Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

früher schon ähnliche Versuche gesehen, die mehr oder
minder höchst unvollkommen, mangelhaft, oder gar
auf Charlatanerie und Täuschung begründet waren.
Hier zeigte sich nur ehrliche, redliche, bewunderns-
würdige Künstlerschaft, die sich von jeder Ostentation
fern hielt und vielleicht eben deshalb die Theilnahme
der großen Menge nicht gewann. Herr Faber zählte
so wenig Besucher seiner über alles Lob und über jede
Beschreibung erhabenen Erfindung, daß er gerechte
Ursache zur Klage hatte. Die große Stadt wußte
eigentlich gar nichts von dem Wunder welches in
ihren Mauern geschah. Jch selbst würde nichts
davon erfahren haben, wäre ich nicht aufmerksam
gemacht worden durch Grillparzer. Dieser große
Dichter, der bisweilen wie ein Träumender durch's
Leben geht und dem Geräusch des Marktes oftmals
gänzlich entrückt scheint, bewahrt doch and'rerseits
so viel reine Kindlichkeit in seiner edlen Brust, daß
er sich über Alles was schön, groß, erhaben, bedeu-
tend ist, zu freuen vermag, wie ein Kind. Er war
es, der mir befahl, zu Herrn Faber zu gehen; der
mich dazu zwingen mußte, weil ich, Robertson's,
(des Luftschiffers; ich meine des Vaters) Sprech-
maschine im Gedächtniß, kein Vertrauen dazu hatte.

fruͤher ſchon aͤhnliche Verſuche geſehen, die mehr oder
minder hoͤchſt unvollkommen, mangelhaft, oder gar
auf Charlatanerie und Taͤuſchung begruͤndet waren.
Hier zeigte ſich nur ehrliche, redliche, bewunderns-
wuͤrdige Kuͤnſtlerſchaft, die ſich von jeder Oſtentation
fern hielt und vielleicht eben deshalb die Theilnahme
der großen Menge nicht gewann. Herr Faber zaͤhlte
ſo wenig Beſucher ſeiner uͤber alles Lob und uͤber jede
Beſchreibung erhabenen Erfindung, daß er gerechte
Urſache zur Klage hatte. Die große Stadt wußte
eigentlich gar nichts von dem Wunder welches in
ihren Mauern geſchah. Jch ſelbſt wuͤrde nichts
davon erfahren haben, waͤre ich nicht aufmerkſam
gemacht worden durch Grillparzer. Dieſer große
Dichter, der bisweilen wie ein Traͤumender durch’s
Leben geht und dem Geraͤuſch des Marktes oftmals
gaͤnzlich entruͤckt ſcheint, bewahrt doch and’rerſeits
ſo viel reine Kindlichkeit in ſeiner edlen Bruſt, daß
er ſich uͤber Alles was ſchoͤn, groß, erhaben, bedeu-
tend iſt, zu freuen vermag, wie ein Kind. Er war
es, der mir befahl, zu Herrn Faber zu gehen; der
mich dazu zwingen mußte, weil ich, Robertſon’s,
(des Luftſchiffers; ich meine des Vaters) Sprech-
maſchine im Gedaͤchtniß, kein Vertrauen dazu hatte.

<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0208" n="204"/>
fru&#x0364;her &#x017F;chon a&#x0364;hnliche Ver&#x017F;uche ge&#x017F;ehen, die mehr oder<lb/>
minder ho&#x0364;ch&#x017F;t unvollkommen, mangelhaft, oder gar<lb/>
auf Charlatanerie und Ta&#x0364;u&#x017F;chung begru&#x0364;ndet waren.<lb/><hi rendition="#g">Hier</hi> zeigte &#x017F;ich nur ehrliche, redliche, bewunderns-<lb/>
wu&#x0364;rdige Ku&#x0364;n&#x017F;tler&#x017F;chaft, die &#x017F;ich von jeder O&#x017F;tentation<lb/>
fern hielt und vielleicht eben deshalb die Theilnahme<lb/>
der großen Menge nicht gewann. Herr Faber za&#x0364;hlte<lb/>
&#x017F;o wenig Be&#x017F;ucher &#x017F;einer u&#x0364;ber alles Lob und u&#x0364;ber jede<lb/>
Be&#x017F;chreibung erhabenen Erfindung, daß er gerechte<lb/>
Ur&#x017F;ache zur Klage hatte. Die große Stadt wußte<lb/>
eigentlich gar nichts von dem Wunder welches in<lb/>
ihren Mauern ge&#x017F;chah. Jch &#x017F;elb&#x017F;t wu&#x0364;rde nichts<lb/>
davon erfahren haben, wa&#x0364;re ich nicht aufmerk&#x017F;am<lb/>
gemacht worden durch <hi rendition="#g">Grillparzer.</hi> Die&#x017F;er große<lb/>
Dichter, der bisweilen wie ein Tra&#x0364;umender durch&#x2019;s<lb/>
Leben geht und dem Gera&#x0364;u&#x017F;ch des Marktes oftmals<lb/>
ga&#x0364;nzlich entru&#x0364;ckt &#x017F;cheint, bewahrt doch and&#x2019;rer&#x017F;eits<lb/>
&#x017F;o viel reine Kindlichkeit in &#x017F;einer edlen Bru&#x017F;t, daß<lb/>
er &#x017F;ich u&#x0364;ber Alles was &#x017F;cho&#x0364;n, groß, erhaben, bedeu-<lb/>
tend i&#x017F;t, zu freuen vermag, wie ein Kind. Er war<lb/>
es, der mir befahl, zu Herrn Faber zu gehen; der<lb/>
mich dazu <hi rendition="#g">zwingen</hi> mußte, weil ich, Robert&#x017F;on&#x2019;s,<lb/>
(des Luft&#x017F;chiffers; ich meine des Vaters) Sprech-<lb/>
ma&#x017F;chine im Geda&#x0364;chtniß, kein Vertrauen dazu hatte.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[204/0208] fruͤher ſchon aͤhnliche Verſuche geſehen, die mehr oder minder hoͤchſt unvollkommen, mangelhaft, oder gar auf Charlatanerie und Taͤuſchung begruͤndet waren. Hier zeigte ſich nur ehrliche, redliche, bewunderns- wuͤrdige Kuͤnſtlerſchaft, die ſich von jeder Oſtentation fern hielt und vielleicht eben deshalb die Theilnahme der großen Menge nicht gewann. Herr Faber zaͤhlte ſo wenig Beſucher ſeiner uͤber alles Lob und uͤber jede Beſchreibung erhabenen Erfindung, daß er gerechte Urſache zur Klage hatte. Die große Stadt wußte eigentlich gar nichts von dem Wunder welches in ihren Mauern geſchah. Jch ſelbſt wuͤrde nichts davon erfahren haben, waͤre ich nicht aufmerkſam gemacht worden durch Grillparzer. Dieſer große Dichter, der bisweilen wie ein Traͤumender durch’s Leben geht und dem Geraͤuſch des Marktes oftmals gaͤnzlich entruͤckt ſcheint, bewahrt doch and’rerſeits ſo viel reine Kindlichkeit in ſeiner edlen Bruſt, daß er ſich uͤber Alles was ſchoͤn, groß, erhaben, bedeu- tend iſt, zu freuen vermag, wie ein Kind. Er war es, der mir befahl, zu Herrn Faber zu gehen; der mich dazu zwingen mußte, weil ich, Robertſon’s, (des Luftſchiffers; ich meine des Vaters) Sprech- maſchine im Gedaͤchtniß, kein Vertrauen dazu hatte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/208
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/208>, abgerufen am 04.12.2024.