Holz, Arno: Phantasus. 1. Heft. Berlin, 1898.Fern auf der Insel Nurapu blüht der Baum Bo. In seinen Wurzeln singt die See, durch seine Zweige ziehn die Sterne. Auf einem langen Ast, mein Gott: die Hirtin und der -- Schornsteinfeger? Die niedlichen kleinen Schuhe, der goldne Hut, die schwarze Leiter, der Hirtenstab . . . Ihr habt also doch nicht zurückgefunden? Ach Gott, ja: wenn man aus Porzellan ist! Das alte Stübchen mit dem Spiegeltischchen, das verschnörkelte Spind aus Mahagoniholz, der blaue, gemütliche Kachelofen! Grossmutters Tulpen! Das waren noch Zeiten! Hier ruft keine Kukuksuhr, hier duftet kein Lawendeltopf; hier braust die See, hier fliehn die Sterne. Und ich sitze und weine bitterlich! Fern auf der Insel Nurapu blüht der Baum Bo. In seinen Wurzeln singt die See, durch seine Zweige ziehn die Sterne. Auf einem langen Ast, mein Gott: die Hirtin und der — Schornsteinfeger? Die niedlichen kleinen Schuhe, der goldne Hut, die schwarze Leiter, der Hirtenstab . . . Ihr habt also doch nicht zurückgefunden? Ach Gott, ja: wenn man aus Porzellan ist! Das alte Stübchen mit dem Spiegeltischchen, das verschnörkelte Spind aus Mahagoniholz, der blaue, gemütliche Kachelofen! Grossmutters Tulpen! Das waren noch Zeiten! Hier ruft keine Kukuksuhr, hier duftet kein Lawendeltopf; hier braust die See, hier fliehn die Sterne. Und ich sitze und weine bitterlich! <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0023"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l rendition="#c">Fern auf der Insel Nurapu</l><lb/> <l rendition="#c">blüht der Baum Bo.</l><lb/> <l rendition="#c">In seinen Wurzeln singt die See,</l><lb/> <l rendition="#c">durch seine Zweige ziehn die Sterne.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l rendition="#c">Auf einem langen Ast, mein Gott: die Hirtin und der — Schornsteinfeger?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l rendition="#c">Die niedlichen kleinen Schuhe, der goldne Hut,</l><lb/> <l rendition="#c">die schwarze Leiter, der Hirtenstab . . .</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l rendition="#c">Ihr habt also doch nicht zurückgefunden?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l rendition="#c">Ach Gott, ja:</l><lb/> <l rendition="#c">wenn man aus Porzellan ist!</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l rendition="#c">Das alte Stübchen mit dem Spiegeltischchen,</l><lb/> <l rendition="#c">das verschnörkelte Spind aus Mahagoniholz,</l><lb/> <l rendition="#c">der blaue, gemütliche Kachelofen!</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l rendition="#c">Grossmutters Tulpen!</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l rendition="#c">Das waren noch Zeiten!</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l rendition="#c">Hier ruft keine Kukuksuhr,</l><lb/> <l rendition="#c">hier duftet kein Lawendeltopf;</l><lb/> <l rendition="#c">hier braust die See,</l><lb/> <l rendition="#c">hier fliehn die Sterne.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l rendition="#c">Und ich sitze und weine bitterlich!</l> </lg><lb/> </lg> </body> </text> </TEI> [0023]
Fern auf der Insel Nurapu
blüht der Baum Bo.
In seinen Wurzeln singt die See,
durch seine Zweige ziehn die Sterne.
Auf einem langen Ast, mein Gott: die Hirtin und der — Schornsteinfeger?
Die niedlichen kleinen Schuhe, der goldne Hut,
die schwarze Leiter, der Hirtenstab . . .
Ihr habt also doch nicht zurückgefunden?
Ach Gott, ja:
wenn man aus Porzellan ist!
Das alte Stübchen mit dem Spiegeltischchen,
das verschnörkelte Spind aus Mahagoniholz,
der blaue, gemütliche Kachelofen!
Grossmutters Tulpen!
Das waren noch Zeiten!
Hier ruft keine Kukuksuhr,
hier duftet kein Lawendeltopf;
hier braust die See,
hier fliehn die Sterne.
Und ich sitze und weine bitterlich!
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Zitationshilfe: | Holz, Arno: Phantasus. 1. Heft. Berlin, 1898, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_phantasus01_1898/23>, abgerufen am 27.07.2024. |