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Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

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Wie oft nicht glaubtest du den stillen Strand
Der selgen Inseln schon erspäht zu haben,
Doch tratest du dann zögernd an ihr Land,
So war's nur, drin die Hoffnung zu begraben.
Doch die du scheidend schon so oft beweint,
Stets ist sie noch erwacht aus ihrem Tode
Und hat sich schmeichelnd wieder dir vereint
Und trank mit dir und brach von deinem Brode.
Du aber fügtest dann in Klang und Wort
Von neuem deine ewigen Gefühle
Und spähtest nach dem heißersehnten Port,
Der dich errettet aus dem Weltgewühle.
Denn wen sein wilder Strudel erst erfaßt,
Der ist für alle Ewigkeit verloren;
Kein Götterbote lädt ihn mehr zu Gast
Und besser wär's, er wäre nie geboren.
Drum harre aus, wie du bisher gethan,
Und halte fest an allem, was dir theuer;
Zwar nur gebrechlich ist dein schwanker Kahn,
Doch sitzt die Liebe ja an seinem Steuer.

16
Wie oft nicht glaubteſt du den ſtillen Strand
Der ſelgen Inſeln ſchon erſpäht zu haben,
Doch trateſt du dann zögernd an ihr Land,
So war's nur, drin die Hoffnung zu begraben.
Doch die du ſcheidend ſchon ſo oft beweint,
Stets iſt ſie noch erwacht aus ihrem Tode
Und hat ſich ſchmeichelnd wieder dir vereint
Und trank mit dir und brach von deinem Brode.
Du aber fügteſt dann in Klang und Wort
Von neuem deine ewigen Gefühle
Und ſpähteſt nach dem heißerſehnten Port,
Der dich errettet aus dem Weltgewühle.
Denn wen ſein wilder Strudel erſt erfaßt,
Der iſt für alle Ewigkeit verloren;
Kein Götterbote lädt ihn mehr zu Gaſt
Und beſſer wär's, er wäre nie geboren.
Drum harre aus, wie du bisher gethan,
Und halte feſt an allem, was dir theuer;
Zwar nur gebrechlich iſt dein ſchwanker Kahn,
Doch ſitzt die Liebe ja an ſeinem Steuer.

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[241/0263] Wie oft nicht glaubteſt du den ſtillen Strand Der ſelgen Inſeln ſchon erſpäht zu haben, Doch trateſt du dann zögernd an ihr Land, So war's nur, drin die Hoffnung zu begraben. Doch die du ſcheidend ſchon ſo oft beweint, Stets iſt ſie noch erwacht aus ihrem Tode Und hat ſich ſchmeichelnd wieder dir vereint Und trank mit dir und brach von deinem Brode. Du aber fügteſt dann in Klang und Wort Von neuem deine ewigen Gefühle Und ſpähteſt nach dem heißerſehnten Port, Der dich errettet aus dem Weltgewühle. Denn wen ſein wilder Strudel erſt erfaßt, Der iſt für alle Ewigkeit verloren; Kein Götterbote lädt ihn mehr zu Gaſt Und beſſer wär's, er wäre nie geboren. Drum harre aus, wie du bisher gethan, Und halte feſt an allem, was dir theuer; Zwar nur gebrechlich iſt dein ſchwanker Kahn, Doch ſitzt die Liebe ja an ſeinem Steuer. 16

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Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/263>, abgerufen am 31.10.2024.