Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Die Familie Selicke. Berlin, 1890. Walter (steckt den Kopf durch die Kammerthür. Paus- backen, Pudelmütze, rothe, gestrickte Fausthandschuhe): Mamchen? darf ich mir noch schnell 'ne Stulle schneiden? Frau Selicke (ist zusammengefahren): Ach, geh' du ungezog'ner Junge! Erschrick einen doch nich immer so! (ist aufgestanden und an den Tisch getreten, auf den sie ihre Brille legt). Kannst Du denn auch gar nicht 'n bischen Rücksicht nehmen?! Siehst Du denn nich, dass das Kind krank ist? Walter (ist unterdessen auf's Sopha geklettert und trinkt nun nacheinander die verschiedenen Kaffeereste aus. Den Zucker holt er sich mit dem Löffel extra raus): Aber ich hab' doch noch solchen Hunger, Mamchen? Albert (ebenfalls noch hinter der Scene, in der Kammer, deren Thür jetzt weit aufsteht. Man sieht ihn vor einer kleinen Spiegelkommode, auf der ein Licht brennt. Knüpft sich grade seine Kravatte um. Hemdärmel.): Ach was, Mutter! Jieb ihm lieber 'n Katzen- kopp un denn is jut! Frau Selicke (die jetzt Walter die Stulle schneidet): Na, Du, Grosser, sei doch man schon ganz still! Du verdienst ja noch alle Tage welche! Ich denk', ihr seid überhaupt schon lange weg? Albert (ärgerlich): Ja doch! Gleich! Aber ich wer' mir doch wohl noch erst den Rock ab- bürschten können? Frau Selicke: Na ja, gewiss doch! Steh Du man immer recht vor'm Spiegel und vertrödle recht viel Zeit! Da werd't Ihr ja euern lieben Vater sicher noch finden! Der wird heute grade noch auf 'm Comptoir sitzen! Albert: Ach Jott! Nu thu doch man nicht wieder so! Vor Sechs kann er ja doch heute so wie so nich aus 'm Geschäft! Walter (steckt den Kopf durch die Kammerthür. Paus- backen, Pudelmütze, rothe, gestrickte Fausthandschuhe): Mamchen? darf ich mir noch schnell ’ne Stulle schneiden? Frau Selicke (ist zusammengefahren): Ach, geh’ du ungezog’ner Junge! Erschrick einen doch nich immer so! (ist aufgestanden und an den Tisch getreten, auf den sie ihre Brille legt). Kannst Du denn auch gar nicht ’n bischen Rücksicht nehmen?! Siehst Du denn nich, dass das Kind krank ist? Walter (ist unterdessen auf’s Sopha geklettert und trinkt nun nacheinander die verschiedenen Kaffeereste aus. Den Zucker holt er sich mit dem Löffel extra raus): Aber ich hab’ doch noch solchen Hunger, Mamchen? Albert (ebenfalls noch hinter der Scene, in der Kammer, deren Thür jetzt weit aufsteht. Man sieht ihn vor einer kleinen Spiegelkommode, auf der ein Licht brennt. Knüpft sich grade seine Kravatte um. Hemdärmel.): Ach was, Mutter! Jieb ihm lieber ’n Katzen- kopp un denn is jut! Frau Selicke (die jetzt Walter die Stulle schneidet): Na, Du, Grosser, sei doch man schon ganz still! Du verdienst ja noch alle Tage welche! Ich denk’, ihr seid überhaupt schon lange weg? Albert (ärgerlich): Ja doch! Gleich! Aber ich wer’ mir doch wohl noch erst den Rock ab- bürschten können? Frau Selicke: Na ja, gewiss doch! Steh Du man immer recht vor’m Spiegel und vertrödle recht viel Zeit! Da werd’t Ihr ja euern lieben Vater sicher noch finden! Der wird heute grade noch auf ’m Comptoir sitzen! Albert: Ach Jott! Nu thu doch man nicht wieder so! Vor Sechs kann er ja doch heute so wie so nich aus ’m Geschäft! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0028" n="6"/> <sp who="#WAL"> <speaker> <hi rendition="#g">Walter</hi> </speaker> <stage>(steckt den Kopf durch die Kammerthür. Paus-<lb/> backen, Pudelmütze, rothe, gestrickte Fausthandschuhe):</stage><lb/> <p>Mamchen? darf ich mir noch schnell ’ne Stulle<lb/> schneiden?</p> </sp><lb/> <sp who="#FRASELI"> <speaker> <hi rendition="#g">Frau Selicke</hi> </speaker> <stage>(ist zusammengefahren):</stage> <p>Ach, geh’<lb/> du ungezog’ner Junge! 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Mamchen? darf ich mir noch schnell ’ne Stulle
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Frau Selicke (ist zusammengefahren): Ach, geh’
du ungezog’ner Junge! Erschrick einen doch
nich immer so! (ist aufgestanden und an den Tisch
getreten, auf den sie ihre Brille legt). Kannst Du
denn auch gar nicht ’n bischen Rücksicht nehmen?!
Siehst Du denn nich, dass das Kind krank ist?
Walter (ist unterdessen auf’s Sopha geklettert und
trinkt nun nacheinander die verschiedenen Kaffeereste
aus. Den Zucker holt er sich mit dem Löffel extra
raus): Aber ich hab’ doch noch solchen Hunger,
Mamchen?
Albert (ebenfalls noch hinter der Scene, in der Kammer,
deren Thür jetzt weit aufsteht. Man sieht ihn vor
einer kleinen Spiegelkommode, auf der ein Licht brennt.
Knüpft sich grade seine Kravatte um. Hemdärmel.):
Ach was, Mutter! Jieb ihm lieber ’n Katzen-
kopp un denn is jut!
Frau Selicke (die jetzt Walter die Stulle schneidet):
Na, Du, Grosser, sei doch man schon ganz
still! Du verdienst ja noch alle Tage welche!
Ich denk’, ihr seid überhaupt schon lange weg?
Albert (ärgerlich): Ja doch! Gleich! Aber ich
wer’ mir doch wohl noch erst den Rock ab-
bürschten können?
Frau Selicke: Na ja, gewiss doch! Steh Du
man immer recht vor’m Spiegel und vertrödle
recht viel Zeit! Da werd’t Ihr ja euern lieben
Vater sicher noch finden! Der wird heute
grade noch auf ’m Comptoir sitzen!
Albert: Ach Jott! Nu thu doch man nicht wieder
so! Vor Sechs kann er ja doch heute so wie so
nich aus ’m Geschäft!
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