Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.müde, -- ach, Fräulein Ottilie, so müde! .. und Nehmen Sie mir's weiter nicht ungnädig; wie "Jch habe Sie erwartet, Anton. Auch diesen muͤde, — ach, Fraͤulein Ottilie, ſo muͤde! .. und Nehmen Sie mir’s weiter nicht ungnaͤdig; wie „Jch habe Sie erwartet, Anton. Auch dieſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="121"/> muͤde, — ach, Fraͤulein Ottilie, ſo muͤde! .. und<lb/> das Erſte was mein Auge ſieht, in jener Kammer<lb/> d’rin, wo ich ſo oft um Sie geweint, das iſt meine<lb/> Taube, mein Kaͤfig, meine Reime. —</p><lb/> <p>Nehmen Sie mir’s weiter nicht ungnaͤdig; wie<lb/> ich das erblickte, dacht’ ich bei mir: ſie hat dich lieb<lb/> gehabt ... und ſie hat dich noch lieb! Doch ich war<lb/> der arme Vagabund, der zu Jhnen von ſolchen Din-<lb/> gen nicht reden durfte; dem Sie den Mund verſiegelt<lb/> hatten, mit Jhrem Abſchiedskuſſe auf der Mutter<lb/> Grabe ... Folglich that ich wie Unverſtand und<lb/> ging wieder. Nun ſchuͤttet der Himmel ein ganzes<lb/> Fuͤllhorn reicher Gaben uͤber mich aus, daß ich ver-<lb/> dutzt um mich her ſchaue; und Graͤfin Julia fuͤhrt<lb/> mich in Onkel Naſus altes Schloß, ſpricht zu mir: ich<lb/> bin Deine Mutter und dies Schloß iſt Dein! —<lb/> Fraͤulein Ottilie, da war’s, wie wenn die Turtel-<lb/> taube noch einmal auflebte und gurrte: „Tiele-<lb/> tunke!“ — So bin ich alſo hierher gekommen, zu<lb/> fragen, ob ich mich nicht getaͤuſcht habe? zu fragen,<lb/> ob — die Taube Recht hat? Und ob Ottilie Liebenau<lb/> fuͤr ihr Eigenthum, und ſeinen gegenwaͤrtigen Be-<lb/> ſitzer mit in den Kauf annehmen will?</p><lb/> <p>„Jch habe Sie erwartet, Anton. Auch dieſen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [121/0125]
muͤde, — ach, Fraͤulein Ottilie, ſo muͤde! .. und
das Erſte was mein Auge ſieht, in jener Kammer
d’rin, wo ich ſo oft um Sie geweint, das iſt meine
Taube, mein Kaͤfig, meine Reime. —
Nehmen Sie mir’s weiter nicht ungnaͤdig; wie
ich das erblickte, dacht’ ich bei mir: ſie hat dich lieb
gehabt ... und ſie hat dich noch lieb! Doch ich war
der arme Vagabund, der zu Jhnen von ſolchen Din-
gen nicht reden durfte; dem Sie den Mund verſiegelt
hatten, mit Jhrem Abſchiedskuſſe auf der Mutter
Grabe ... Folglich that ich wie Unverſtand und
ging wieder. Nun ſchuͤttet der Himmel ein ganzes
Fuͤllhorn reicher Gaben uͤber mich aus, daß ich ver-
dutzt um mich her ſchaue; und Graͤfin Julia fuͤhrt
mich in Onkel Naſus altes Schloß, ſpricht zu mir: ich
bin Deine Mutter und dies Schloß iſt Dein! —
Fraͤulein Ottilie, da war’s, wie wenn die Turtel-
taube noch einmal auflebte und gurrte: „Tiele-
tunke!“ — So bin ich alſo hierher gekommen, zu
fragen, ob ich mich nicht getaͤuſcht habe? zu fragen,
ob — die Taube Recht hat? Und ob Ottilie Liebenau
fuͤr ihr Eigenthum, und ſeinen gegenwaͤrtigen Be-
ſitzer mit in den Kauf annehmen will?
„Jch habe Sie erwartet, Anton. Auch dieſen
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