Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.So klingt -- bald Moll, bald Dur -- Sein großes Tongedicht; Ob er ein Schwärmer nur? Je nun, ich glaub es nicht! Ein rechter Demokrat Grollt auch im Festungsgraben, Zu einem Mann der That Scheint er das Zeug zu haben. Einstweilen stürzt sein Zorn Ihn noch nicht in den Streit; Er freut sich, wie das Korn, Das er gesät, gedeiht. Schon kann er's hoch und dicht Mit beiden Händen greifen, Doch noch ist's Austtag nicht, Er läßt es reifen, reifen .... Ich seh ihn Tag für Tag, Als wäre nichts geschehn, Still mit dem Glockenschlag An seine Arbeit gehn; Das Halstuch roth wie Blut, Von Locken wirr umflogen, Den Kalabreserhut Tief in die Stirn gezogen. So klingt — bald Moll, bald Dur — Sein großes Tongedicht; Ob er ein Schwärmer nur? Je nun, ich glaub es nicht! Ein rechter Demokrat Grollt auch im Feſtungsgraben, Zu einem Mann der That Scheint er das Zeug zu haben. Einſtweilen ſtürzt ſein Zorn Ihn noch nicht in den Streit; Er freut ſich, wie das Korn, Das er geſät, gedeiht. Schon kann er's hoch und dicht Mit beiden Händen greifen, Doch noch iſt's Auſttag nicht, Er läßt es reifen, reifen .... Ich ſeh ihn Tag für Tag, Als wäre nichts geſchehn, Still mit dem Glockenſchlag An ſeine Arbeit gehn; Das Halstuch roth wie Blut, Von Locken wirr umflogen, Den Kalabreſerhut Tief in die Stirn gezogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0201" n="179"/> <lg n="48"> <l>So klingt — bald Moll, bald Dur —</l><lb/> <l>Sein großes Tongedicht;</l><lb/> <l>Ob er ein Schwärmer nur?</l><lb/> <l>Je nun, ich glaub es nicht!</l><lb/> <l>Ein rechter Demokrat</l><lb/> <l>Grollt auch im Feſtungsgraben,</l><lb/> <l>Zu einem Mann der That</l><lb/> <l>Scheint er das Zeug zu haben.</l><lb/> </lg> <lg n="49"> <l>Einſtweilen ſtürzt ſein Zorn</l><lb/> <l>Ihn noch nicht in den Streit;</l><lb/> <l>Er freut ſich, wie das Korn,</l><lb/> <l>Das er geſät, gedeiht.</l><lb/> <l>Schon kann er's hoch und dicht</l><lb/> <l>Mit beiden Händen greifen,</l><lb/> <l>Doch noch iſt's Auſttag nicht,</l><lb/> <l>Er läßt es reifen, reifen ....</l><lb/> </lg> <lg n="50"> <l>Ich ſeh ihn Tag für Tag,</l><lb/> <l>Als wäre nichts geſchehn,</l><lb/> <l>Still mit dem Glockenſchlag</l><lb/> <l>An ſeine Arbeit gehn;</l><lb/> <l>Das Halstuch roth wie Blut,</l><lb/> <l>Von Locken wirr umflogen,</l><lb/> <l>Den Kalabreſerhut</l><lb/> <l>Tief in die Stirn gezogen.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [179/0201]
So klingt — bald Moll, bald Dur —
Sein großes Tongedicht;
Ob er ein Schwärmer nur?
Je nun, ich glaub es nicht!
Ein rechter Demokrat
Grollt auch im Feſtungsgraben,
Zu einem Mann der That
Scheint er das Zeug zu haben.
Einſtweilen ſtürzt ſein Zorn
Ihn noch nicht in den Streit;
Er freut ſich, wie das Korn,
Das er geſät, gedeiht.
Schon kann er's hoch und dicht
Mit beiden Händen greifen,
Doch noch iſt's Auſttag nicht,
Er läßt es reifen, reifen ....
Ich ſeh ihn Tag für Tag,
Als wäre nichts geſchehn,
Still mit dem Glockenſchlag
An ſeine Arbeit gehn;
Das Halstuch roth wie Blut,
Von Locken wirr umflogen,
Den Kalabreſerhut
Tief in die Stirn gezogen.
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