien erzwungenen Neben-<lb/>
Ausgaben fu&#x0364;r Theodor&#x2019;s Beerdigung getroffen. Das<lb/>
Gericht, welches ein Jnventar der noch vorhandenen,<lb/>
nicht ge&#x017F;tohlenen Effekten entworfen, die Theodor&#x2019;s<lb/>
Hinterla&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft bildeten, ver&#x017F;tand &#x017F;ich zu keinem<lb/>
Zu&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r &#x201E;unnu&#x0364;tze Dinge;&#x201C; vielmehr &#x017F;chienen die<lb/>
&#x017F;ubalternen Beamten, die in die&#x017F;er Sache walteten,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0060] Anfaͤngern vereinigte, um zu erproben, ob italieniſche Geſangs-Methode und Sprache Reiz genug uͤben wuͤrde, dieſem zuſammengeſtoppelten Vereine in mittleren und kleineren Staͤdten Deutſchland’s bei- faͤllige Geltung, ihm aber Einnahmen zu verſchaffen! An dem Morgen deſſelben Tages wo Anton ſeinem Liebenauer Gutsherren Theodor van der Helfft die letzte Ehre erwieſen, war Signora Carina abgereiſet und zwar mit der Kurier-Poſt, weil ſie vertrags- maͤßig zur beſtimmten Stunde in Wien eintreffen mußte, wo der wandernde Jmpreſario ſammt uͤbrigem Perſonale ſie zur gemeinſamen Weiterreiſe erwartete. Wie Anton dieſe niederſchlagende Kunde ver- nahm, war ſein Erſtes, der Erſehnten eben ſo raſch nacheilen zu wollen! Doch mußt’ es wohl beim Wollen verbleiben, denn ſeine Kaſſe fand ſich leer: ihn allein, ſeine Armuth hatten die mannigfachen, durch aͤcht italieniſche Prellereien erzwungenen Neben- Ausgaben fuͤr Theodor’s Beerdigung getroffen. Das Gericht, welches ein Jnventar der noch vorhandenen, nicht geſtohlenen Effekten entworfen, die Theodor’s Hinterlaſſenſchaft bildeten, verſtand ſich zu keinem Zuſchuſſe fuͤr „unnuͤtze Dinge;“ vielmehr ſchienen die ſubalternen Beamten, die in dieſer Sache walteten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/60
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/60>, abgerufen am 04.12.2024.