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Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

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Das Miniaturbild der Venus von Milo
Sein schönes, gipsverkittetes Haupt.
Ich aber stellte mich fest
Vor das wackelnde Bücherbrett hin
Und lehnte den Kopf an das weiße Thürgerüst
Und fühlte, wie mir das Herz bis hoch an den Hals schlug,
Und sprach:
"Nicht bleich und neidvoll
Schau ich Nachgeborner empor
Zu euch, ihr unsterblichen Kinder des Lichts,
Die ihr den Staub der Erbärmlichkeit
Verächtlich von den Füßen geschüttelt
Und auf Alpengipfel entrückt,
Von Wettern umblitzt
Und umrauscht von den Flügen der jungen Adler,
Aus euern großen, goldenen Herzen
Jene erhabenen Werke geschöpft,
Die Millionen und Abermillionen
Lachen und Weinen, Lieben und Hoffen gelehrt;
Jene Werke, die nun -- nach Jahrhunderten! --
In Bücher gedruckt und in Leder gebunden
Von jenen weißen, tannenen Brettern
Eure großen, goldgedruckten,
Dreimal heiligen Namen
Mir mystisch ins Herz blitzen!
Ob ihr im Dämmergrau der Geschichte,
Getaucht in die weichen
Das Miniaturbild der Venus von Milo
Sein ſchönes, gipsverkittetes Haupt.
Ich aber ſtellte mich feſt
Vor das wackelnde Bücherbrett hin
Und lehnte den Kopf an das weiße Thürgerüſt
Und fühlte, wie mir das Herz bis hoch an den Hals ſchlug,
Und ſprach:
„Nicht bleich und neidvoll
Schau ich Nachgeborner empor
Zu euch, ihr unſterblichen Kinder des Lichts,
Die ihr den Staub der Erbärmlichkeit
Verächtlich von den Füßen geſchüttelt
Und auf Alpengipfel entrückt,
Von Wettern umblitzt
Und umrauſcht von den Flügen der jungen Adler,
Aus euern großen, goldenen Herzen
Jene erhabenen Werke geſchöpft,
Die Millionen und Abermillionen
Lachen und Weinen, Lieben und Hoffen gelehrt;
Jene Werke, die nun — nach Jahrhunderten! —
In Bücher gedruckt und in Leder gebunden
Von jenen weißen, tannenen Brettern
Eure großen, goldgedruckten,
Dreimal heiligen Namen
Mir myſtiſch ins Herz blitzen!
Ob ihr im Dämmergrau der Geſchichte,
Getaucht in die weichen
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[278/0300] Das Miniaturbild der Venus von Milo Sein ſchönes, gipsverkittetes Haupt. Ich aber ſtellte mich feſt Vor das wackelnde Bücherbrett hin Und lehnte den Kopf an das weiße Thürgerüſt Und fühlte, wie mir das Herz bis hoch an den Hals ſchlug, Und ſprach: „Nicht bleich und neidvoll Schau ich Nachgeborner empor Zu euch, ihr unſterblichen Kinder des Lichts, Die ihr den Staub der Erbärmlichkeit Verächtlich von den Füßen geſchüttelt Und auf Alpengipfel entrückt, Von Wettern umblitzt Und umrauſcht von den Flügen der jungen Adler, Aus euern großen, goldenen Herzen Jene erhabenen Werke geſchöpft, Die Millionen und Abermillionen Lachen und Weinen, Lieben und Hoffen gelehrt; Jene Werke, die nun — nach Jahrhunderten! — In Bücher gedruckt und in Leder gebunden Von jenen weißen, tannenen Brettern Eure großen, goldgedruckten, Dreimal heiligen Namen Mir myſtiſch ins Herz blitzen! Ob ihr im Dämmergrau der Geſchichte, Getaucht in die weichen

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Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/300>, abgerufen am 24.11.2024.