Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Tages sein Ziel zu erreichen, sondern wirklich, wie
ein Kranker unterweges liegen bleibt, eines Arztes
bedürftig. Er nahm ein kühles Zimmer im schlichten
Gasthofe, machte sich bequem und war gerade im
Begriff, nach einem Diener zu rufen, der ihm den
"Herrn Doktor" herbeischaffen möge, als die Stu-
benthür sich langsam öffnete und Schkramprl's klei-
ner Peterl mit listigen Augen hereinschielte.

So hab' ich mich doch nicht getäuscht, da ich
unterweges Dich einigemale vor und neben mir zu
erblicken glaubte! rief Anton aus; zum Teufel, Junge,
wo kommst Du her?

"Mein Herr hat in der Gegend zu thun, und
weil wir im Forsthause, wo er Euch noch einmal zu
sprechen wünschte, erfuhren, daß Jhr schon aufge-
brochen seid, und weil er selbst keine Zeit mehr hatte,
hieß er mich Euch nachlaufen und mich erkundigen,
wie's mit der Gesundheit steht? Aber Jhr habt so
lange Schritte gemacht, daß ich mit meinen kurzen,
dicken Beinen kaum folgen konnte. Nun bin ich da
und soll nur fragen, ob Jhr 'was bedürft?"

Dein Herr ist ein großer Narr, Peterl, aber dane-
ben der uneigennützigste, treu'ste Freund, den Gott
belohnen möge; und Du bist ein braver Bursch. Geh',

5 *

Tages ſein Ziel zu erreichen, ſondern wirklich, wie
ein Kranker unterweges liegen bleibt, eines Arztes
beduͤrftig. Er nahm ein kuͤhles Zimmer im ſchlichten
Gaſthofe, machte ſich bequem und war gerade im
Begriff, nach einem Diener zu rufen, der ihm den
„Herrn Doktor“ herbeiſchaffen moͤge, als die Stu-
benthuͤr ſich langſam oͤffnete und Schkramprl’s klei-
ner Peterl mit liſtigen Augen hereinſchielte.

So hab’ ich mich doch nicht getaͤuſcht, da ich
unterweges Dich einigemale vor und neben mir zu
erblicken glaubte! rief Anton aus; zum Teufel, Junge,
wo kommſt Du her?

„Mein Herr hat in der Gegend zu thun, und
weil wir im Forſthauſe, wo er Euch noch einmal zu
ſprechen wuͤnſchte, erfuhren, daß Jhr ſchon aufge-
brochen ſeid, und weil er ſelbſt keine Zeit mehr hatte,
hieß er mich Euch nachlaufen und mich erkundigen,
wie’s mit der Geſundheit ſteht? Aber Jhr habt ſo
lange Schritte gemacht, daß ich mit meinen kurzen,
dicken Beinen kaum folgen konnte. Nun bin ich da
und ſoll nur fragen, ob Jhr ’was beduͤrft?“

Dein Herr iſt ein großer Narr, Peterl, aber dane-
ben der uneigennuͤtzigſte, treu’ſte Freund, den Gott
belohnen moͤge; und Du biſt ein braver Burſch. Geh’,

5 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0071" n="67"/>
Tages &#x017F;ein Ziel zu erreichen, &#x017F;ondern wirklich, wie<lb/>
ein Kranker unterweges liegen bleibt, eines Arztes<lb/>
bedu&#x0364;rftig. Er nahm ein ku&#x0364;hles Zimmer im &#x017F;chlichten<lb/>
Ga&#x017F;thofe, machte &#x017F;ich bequem und war gerade im<lb/>
Begriff, nach einem Diener zu rufen, der ihm den<lb/>
&#x201E;Herrn Doktor&#x201C; herbei&#x017F;chaffen mo&#x0364;ge, als die Stu-<lb/>
benthu&#x0364;r &#x017F;ich lang&#x017F;am o&#x0364;ffnete und Schkramprl&#x2019;s klei-<lb/>
ner Peterl mit li&#x017F;tigen Augen herein&#x017F;chielte.</p><lb/>
        <p>So hab&#x2019; ich mich doch nicht geta&#x0364;u&#x017F;cht, da ich<lb/>
unterweges Dich einigemale vor und neben mir zu<lb/>
erblicken glaubte! rief Anton aus; zum Teufel, Junge,<lb/>
wo komm&#x017F;t Du her?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Herr hat in der Gegend zu thun, und<lb/>
weil wir im For&#x017F;thau&#x017F;e, wo er Euch noch einmal zu<lb/>
&#x017F;prechen wu&#x0364;n&#x017F;chte, erfuhren, daß Jhr &#x017F;chon aufge-<lb/>
brochen &#x017F;eid, und weil er &#x017F;elb&#x017F;t keine Zeit mehr hatte,<lb/>
hieß er mich Euch nachlaufen und mich erkundigen,<lb/>
wie&#x2019;s mit der Ge&#x017F;undheit &#x017F;teht? Aber Jhr habt &#x017F;o<lb/>
lange Schritte gemacht, daß ich mit meinen kurzen,<lb/>
dicken Beinen kaum folgen konnte. Nun bin ich da<lb/>
und &#x017F;oll nur fragen, ob Jhr &#x2019;was bedu&#x0364;rft?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Dein Herr i&#x017F;t ein großer Narr, Peterl, aber dane-<lb/>
ben der uneigennu&#x0364;tzig&#x017F;te, treu&#x2019;&#x017F;te Freund, den Gott<lb/>
belohnen mo&#x0364;ge; und Du bi&#x017F;t ein braver Bur&#x017F;ch. Geh&#x2019;,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">5 *</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0071] Tages ſein Ziel zu erreichen, ſondern wirklich, wie ein Kranker unterweges liegen bleibt, eines Arztes beduͤrftig. Er nahm ein kuͤhles Zimmer im ſchlichten Gaſthofe, machte ſich bequem und war gerade im Begriff, nach einem Diener zu rufen, der ihm den „Herrn Doktor“ herbeiſchaffen moͤge, als die Stu- benthuͤr ſich langſam oͤffnete und Schkramprl’s klei- ner Peterl mit liſtigen Augen hereinſchielte. So hab’ ich mich doch nicht getaͤuſcht, da ich unterweges Dich einigemale vor und neben mir zu erblicken glaubte! rief Anton aus; zum Teufel, Junge, wo kommſt Du her? „Mein Herr hat in der Gegend zu thun, und weil wir im Forſthauſe, wo er Euch noch einmal zu ſprechen wuͤnſchte, erfuhren, daß Jhr ſchon aufge- brochen ſeid, und weil er ſelbſt keine Zeit mehr hatte, hieß er mich Euch nachlaufen und mich erkundigen, wie’s mit der Geſundheit ſteht? Aber Jhr habt ſo lange Schritte gemacht, daß ich mit meinen kurzen, dicken Beinen kaum folgen konnte. Nun bin ich da und ſoll nur fragen, ob Jhr ’was beduͤrft?“ Dein Herr iſt ein großer Narr, Peterl, aber dane- ben der uneigennuͤtzigſte, treu’ſte Freund, den Gott belohnen moͤge; und Du biſt ein braver Burſch. Geh’, 5 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/71
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/71>, abgerufen am 27.11.2024.