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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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fürchten, denn bis dahin ist meine Malerei längst an
Luft und Sonne verblichen, verlöscht, unkenntlich
geworden. Folglich triumphirt das Original über die
Kopie. Wie gefällt Jhnen das? Drei Thaler zahlt
der Plebs, Standes-Personen zahlen nach Belieben.
Nehmen Sie Platz, setzen wir uns; Sie bleiben, auch
sitzend, in meinen Augen eine Standes-Person.

"Jch bin noch niemals portraitirt worden," ant-
wortete Anton, "und wenn auch meine Kasse ungleich
mehr der dünnen Börse des fußwandernden Hand-
werksburschen, als der eisernen Chatouille einer reisen-
den Standes-Person ähnelt, möcht' ich doch, pour
la rarete du fait,
Jhren Pinsel in Anspruch neh-
men. Legen Sie, bitt' ich, das Bildchen so klein als
möglich an, damit es ..."

Jn Briefform versendet werden könne? Verstehe!
Ein Wort genügt. Nur bitt' ich um fünfzehn Minu-
ten mehr, als ackordirt war. Jn einer Stunde sind
Sie erlöset. -- So, dies Blatt wird passend sein.
Unten eines Fingers Breite leerer Raum, damit
etliche Worte darunter geschrieben werden können,
nicht wahr? O ich kenne mein Handwerk. Sie waren
krank, will mich bedünken. Angenehme, schmachtende
Blässe, sehnsüchtige Hingebung! Jch spare an theu-

fuͤrchten, denn bis dahin iſt meine Malerei laͤngſt an
Luft und Sonne verblichen, verloͤſcht, unkenntlich
geworden. Folglich triumphirt das Original uͤber die
Kopie. Wie gefaͤllt Jhnen das? Drei Thaler zahlt
der Plebs, Standes-Perſonen zahlen nach Belieben.
Nehmen Sie Platz, ſetzen wir uns; Sie bleiben, auch
ſitzend, in meinen Augen eine Standes-Perſon.

„Jch bin noch niemals portraitirt worden,“ ant-
wortete Anton, „und wenn auch meine Kaſſe ungleich
mehr der duͤnnen Boͤrſe des fußwandernden Hand-
werksburſchen, als der eiſernen Chatouille einer reiſen-
den Standes-Perſon aͤhnelt, moͤcht’ ich doch, pour
la rareté du fait,
Jhren Pinſel in Anſpruch neh-
men. Legen Sie, bitt’ ich, das Bildchen ſo klein als
moͤglich an, damit es ...“

Jn Briefform verſendet werden koͤnne? Verſtehe!
Ein Wort genuͤgt. Nur bitt’ ich um fuͤnfzehn Minu-
ten mehr, als ackordirt war. Jn einer Stunde ſind
Sie erloͤſet. — So, dies Blatt wird paſſend ſein.
Unten eines Fingers Breite leerer Raum, damit
etliche Worte darunter geſchrieben werden koͤnnen,
nicht wahr? O ich kenne mein Handwerk. Sie waren
krank, will mich beduͤnken. Angenehme, ſchmachtende
Blaͤſſe, ſehnſuͤchtige Hingebung! Jch ſpare an theu-

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[78/0082] fuͤrchten, denn bis dahin iſt meine Malerei laͤngſt an Luft und Sonne verblichen, verloͤſcht, unkenntlich geworden. Folglich triumphirt das Original uͤber die Kopie. Wie gefaͤllt Jhnen das? Drei Thaler zahlt der Plebs, Standes-Perſonen zahlen nach Belieben. Nehmen Sie Platz, ſetzen wir uns; Sie bleiben, auch ſitzend, in meinen Augen eine Standes-Perſon. „Jch bin noch niemals portraitirt worden,“ ant- wortete Anton, „und wenn auch meine Kaſſe ungleich mehr der duͤnnen Boͤrſe des fußwandernden Hand- werksburſchen, als der eiſernen Chatouille einer reiſen- den Standes-Perſon aͤhnelt, moͤcht’ ich doch, pour la rareté du fait, Jhren Pinſel in Anſpruch neh- men. Legen Sie, bitt’ ich, das Bildchen ſo klein als moͤglich an, damit es ...“ Jn Briefform verſendet werden koͤnne? Verſtehe! Ein Wort genuͤgt. Nur bitt’ ich um fuͤnfzehn Minu- ten mehr, als ackordirt war. Jn einer Stunde ſind Sie erloͤſet. — So, dies Blatt wird paſſend ſein. Unten eines Fingers Breite leerer Raum, damit etliche Worte darunter geſchrieben werden koͤnnen, nicht wahr? O ich kenne mein Handwerk. Sie waren krank, will mich beduͤnken. Angenehme, ſchmachtende Blaͤſſe, ſehnſuͤchtige Hingebung! Jch ſpare an theu-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/82>, abgerufen am 23.11.2024.