Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.nun einmal bezahlen, und darf's nicht mit Küssen Rosalie schwieg einige Minuten, während welchen Jch weiß nicht, warum es mir unmöglich ist, die nun einmal bezahlen, und darf’s nicht mit Kuͤſſen Roſalie ſchwieg einige Minuten, waͤhrend welchen Jch weiß nicht, warum es mir unmoͤglich iſt, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="13"/> nun einmal bezahlen, und darf’s nicht mit Kuͤſſen<lb/> ſein, laßt es mit Worten geſchehen.“</p><lb/> <p>Roſalie ſchwieg einige Minuten, waͤhrend welchen<lb/> ſie Anton betrachtete. Dann hub ſie in ernſthafterem<lb/> Tone, wie bisher, an:</p><lb/> <p>Jch weiß nicht, warum es mir unmoͤglich iſt, die<lb/> Verſtellung, ja die Luͤge, worein ich mich vor allen<lb/> Menſchen huͤlle, die ich auch Jhnen entgegentrug,<lb/> jetzt laͤnger fortzuſetzen. Eine Empfindung eigener<lb/> Art, — weiß ich doch kaum, ob ich ſie Mitleid nennen<lb/> ſoll? — draͤngt mich, gegen Sie aufrichtig zu ſein.<lb/> Vielleicht entſpringt ſie aus einer Ahnung, daß die<lb/> Frivolitaͤt, die Sie zu zeigen erſtreben, nicht minder<lb/> erheuchelt ſei, als jene, mit welcher ich prahle; daß<lb/> auch Jhr Herz von heißen Schmerzen zerriſſen iſt,<lb/> daß auch uͤber Jhr junges Haupt Jammer, Noth,<lb/> Elend und Verzweiflung ſchon ihre gluͤhenden Scha-<lb/> len ausgegoſſen haben, wie uͤber das meine. Fort mit<lb/> der Luͤge! Fort mit erquaͤlter Luſtigkeit, mit frechen<lb/> Witzen. Sehen Sie mich, wie ich bin, und wenn es<lb/> Jhnen weh’ thut, in einen ſolchen Abgrund des Gra-<lb/> mes zu ſchauen, dann um ſo beſſer fuͤr Sie. <hi rendition="#g">Mir</hi> iſt<lb/> nicht mehr zu helfen. Jhnen kann ich vielleicht nuͤtzen,<lb/> waͤr’ es auch nur dadurch, daß, mit <hi rendition="#g">meinem</hi> Ungluͤck<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0017]
nun einmal bezahlen, und darf’s nicht mit Kuͤſſen
ſein, laßt es mit Worten geſchehen.“
Roſalie ſchwieg einige Minuten, waͤhrend welchen
ſie Anton betrachtete. Dann hub ſie in ernſthafterem
Tone, wie bisher, an:
Jch weiß nicht, warum es mir unmoͤglich iſt, die
Verſtellung, ja die Luͤge, worein ich mich vor allen
Menſchen huͤlle, die ich auch Jhnen entgegentrug,
jetzt laͤnger fortzuſetzen. Eine Empfindung eigener
Art, — weiß ich doch kaum, ob ich ſie Mitleid nennen
ſoll? — draͤngt mich, gegen Sie aufrichtig zu ſein.
Vielleicht entſpringt ſie aus einer Ahnung, daß die
Frivolitaͤt, die Sie zu zeigen erſtreben, nicht minder
erheuchelt ſei, als jene, mit welcher ich prahle; daß
auch Jhr Herz von heißen Schmerzen zerriſſen iſt,
daß auch uͤber Jhr junges Haupt Jammer, Noth,
Elend und Verzweiflung ſchon ihre gluͤhenden Scha-
len ausgegoſſen haben, wie uͤber das meine. Fort mit
der Luͤge! Fort mit erquaͤlter Luſtigkeit, mit frechen
Witzen. Sehen Sie mich, wie ich bin, und wenn es
Jhnen weh’ thut, in einen ſolchen Abgrund des Gra-
mes zu ſchauen, dann um ſo beſſer fuͤr Sie. Mir iſt
nicht mehr zu helfen. Jhnen kann ich vielleicht nuͤtzen,
waͤr’ es auch nur dadurch, daß, mit meinem Ungluͤck
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