Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
En passant.

Was soll uns heut lyrisches Mondscheingewimmer?
So seid doch endlich still davon!
Ihr ändert's ja doch nicht, die Zeit ist noch immer
Die alte Hure von Babylon!
Das Eisen der Kraft hat sie spielend zerbrochen,
Sie schnitzt sich Heroen aus jedem Wicht
Und saugt uns das Mark aus unsern Knochen
Mit ihrem weißen Sirenengesicht.
Die Flammen der Freiheit sind lange vergluthet,
Die Herzen schlagen, die Herzen schrein --
Eh der neue Messias sich verblutet,
O heilige Sintfluth, brich herein!

21
En passant.

Was ſoll uns heut lyriſches Mondſcheingewimmer?
So ſeid doch endlich ſtill davon!
Ihr ändert's ja doch nicht, die Zeit iſt noch immer
Die alte Hure von Babylon!
Das Eiſen der Kraft hat ſie ſpielend zerbrochen,
Sie ſchnitzt ſich Heroen aus jedem Wicht
Und ſaugt uns das Mark aus unſern Knochen
Mit ihrem weißen Sirenengeſicht.
Die Flammen der Freiheit ſind lange vergluthet,
Die Herzen ſchlagen, die Herzen ſchrein —
Eh der neue Meſſias ſich verblutet,
O heilige Sintfluth, brich herein!

21
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0343" n="321"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq #b">En passant.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>as &#x017F;oll uns heut lyri&#x017F;ches Mond&#x017F;cheingewimmer?</l><lb/>
              <l>So &#x017F;eid doch endlich &#x017F;till davon!</l><lb/>
              <l>Ihr ändert's ja <hi rendition="#g">doch</hi> nicht, die Zeit i&#x017F;t noch immer</l><lb/>
              <l>Die alte Hure von Babylon!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Das Ei&#x017F;en der Kraft hat &#x017F;ie &#x017F;pielend zerbrochen,</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;chnitzt &#x017F;ich Heroen aus jedem Wicht</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;augt uns das Mark aus un&#x017F;ern Knochen</l><lb/>
              <l>Mit ihrem weißen Sirenenge&#x017F;icht.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Die Flammen der Freiheit &#x017F;ind lange vergluthet,</l><lb/>
              <l>Die Herzen &#x017F;chlagen, die Herzen &#x017F;chrein &#x2014;</l><lb/>
              <l>Eh der neue Me&#x017F;&#x017F;ias &#x017F;ich verblutet,</l><lb/>
              <l>O heilige Sintfluth, brich herein!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">21<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0343] En passant. Was ſoll uns heut lyriſches Mondſcheingewimmer? So ſeid doch endlich ſtill davon! Ihr ändert's ja doch nicht, die Zeit iſt noch immer Die alte Hure von Babylon! Das Eiſen der Kraft hat ſie ſpielend zerbrochen, Sie ſchnitzt ſich Heroen aus jedem Wicht Und ſaugt uns das Mark aus unſern Knochen Mit ihrem weißen Sirenengeſicht. Die Flammen der Freiheit ſind lange vergluthet, Die Herzen ſchlagen, die Herzen ſchrein — Eh der neue Meſſias ſich verblutet, O heilige Sintfluth, brich herein! 21

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/343
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/343>, abgerufen am 31.10.2024.