Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Wälzte sich stromgleich die heilige Phalanx Der gottentflammten, ölgesalbten, Todgeweihten Streiter, Stumm und erwartungsbleich, Eine neue Völkerwandrung. Ihr blutrothes Banner, Umblitzt von tausend nackten Schwertern, Spiegelte die aufgehende Sonne wieder, Noch einmal küßte sich Mutter und Kind, Vater und Sohn Und feierlich fluthete durch alle Himmel Ihr heiliger Hymnus: "Excelsior!" Herzerschütternd, seelenergreifend, Unten, tief unten! Aber droben im siebenten Himmel
Thronte noch immer auf seinem goldnen, Bluttriefenden Stuhl Der gealterte Judengott, kalt wie ein Steinbild, Und all der Jammer, der unsägliche Jammer, Der aus dem armen, wehgemarterten Herzen der Menschheit, äonenlang Blut gesaugt wie ein Vampyr: O, der war spurlos an ihm vorübergegangen, Denn der alte Mann war kindisch geworden Und ließ sich selbstgefällig Von seinen sogenannten Engeln Wälzte ſich ſtromgleich die heilige Phalanx Der gottentflammten, ölgeſalbten, Todgeweihten Streiter, Stumm und erwartungsbleich, Eine neue Völkerwandrung. Ihr blutrothes Banner, Umblitzt von tauſend nackten Schwertern, Spiegelte die aufgehende Sonne wieder, Noch einmal küßte ſich Mutter und Kind, Vater und Sohn Und feierlich fluthete durch alle Himmel Ihr heiliger Hymnus: „Excelsior!“ Herzerſchütternd, ſeelenergreifend, Unten, tief unten! Aber droben im ſiebenten Himmel
Thronte noch immer auf ſeinem goldnen, Bluttriefenden Stuhl Der gealterte Judengott, kalt wie ein Steinbild, Und all der Jammer, der unſägliche Jammer, Der aus dem armen, wehgemarterten Herzen der Menſchheit, äonenlang Blut geſaugt wie ein Vampyr: O, der war ſpurlos an ihm vorübergegangen, Denn der alte Mann war kindiſch geworden Und ließ ſich ſelbſtgefällig Von ſeinen ſogenannten Engeln <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <pb facs="#f0288" n="266"/> <lg n="11"> <l>Wälzte ſich ſtromgleich die heilige Phalanx</l><lb/> <l>Der gottentflammten, ölgeſalbten,</l><lb/> <l>Todgeweihten Streiter,</l><lb/> <l>Stumm und erwartungsbleich,</l><lb/> <l>Eine neue Völkerwandrung.</l><lb/> <l>Ihr blutrothes Banner,</l><lb/> <l>Umblitzt von tauſend nackten Schwertern,</l><lb/> <l>Spiegelte die aufgehende Sonne wieder,</l><lb/> <l>Noch einmal küßte ſich</l><lb/> <l>Mutter und Kind, Vater und Sohn</l><lb/> <l>Und feierlich fluthete durch alle Himmel</l><lb/> <l>Ihr heiliger Hymnus:</l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">„Excelsior!“</hi> </l><lb/> <l>Herzerſchütternd, ſeelenergreifend,</l><lb/> <l>Unten, tief unten!</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>Aber droben im ſiebenten Himmel</l><lb/> <l>Thronte noch immer auf ſeinem goldnen,</l><lb/> <l>Bluttriefenden Stuhl</l><lb/> <l>Der gealterte Judengott, kalt wie ein Steinbild,</l><lb/> <l>Und all der Jammer, der unſägliche Jammer,</l><lb/> <l>Der aus dem armen, wehgemarterten</l><lb/> <l>Herzen der Menſchheit, äonenlang</l><lb/> <l>Blut geſaugt wie ein Vampyr:</l><lb/> <l>O, der war ſpurlos an ihm vorübergegangen,</l><lb/> <l>Denn der alte Mann war kindiſch geworden</l><lb/> <l>Und ließ ſich ſelbſtgefällig</l><lb/> <l>Von ſeinen ſogenannten Engeln</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [266/0288]
Wälzte ſich ſtromgleich die heilige Phalanx
Der gottentflammten, ölgeſalbten,
Todgeweihten Streiter,
Stumm und erwartungsbleich,
Eine neue Völkerwandrung.
Ihr blutrothes Banner,
Umblitzt von tauſend nackten Schwertern,
Spiegelte die aufgehende Sonne wieder,
Noch einmal küßte ſich
Mutter und Kind, Vater und Sohn
Und feierlich fluthete durch alle Himmel
Ihr heiliger Hymnus:
„Excelsior!“
Herzerſchütternd, ſeelenergreifend,
Unten, tief unten!
Aber droben im ſiebenten Himmel
Thronte noch immer auf ſeinem goldnen,
Bluttriefenden Stuhl
Der gealterte Judengott, kalt wie ein Steinbild,
Und all der Jammer, der unſägliche Jammer,
Der aus dem armen, wehgemarterten
Herzen der Menſchheit, äonenlang
Blut geſaugt wie ein Vampyr:
O, der war ſpurlos an ihm vorübergegangen,
Denn der alte Mann war kindiſch geworden
Und ließ ſich ſelbſtgefällig
Von ſeinen ſogenannten Engeln
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |