Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.dig ersehnte er den Abend, die Stunde, da man zur Veglia geht. Endlich berührte die Sonnenscheibe den Rand der Berge, ein purpurnes Licht erfüllte die Luft, und droben in der Kapelle von Montisoni tönte das Ave Maria. Maso steckte sich ein Sträußchen duftender Gaggie ins Knopfloch und betrat den von Feigen und Wachholder eingeschlossenen Vorplatz, wo wieder wie am Vormittag Sora Maria saß und vergnügt an den Besuch der Donna Ersilia zurückdachte. Was willst du, mein Sohn? fragte sie den Jungen, der da hereingekommen war und nun, statt zu sprechen, sich umschaute, als ob er etwas suchte. Was ich will? Ich bin der Maso Nencioni von Valtella, und meine Padrona, die Signoria Ersilia, muß es Euch gesagt haben. In der That, mir scheint, sie hat deinen Namen gesagt. Nun ja -- also wißt Ihr -- Was, mein Sohn? Daß ich Eure Tochter Gigia zur Frau nehmen will. Statt aller Antwort betrachtete Sora Maria den Jungen von unten bis oben und brach in ein lautes Lachen aus. Maso wartete ruhig, bis sie ausgelacht hatte, dann fuhr er fort: In ganz Valtella hat Keiner ein größeres Podere als mein Vater Leopoldo Nencioni, und wenn ich sage, daß der Signor Baldo unser Padrone ist, so, meine ich, wäre Alles gesagt. -- Er schüttelte den Kopf, als das andauernde Schweigen der dig ersehnte er den Abend, die Stunde, da man zur Veglia geht. Endlich berührte die Sonnenscheibe den Rand der Berge, ein purpurnes Licht erfüllte die Luft, und droben in der Kapelle von Montisoni tönte das Ave Maria. Maso steckte sich ein Sträußchen duftender Gaggie ins Knopfloch und betrat den von Feigen und Wachholder eingeschlossenen Vorplatz, wo wieder wie am Vormittag Sora Maria saß und vergnügt an den Besuch der Donna Ersilia zurückdachte. Was willst du, mein Sohn? fragte sie den Jungen, der da hereingekommen war und nun, statt zu sprechen, sich umschaute, als ob er etwas suchte. Was ich will? Ich bin der Maso Nencioni von Valtella, und meine Padrona, die Signoria Ersilia, muß es Euch gesagt haben. In der That, mir scheint, sie hat deinen Namen gesagt. Nun ja — also wißt Ihr — Was, mein Sohn? Daß ich Eure Tochter Gigia zur Frau nehmen will. Statt aller Antwort betrachtete Sora Maria den Jungen von unten bis oben und brach in ein lautes Lachen aus. Maso wartete ruhig, bis sie ausgelacht hatte, dann fuhr er fort: In ganz Valtella hat Keiner ein größeres Podere als mein Vater Leopoldo Nencioni, und wenn ich sage, daß der Signor Baldo unser Padrone ist, so, meine ich, wäre Alles gesagt. — Er schüttelte den Kopf, als das andauernde Schweigen der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029"/> dig ersehnte er den Abend, die Stunde, da man zur Veglia geht. Endlich berührte die Sonnenscheibe den Rand der Berge, ein purpurnes Licht erfüllte die Luft, und droben in der Kapelle von Montisoni tönte das Ave Maria. Maso steckte sich ein Sträußchen duftender Gaggie ins Knopfloch und betrat den von Feigen und Wachholder eingeschlossenen Vorplatz, wo wieder wie am Vormittag Sora Maria saß und vergnügt an den Besuch der Donna Ersilia zurückdachte.</p><lb/> <p>Was willst du, mein Sohn? fragte sie den Jungen, der da hereingekommen war und nun, statt zu sprechen, sich umschaute, als ob er etwas suchte.</p><lb/> <p>Was ich will? Ich bin der Maso Nencioni von Valtella, und meine Padrona, die Signoria Ersilia, muß es Euch gesagt haben.</p><lb/> <p>In der That, mir scheint, sie hat deinen Namen gesagt.</p><lb/> <p>Nun ja — also wißt Ihr —</p><lb/> <p>Was, mein Sohn?</p><lb/> <p>Daß ich Eure Tochter Gigia zur Frau nehmen will.</p><lb/> <p>Statt aller Antwort betrachtete Sora Maria den Jungen von unten bis oben und brach in ein lautes Lachen aus. Maso wartete ruhig, bis sie ausgelacht hatte, dann fuhr er fort: In ganz Valtella hat Keiner ein größeres Podere als mein Vater Leopoldo Nencioni, und wenn ich sage, daß der Signor Baldo unser Padrone ist, so, meine ich, wäre Alles gesagt. — Er schüttelte den Kopf, als das andauernde Schweigen der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
dig ersehnte er den Abend, die Stunde, da man zur Veglia geht. Endlich berührte die Sonnenscheibe den Rand der Berge, ein purpurnes Licht erfüllte die Luft, und droben in der Kapelle von Montisoni tönte das Ave Maria. Maso steckte sich ein Sträußchen duftender Gaggie ins Knopfloch und betrat den von Feigen und Wachholder eingeschlossenen Vorplatz, wo wieder wie am Vormittag Sora Maria saß und vergnügt an den Besuch der Donna Ersilia zurückdachte.
Was willst du, mein Sohn? fragte sie den Jungen, der da hereingekommen war und nun, statt zu sprechen, sich umschaute, als ob er etwas suchte.
Was ich will? Ich bin der Maso Nencioni von Valtella, und meine Padrona, die Signoria Ersilia, muß es Euch gesagt haben.
In der That, mir scheint, sie hat deinen Namen gesagt.
Nun ja — also wißt Ihr —
Was, mein Sohn?
Daß ich Eure Tochter Gigia zur Frau nehmen will.
Statt aller Antwort betrachtete Sora Maria den Jungen von unten bis oben und brach in ein lautes Lachen aus. Maso wartete ruhig, bis sie ausgelacht hatte, dann fuhr er fort: In ganz Valtella hat Keiner ein größeres Podere als mein Vater Leopoldo Nencioni, und wenn ich sage, daß der Signor Baldo unser Padrone ist, so, meine ich, wäre Alles gesagt. — Er schüttelte den Kopf, als das andauernde Schweigen der
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