Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
O du Stadt und du kleinliches Krämervolk,
Wie bin ich doch euer so übersatt!
Tagtäglich dieselbe Reise,
Tagtäglich dasselbe Gleise,
Tagtäglich dasselbe Rad!
Und dazu noch dies Weh, o dies innerste Weh,
Das die Brust mir zerreißt und die Sinne zerwühlt!
O sende nur einen Tropfen
Auf dieses Herz und sein Klopfen,
Der die lechzende Seele mir kühlt! -- --
Wo das Meer erbraust dumpfdonnernden Schlags
Und die weißlichen Möven flattern und schrein
Und die dunkelnden Meereswellen
Sich bäumen und fluthend schwellen
Zum Leuchtthurm am Klippenstein:
Da möcht ich wohl stehn, ha du wilde Lust!
Wenn die rasenden Fittige schüttelt der Sturm,
Wenn die schnellenden Wogen rollen
Und die gellenden Donner grollen
Und das Feuer verlischt auf dem Thurm!
O du Stadt und du kleinliches Krämervolk,
Wie bin ich doch euer ſo überſatt!
Tagtäglich dieſelbe Reiſe,
Tagtäglich dasſelbe Gleiſe,
Tagtäglich dasſelbe Rad!
Und dazu noch dies Weh, o dies innerſte Weh,
Das die Bruſt mir zerreißt und die Sinne zerwühlt!
O ſende nur einen Tropfen
Auf dieſes Herz und ſein Klopfen,
Der die lechzende Seele mir kühlt! — —
Wo das Meer erbrauſt dumpfdonnernden Schlags
Und die weißlichen Möven flattern und ſchrein
Und die dunkelnden Meereswellen
Sich bäumen und fluthend ſchwellen
Zum Leuchtthurm am Klippenſtein:
Da möcht ich wohl ſtehn, ha du wilde Luſt!
Wenn die raſenden Fittige ſchüttelt der Sturm,
Wenn die ſchnellenden Wogen rollen
Und die gellenden Donner grollen
Und das Feuer verliſcht auf dem Thurm!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0246" n="224"/>
            <lg n="8">
              <l>O du Stadt und du kleinliches Krämervolk,</l><lb/>
              <l>Wie bin ich doch euer &#x017F;o über&#x017F;att!</l><lb/>
              <l>Tagtäglich die&#x017F;elbe Rei&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Tagtäglich das&#x017F;elbe Glei&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Tagtäglich das&#x017F;elbe Rad!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Und dazu noch dies Weh, o dies inner&#x017F;te Weh,</l><lb/>
              <l>Das die Bru&#x017F;t mir zerreißt und die Sinne zerwühlt!</l><lb/>
              <l>O &#x017F;ende nur <hi rendition="#g">einen</hi> Tropfen</l><lb/>
              <l>Auf die&#x017F;es Herz und &#x017F;ein Klopfen,</l><lb/>
              <l>Der die lechzende Seele mir kühlt! &#x2014; &#x2014;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="10">
              <l>Wo das Meer erbrau&#x017F;t dumpfdonnernden Schlags</l><lb/>
              <l>Und die weißlichen Möven flattern und &#x017F;chrein</l><lb/>
              <l>Und die dunkelnden Meereswellen</l><lb/>
              <l>Sich bäumen und fluthend &#x017F;chwellen</l><lb/>
              <l>Zum Leuchtthurm am Klippen&#x017F;tein:</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="11">
              <l>Da möcht ich wohl &#x017F;tehn, ha du wilde Lu&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Wenn die ra&#x017F;enden Fittige &#x017F;chüttelt der Sturm,</l><lb/>
              <l>Wenn die &#x017F;chnellenden Wogen rollen</l><lb/>
              <l>Und die gellenden Donner grollen</l><lb/>
              <l>Und das Feuer verli&#x017F;cht auf dem Thurm!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0246] O du Stadt und du kleinliches Krämervolk, Wie bin ich doch euer ſo überſatt! Tagtäglich dieſelbe Reiſe, Tagtäglich dasſelbe Gleiſe, Tagtäglich dasſelbe Rad! Und dazu noch dies Weh, o dies innerſte Weh, Das die Bruſt mir zerreißt und die Sinne zerwühlt! O ſende nur einen Tropfen Auf dieſes Herz und ſein Klopfen, Der die lechzende Seele mir kühlt! — — Wo das Meer erbrauſt dumpfdonnernden Schlags Und die weißlichen Möven flattern und ſchrein Und die dunkelnden Meereswellen Sich bäumen und fluthend ſchwellen Zum Leuchtthurm am Klippenſtein: Da möcht ich wohl ſtehn, ha du wilde Luſt! Wenn die raſenden Fittige ſchüttelt der Sturm, Wenn die ſchnellenden Wogen rollen Und die gellenden Donner grollen Und das Feuer verliſcht auf dem Thurm!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/246
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/246>, abgerufen am 17.05.2024.