Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.anfänglich gehegt, wenn ich ihn sein Leben einem so anfaͤnglich gehegt, wenn ich ihn ſein Leben einem ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="20"/> anfaͤnglich gehegt, wenn ich ihn ſein Leben einem ſo<lb/> gebrechlichen, duͤnnen Fahrzeuge anvertrauen ſah,<lb/> ſchwand gaͤnzlich durch die Macht der Gewohnheit.<lb/> Wie zu einem Spaziergange durch Feld und Flur ſah<lb/> ich ihn zu jeder neuen Luftfahrt ſich ruͤſten, winkt’ ich<lb/> ihm laͤchelnd: „viel Vergnuͤgen“ nach, wenn er von<lb/> muthiger Freude ſtrahlend emporſtieg. Jch liebte ihn<lb/> mit einer Jnnigkeit, die ſich durch Worte nicht beſchrei-<lb/> ben laͤßt; ich lebte nur in ihm, nur in meiner Anhaͤng-<lb/> lichkeit fuͤr ihn. Seine Sanftmuth legte meinen uͤblen<lb/> Gewohnheiten den mildeſten Zwang auf: ich beſſerte<lb/> mich, ich wurde gut, weil es mich gluͤcklich machte,<lb/> ihm zu gehorchen, ihm nachzuſtreben. Jch glaube<lb/> nicht, daß auf dieſer Erde noch zwei Menſchen leben,<lb/> die ſo gluͤcklich mit einander ſind, als ich mit ihm war.<lb/> Wir waren nie getrennt, auch nicht auf Viertelſtun-<lb/> den, außer wenn er in die Luft ſtieg. Und daß ich,<lb/> waͤhrend er die blauen Raͤume durchflog, auf der Erde<lb/> weilen mußte, ohne ihn, blieb die einzige Einwendung,<lb/> die ich gegen ſeine Wagniſſe vorzubringen wußte.<lb/> Jch beneidete die Wolken, durch welche er drang, ich<lb/> fuͤhlte Eiferſucht gegen die Adler, die ſich ihm naͤhern<lb/> durften. Da ſchlug er mir vor, ihn zu begleiten, halb<lb/> ſcherzend, und war nicht wenig erſtaunt, als ich ſeinen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0024]
anfaͤnglich gehegt, wenn ich ihn ſein Leben einem ſo
gebrechlichen, duͤnnen Fahrzeuge anvertrauen ſah,
ſchwand gaͤnzlich durch die Macht der Gewohnheit.
Wie zu einem Spaziergange durch Feld und Flur ſah
ich ihn zu jeder neuen Luftfahrt ſich ruͤſten, winkt’ ich
ihm laͤchelnd: „viel Vergnuͤgen“ nach, wenn er von
muthiger Freude ſtrahlend emporſtieg. Jch liebte ihn
mit einer Jnnigkeit, die ſich durch Worte nicht beſchrei-
ben laͤßt; ich lebte nur in ihm, nur in meiner Anhaͤng-
lichkeit fuͤr ihn. Seine Sanftmuth legte meinen uͤblen
Gewohnheiten den mildeſten Zwang auf: ich beſſerte
mich, ich wurde gut, weil es mich gluͤcklich machte,
ihm zu gehorchen, ihm nachzuſtreben. Jch glaube
nicht, daß auf dieſer Erde noch zwei Menſchen leben,
die ſo gluͤcklich mit einander ſind, als ich mit ihm war.
Wir waren nie getrennt, auch nicht auf Viertelſtun-
den, außer wenn er in die Luft ſtieg. Und daß ich,
waͤhrend er die blauen Raͤume durchflog, auf der Erde
weilen mußte, ohne ihn, blieb die einzige Einwendung,
die ich gegen ſeine Wagniſſe vorzubringen wußte.
Jch beneidete die Wolken, durch welche er drang, ich
fuͤhlte Eiferſucht gegen die Adler, die ſich ihm naͤhern
durften. Da ſchlug er mir vor, ihn zu begleiten, halb
ſcherzend, und war nicht wenig erſtaunt, als ich ſeinen
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