Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.jammerte, heulte in hohen und tiefen Tönen; er Die Wirkung dieses in solcher Weise noch nie ver- Man wollte behaupten, die Saiten wären absicht- jammerte, heulte in hohen und tiefen Toͤnen; er Die Wirkung dieſes in ſolcher Weiſe noch nie ver- Man wollte behaupten, die Saiten waͤren abſicht- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0082" n="78"/> jammerte, heulte in hohen und tiefen Toͤnen; er<lb/> wimmerte den Hoͤrern in die innerſte Bruſt, umſchlang<lb/> ihnen Herz und Seele mit ſeinem Weh’; er weinte<lb/> auf dieſer einen Saite, daß alle, die ihn vernahmen,<lb/> mit ihm weinen mußten; er kaͤmpfte, wie gegen<lb/> unſichtbare finſtre Maͤchte und rief die andern Men-<lb/> ſchen auf, mit ihm zu kaͤmpfen; er ſpottete ſeiner<lb/> eigenen Qualen und quaͤlte die Entzuͤckten. Es war,<lb/> wie wenn ein Teufel vor Gottes Throne winſelnd<lb/> flehe, daß er wieder Engel werden duͤrfe, was er einſt-<lb/> mals geweſen und woran er die Erinnerung noch nicht<lb/> verloren.</p><lb/> <p>Die Wirkung dieſes in ſolcher Weiſe noch nie ver-<lb/> nommenen Spieles war ſo gewaltig, daß am Schluſſe<lb/> der Elegie kein Menſch ſich regte. Eine Minute ver-<lb/> ging, — der Beifall wagte nicht, dieſelbe Luft zu<lb/> erſchuͤttern, in welcher Paganini’s Klagelied noch<lb/> ſchwebte. Erſt nach langem Schweigen athmeten die<lb/> zuſammengeſchnuͤrten Lungen wieder auf und machten<lb/> ſich frei in fanatiſchem Viva!</p><lb/> <p>Man wollte behaupten, die Saiten waͤren abſicht-<lb/> lich durchſchnitten worden, um einem nicht allzu<lb/> getreuen Liebhaber große Verlegenheit zu bereiten!<lb/> Eiferſucht habe die Scheere gelenkt! Als dieſe Anſicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0082]
jammerte, heulte in hohen und tiefen Toͤnen; er
wimmerte den Hoͤrern in die innerſte Bruſt, umſchlang
ihnen Herz und Seele mit ſeinem Weh’; er weinte
auf dieſer einen Saite, daß alle, die ihn vernahmen,
mit ihm weinen mußten; er kaͤmpfte, wie gegen
unſichtbare finſtre Maͤchte und rief die andern Men-
ſchen auf, mit ihm zu kaͤmpfen; er ſpottete ſeiner
eigenen Qualen und quaͤlte die Entzuͤckten. Es war,
wie wenn ein Teufel vor Gottes Throne winſelnd
flehe, daß er wieder Engel werden duͤrfe, was er einſt-
mals geweſen und woran er die Erinnerung noch nicht
verloren.
Die Wirkung dieſes in ſolcher Weiſe noch nie ver-
nommenen Spieles war ſo gewaltig, daß am Schluſſe
der Elegie kein Menſch ſich regte. Eine Minute ver-
ging, — der Beifall wagte nicht, dieſelbe Luft zu
erſchuͤttern, in welcher Paganini’s Klagelied noch
ſchwebte. Erſt nach langem Schweigen athmeten die
zuſammengeſchnuͤrten Lungen wieder auf und machten
ſich frei in fanatiſchem Viva!
Man wollte behaupten, die Saiten waͤren abſicht-
lich durchſchnitten worden, um einem nicht allzu
getreuen Liebhaber große Verlegenheit zu bereiten!
Eiferſucht habe die Scheere gelenkt! Als dieſe Anſicht
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