Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.16. Ich rauchte nicht und trank kein Bier, Ein junger Mensch von achtzehn Jahren, Und dieses Buch der Welt schien mir Wie eines Engels Memoiren. Schon sah ich mich im Frührothschein Vor lauter Glück die Hände falten, Doch heut gesteh ich's traurig ein: Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten! Auch schrieb ich manchen Liebesbrief
Und schwärmte a la Heinrich Heine, Doch das war kindisch und naiv, Denn statt der Herzen fand ich Steine. Nun hängt am Galgen mein Humor Und macht mein warmes Blut erkalten, Denn traurig klingt es mir im Ohr: Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten! 16. Ich rauchte nicht und trank kein Bier, Ein junger Menſch von achtzehn Jahren, Und dieſes Buch der Welt ſchien mir Wie eines Engels Memoiren. Schon ſah ich mich im Frührothſchein Vor lauter Glück die Hände falten, Doch heut geſteh ich's traurig ein: Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten! Auch ſchrieb ich manchen Liebesbrief
Und ſchwärmte à la Heinrich Heine, Doch das war kindiſch und naiv, Denn ſtatt der Herzen fand ich Steine. Nun hängt am Galgen mein Humor Und macht mein warmes Blut erkalten, Denn traurig klingt es mir im Ohr: Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0236" n="214"/> </div> <div n="2"> <head>16.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>ch rauchte nicht und trank kein Bier,</l><lb/> <l>Ein junger Menſch von achtzehn Jahren,</l><lb/> <l>Und dieſes Buch der Welt ſchien mir</l><lb/> <l>Wie eines Engels Memoiren.</l><lb/> <l>Schon ſah ich mich im Frührothſchein</l><lb/> <l>Vor lauter Glück die Hände falten,</l><lb/> <l>Doch heut geſteh ich's traurig ein:</l><lb/> <l>Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Auch ſchrieb ich manchen Liebesbrief</l><lb/> <l>Und ſchwärmte <hi rendition="#aq">à la</hi> Heinrich Heine,</l><lb/> <l>Doch das war kindiſch und naiv,</l><lb/> <l>Denn ſtatt der Herzen fand ich Steine.</l><lb/> <l>Nun hängt am Galgen mein Humor</l><lb/> <l>Und macht mein warmes Blut erkalten,</l><lb/> <l>Denn traurig klingt es mir im Ohr:</l><lb/> <l>Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0236]
16.
Ich rauchte nicht und trank kein Bier,
Ein junger Menſch von achtzehn Jahren,
Und dieſes Buch der Welt ſchien mir
Wie eines Engels Memoiren.
Schon ſah ich mich im Frührothſchein
Vor lauter Glück die Hände falten,
Doch heut geſteh ich's traurig ein:
Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten!
Auch ſchrieb ich manchen Liebesbrief
Und ſchwärmte à la Heinrich Heine,
Doch das war kindiſch und naiv,
Denn ſtatt der Herzen fand ich Steine.
Nun hängt am Galgen mein Humor
Und macht mein warmes Blut erkalten,
Denn traurig klingt es mir im Ohr:
Mein Herz hat mir nicht Wort gehalten!
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