Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Ballerinen und Syphiliten, Schwiegermütter und Jesuiten, Unterröcke, Corsetts und Matratzen, Vipern, Kokotten und Kammerkatzen, Toaste, Kloaken und Vitriole, Panzerfregatten und Staatsmonopole, Kriegervereine und Schwadroneure, Luccagagen und Operntenöre, Wagnerianer und Patrioten, Schneider, Kastraten und Idioten, Falsche Zöpfe und echte Biere, Nähmaschinen und Klimperklaviere, Schnupfstabackdosen und Mädchen für Alles Und -- last not least -- ein unsterblicher Dalles! Sympathisch zwar und angenehm Ist meiner Treu mir keins von dem, Doch bei vernünftiger Beschauung Stört mir auch keines die Verdauung. So leb ich lustig comme il faut Wie jener Mops im Paletot. Nur Eins macht stets mich tapfer weichen Und läßt mich kreideweiß erbleichen .... O Gott, mir wird das Herz so schwer: Nachbarin, euer Fläschchen her! Das Wort bleibt mir im Halse stecken, So oft ich auch daran gedacht -- Das ist der schrecklichste der Schrecken: Ein Schöngeist, der in Versen "macht"! Ballerinen und Syphiliten, Schwiegermütter und Jeſuiten, Unterröcke, Corſetts und Matratzen, Vipern, Kokotten und Kammerkatzen, Toaſte, Kloaken und Vitriole, Panzerfregatten und Staatsmonopole, Kriegervereine und Schwadroneure, Luccagagen und Operntenöre, Wagnerianer und Patrioten, Schneider, Kaſtraten und Idioten, Falſche Zöpfe und echte Biere, Nähmaſchinen und Klimperklaviere, Schnupfstabackdoſen und Mädchen für Alles Und — last not least — ein unſterblicher Dalles! Sympathiſch zwar und angenehm Iſt meiner Treu mir keins von dem, Doch bei vernünftiger Beſchauung Stört mir auch keines die Verdauung. So leb ich luſtig comme il faut Wie jener Mops im Paletot. Nur Eins macht ſtets mich tapfer weichen Und läßt mich kreideweiß erbleichen .... O Gott, mir wird das Herz ſo ſchwer: Nachbarin, euer Fläſchchen her! Das Wort bleibt mir im Halſe ſtecken, So oft ich auch daran gedacht — Das iſt der ſchrecklichſte der Schrecken: Ein Schöngeiſt, der in Verſen „macht“! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0077" n="55"/> <lg n="2"> <l>Ballerinen und Syphiliten,</l><lb/> <l>Schwiegermütter und Jeſuiten,</l><lb/> <l>Unterröcke, Corſetts und Matratzen,</l><lb/> <l>Vipern, Kokotten und Kammerkatzen,</l><lb/> <l>Toaſte, Kloaken und Vitriole,</l><lb/> <l>Panzerfregatten und Staatsmonopole,</l><lb/> <l>Kriegervereine und Schwadroneure,</l><lb/> <l>Luccagagen und Operntenöre,</l><lb/> <l>Wagnerianer und Patrioten,</l><lb/> <l>Schneider, Kaſtraten und Idioten,</l><lb/> <l>Falſche Zöpfe und echte Biere,</l><lb/> <l>Nähmaſchinen und Klimperklaviere,</l><lb/> <l>Schnupfstabackdoſen und Mädchen für Alles</l><lb/> <l>Und — <hi rendition="#aq">last not least</hi> — ein unſterblicher Dalles!</l><lb/> <l>Sympathiſch zwar und angenehm</l><lb/> <l>Iſt meiner Treu mir keins von dem,</l><lb/> <l>Doch bei vernünftiger Beſchauung</l><lb/> <l>Stört mir auch keines die Verdauung.</l><lb/> <l>So leb ich luſtig <hi rendition="#aq">comme il faut</hi></l><lb/> <l>Wie jener Mops im Paletot.</l><lb/> <l>Nur Eins macht ſtets mich tapfer weichen</l><lb/> <l>Und läßt mich kreideweiß erbleichen ....</l><lb/> <l>O Gott, mir wird das Herz ſo ſchwer:</l><lb/> <l>Nachbarin, euer Fläſchchen her!</l><lb/> <l>Das Wort bleibt mir im Halſe ſtecken,</l><lb/> <l>So oft ich auch daran gedacht —</l><lb/> <l>Das iſt der ſchrecklichſte der Schrecken:</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Ein Schöngeiſt</hi>, <hi rendition="#g">der in Verſen</hi> „<hi rendition="#g">macht</hi>“!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [55/0077]
Ballerinen und Syphiliten,
Schwiegermütter und Jeſuiten,
Unterröcke, Corſetts und Matratzen,
Vipern, Kokotten und Kammerkatzen,
Toaſte, Kloaken und Vitriole,
Panzerfregatten und Staatsmonopole,
Kriegervereine und Schwadroneure,
Luccagagen und Operntenöre,
Wagnerianer und Patrioten,
Schneider, Kaſtraten und Idioten,
Falſche Zöpfe und echte Biere,
Nähmaſchinen und Klimperklaviere,
Schnupfstabackdoſen und Mädchen für Alles
Und — last not least — ein unſterblicher Dalles!
Sympathiſch zwar und angenehm
Iſt meiner Treu mir keins von dem,
Doch bei vernünftiger Beſchauung
Stört mir auch keines die Verdauung.
So leb ich luſtig comme il faut
Wie jener Mops im Paletot.
Nur Eins macht ſtets mich tapfer weichen
Und läßt mich kreideweiß erbleichen ....
O Gott, mir wird das Herz ſo ſchwer:
Nachbarin, euer Fläſchchen her!
Das Wort bleibt mir im Halſe ſtecken,
So oft ich auch daran gedacht —
Das iſt der ſchrecklichſte der Schrecken:
Ein Schöngeiſt, der in Verſen „macht“!
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