Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Mutter ihr zu sagen wußte. Du begehst also keine Anton überreichte den Brief seinem Vater. Als "Gräfin Julia! Wenn Jhre Freundin, die Frau Mutter ihr zu ſagen wußte. Du begehſt alſo keine Anton uͤberreichte den Brief ſeinem Vater. Als „Graͤfin Julia! Wenn Jhre Freundin, die Frau <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="29"/> Mutter ihr zu ſagen wußte. Du begehſt alſo keine<lb/> Verletzung gegen den Wunſch der Verſtorbenen, wenn<lb/> Du mir das Schreiben mittheilſt, welches ſie Dir<lb/> hinterließ. Jch will es leſen, ehe wir weiter mit ein-<lb/> ander verhandeln.</p><lb/> <p>Anton uͤberreichte den Brief ſeinem Vater. Als<lb/> dieſer die Aufſchrift erblickte, ſchien er ſich der Hand-<lb/> ſchrift zu erinnern, die ihm dereinſt ſo theuer geweſen.<lb/> Er ſagte leiſe: armes Maͤdchen! Dann las er:</p><lb/> <p>„Graͤfin Julia! Wenn Jhre Freundin, die Frau<lb/> des Paſtors in Sophienthal, noch am Leben iſt, wie<lb/> ich hoffe, mag ſie Jhnen beſtaͤtigen, daß nicht lange<lb/> Zeit vor Jhrer Vermaͤhlung ein verlorenes Maͤdchen<lb/> im Paſtorhauſe uͤbernachtete und von dort aus ein<lb/> Briefchen an den Grafen Guido, Jhren damaligen<lb/> Braͤutigam, richtete. Dieſes Maͤdchen, welches Jhnen<lb/> als eine arme Verwandte der Paſtorin vorgeſtellt<lb/> ward, bin ich. Nach Sophienthal war ich gekommen,<lb/> um Sie zu ſehen; um zu erfahren, ob die begluͤckte<lb/> Nebenbuhlerin, der ich weichen muͤſſen, meinen Haß<lb/> verdiene! ob meine Liebe! Jch hoͤrte Sie, Graͤfin, ich<lb/> ſah Sie, — und ich entſagte. Voll von Jhrem Bilde,<lb/> desgleichen ich zu jener Zeit noch nicht geſehen hatte,<lb/> desgleichen mir auch im Laufe meines elenden Lebens<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [29/0033]
Mutter ihr zu ſagen wußte. Du begehſt alſo keine
Verletzung gegen den Wunſch der Verſtorbenen, wenn
Du mir das Schreiben mittheilſt, welches ſie Dir
hinterließ. Jch will es leſen, ehe wir weiter mit ein-
ander verhandeln.
Anton uͤberreichte den Brief ſeinem Vater. Als
dieſer die Aufſchrift erblickte, ſchien er ſich der Hand-
ſchrift zu erinnern, die ihm dereinſt ſo theuer geweſen.
Er ſagte leiſe: armes Maͤdchen! Dann las er:
„Graͤfin Julia! Wenn Jhre Freundin, die Frau
des Paſtors in Sophienthal, noch am Leben iſt, wie
ich hoffe, mag ſie Jhnen beſtaͤtigen, daß nicht lange
Zeit vor Jhrer Vermaͤhlung ein verlorenes Maͤdchen
im Paſtorhauſe uͤbernachtete und von dort aus ein
Briefchen an den Grafen Guido, Jhren damaligen
Braͤutigam, richtete. Dieſes Maͤdchen, welches Jhnen
als eine arme Verwandte der Paſtorin vorgeſtellt
ward, bin ich. Nach Sophienthal war ich gekommen,
um Sie zu ſehen; um zu erfahren, ob die begluͤckte
Nebenbuhlerin, der ich weichen muͤſſen, meinen Haß
verdiene! ob meine Liebe! Jch hoͤrte Sie, Graͤfin, ich
ſah Sie, — und ich entſagte. Voll von Jhrem Bilde,
desgleichen ich zu jener Zeit noch nicht geſehen hatte,
desgleichen mir auch im Laufe meines elenden Lebens
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