Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.GNOThI SAUTON! Mitternacht war's.
Auf den glitschrigen Asphalt Plätscherte der Novemberregen Und, windgepeitscht, flackerte rothgelb Durch den Nebeldunst das Licht der Laternen. Nur hie und da noch humpelte schwerfällig Durch die dunklen Gassen der träumenden Weltstadt Ein schläfriger Droschkengaul Und vor der Hausthür, hart unter meinem Fenster, Stand, wie immer um diese Stunde, So auch heute, mein Stubennachbar, Der neugebackene Referendar, Und deklamirte höchst gefühlvoll, Mit seinem Stöckchen die Luft durchfuchtelnd Und das Schlüsselloch immer vergeblich suchend, Den Monolog der Schillerschen Jungfrau. Von drüben über die Straße her Blitzten die Spiegelscheiben des Wiener Cafes, ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ! Mitternacht war's.
Auf den glitſchrigen Asphalt Plätſcherte der Novemberregen Und, windgepeitſcht, flackerte rothgelb Durch den Nebeldunſt das Licht der Laternen. Nur hie und da noch humpelte ſchwerfällig Durch die dunklen Gaſſen der träumenden Weltſtadt Ein ſchläfriger Droſchkengaul Und vor der Hausthür, hart unter meinem Fenſter, Stand, wie immer um dieſe Stunde, So auch heute, mein Stubennachbar, Der neugebackene Referendar, Und deklamirte höchſt gefühlvoll, Mit ſeinem Stöckchen die Luft durchfuchtelnd Und das Schlüſſelloch immer vergeblich ſuchend, Den Monolog der Schillerſchen Jungfrau. Von drüben über die Straße her Blitzten die Spiegelſcheiben des Wiener Cafés, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0283" n="261"/> <div> <head><hi rendition="#g">ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ</hi>!</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">M</hi>itternacht war's.</l><lb/> <l>Auf den glitſchrigen Asphalt</l><lb/> <l>Plätſcherte der Novemberregen</l><lb/> <l>Und, windgepeitſcht, flackerte rothgelb</l><lb/> <l>Durch den Nebeldunſt das Licht der Laternen.</l><lb/> <l>Nur hie und da noch humpelte ſchwerfällig</l><lb/> <l>Durch die dunklen Gaſſen der träumenden Weltſtadt</l><lb/> <l>Ein ſchläfriger Droſchkengaul</l><lb/> <l>Und vor der Hausthür, hart unter meinem Fenſter,</l><lb/> <l>Stand, wie immer um dieſe Stunde,</l><lb/> <l>So auch heute, mein Stubennachbar,</l><lb/> <l>Der neugebackene Referendar,</l><lb/> <l>Und deklamirte höchſt gefühlvoll,</l><lb/> <l>Mit ſeinem Stöckchen die Luft durchfuchtelnd</l><lb/> <l>Und das Schlüſſelloch immer vergeblich ſuchend,</l><lb/> <l>Den Monolog der Schillerſchen Jungfrau.</l><lb/> <l>Von drüben über die Straße her</l><lb/> <l>Blitzten die Spiegelſcheiben des Wiener Caf<hi rendition="#aq">é</hi>s,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [261/0283]
ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ!
Mitternacht war's.
Auf den glitſchrigen Asphalt
Plätſcherte der Novemberregen
Und, windgepeitſcht, flackerte rothgelb
Durch den Nebeldunſt das Licht der Laternen.
Nur hie und da noch humpelte ſchwerfällig
Durch die dunklen Gaſſen der träumenden Weltſtadt
Ein ſchläfriger Droſchkengaul
Und vor der Hausthür, hart unter meinem Fenſter,
Stand, wie immer um dieſe Stunde,
So auch heute, mein Stubennachbar,
Der neugebackene Referendar,
Und deklamirte höchſt gefühlvoll,
Mit ſeinem Stöckchen die Luft durchfuchtelnd
Und das Schlüſſelloch immer vergeblich ſuchend,
Den Monolog der Schillerſchen Jungfrau.
Von drüben über die Straße her
Blitzten die Spiegelſcheiben des Wiener Cafés,
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