Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Daß aber Maso's schnelle Freude sich so schnell in Leid verwandelt hatte, das war also zugegangen. Eine Verlobung in einer Ortschaft wie Urballa, wo die Häuser offene Vorplätze haben, pflegt nicht lange geheim zu bleiben, und am Montag Morgen, während Sora Maria kopfschüttelnd in ihrem Hause umherging und verwunderte Seitenblicke auf Gigia warf, welche eben gesagt hatte, sie wünsche jetzt nur recht bald Hochzeit zu machen und wieder in Ordnung zu kommen, -- an eben diesem Montag Morgen wurde die Nachricht, Gigia Landi sei die Braut des Maso Nencioni von Valtella, bereits in allen Häusern von Urballa eifrigst besprochen. Und es hatte noch nicht Mittag geläutet, da betraten zwei Burschen das Haus der Landi: Agenore war's und Bistino Rossi, der Barbier. Sie wünschten erst der Mutter, dann der Tochter einen guten Tag, schauten aber gar finster drein, und zumal auf Agenore's Stirne stand eine so böse Falte, daß Gigia ganz blaß wurde und ihr das Herz zu pochen begann. Und nun fragte Agenore mit einer Stimme, aus deren Tone das Mädchen furchtbare Drohungen heraus hörte: Ist es wahr, Sora Maria, daß der verdammte Valtellaner Knirps, der gestern bei euch gewesen, der Bräutigam eurer Tochter ist. Gigia ließ der Mutter keine Zeit zum Antworten. Was fällt dir ein, Agenore? Können wir etwas dafür, wenn der einfältige Junge sich in den Kopf setzte, er müsse mich zur Frau haben? Daß aber Maso's schnelle Freude sich so schnell in Leid verwandelt hatte, das war also zugegangen. Eine Verlobung in einer Ortschaft wie Urballa, wo die Häuser offene Vorplätze haben, pflegt nicht lange geheim zu bleiben, und am Montag Morgen, während Sora Maria kopfschüttelnd in ihrem Hause umherging und verwunderte Seitenblicke auf Gigia warf, welche eben gesagt hatte, sie wünsche jetzt nur recht bald Hochzeit zu machen und wieder in Ordnung zu kommen, — an eben diesem Montag Morgen wurde die Nachricht, Gigia Landi sei die Braut des Maso Nencioni von Valtella, bereits in allen Häusern von Urballa eifrigst besprochen. Und es hatte noch nicht Mittag geläutet, da betraten zwei Burschen das Haus der Landi: Agenore war's und Bistino Rossi, der Barbier. Sie wünschten erst der Mutter, dann der Tochter einen guten Tag, schauten aber gar finster drein, und zumal auf Agenore's Stirne stand eine so böse Falte, daß Gigia ganz blaß wurde und ihr das Herz zu pochen begann. Und nun fragte Agenore mit einer Stimme, aus deren Tone das Mädchen furchtbare Drohungen heraus hörte: Ist es wahr, Sora Maria, daß der verdammte Valtellaner Knirps, der gestern bei euch gewesen, der Bräutigam eurer Tochter ist. Gigia ließ der Mutter keine Zeit zum Antworten. Was fällt dir ein, Agenore? Können wir etwas dafür, wenn der einfältige Junge sich in den Kopf setzte, er müsse mich zur Frau haben? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0033"/> <p>Daß aber Maso's schnelle Freude sich so schnell in Leid verwandelt hatte, das war also zugegangen.</p><lb/> <p>Eine Verlobung in einer Ortschaft wie Urballa, wo die Häuser offene Vorplätze haben, pflegt nicht lange geheim zu bleiben, und am Montag Morgen, während Sora Maria kopfschüttelnd in ihrem Hause umherging und verwunderte Seitenblicke auf Gigia warf, welche eben gesagt hatte, sie wünsche jetzt nur recht bald Hochzeit zu machen und wieder in Ordnung zu kommen, — an eben diesem Montag Morgen wurde die Nachricht, Gigia Landi sei die Braut des Maso Nencioni von Valtella, bereits in allen Häusern von Urballa eifrigst besprochen. Und es hatte noch nicht Mittag geläutet, da betraten zwei Burschen das Haus der Landi: Agenore war's und Bistino Rossi, der Barbier. Sie wünschten erst der Mutter, dann der Tochter einen guten Tag, schauten aber gar finster drein, und zumal auf Agenore's Stirne stand eine so böse Falte, daß Gigia ganz blaß wurde und ihr das Herz zu pochen begann. Und nun fragte Agenore mit einer Stimme, aus deren Tone das Mädchen furchtbare Drohungen heraus hörte: Ist es wahr, Sora Maria, daß der verdammte Valtellaner Knirps, der gestern bei euch gewesen, der Bräutigam eurer Tochter ist.</p><lb/> <p>Gigia ließ der Mutter keine Zeit zum Antworten. Was fällt dir ein, Agenore? Können wir etwas dafür, wenn der einfältige Junge sich in den Kopf setzte, er müsse mich zur Frau haben?</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
Daß aber Maso's schnelle Freude sich so schnell in Leid verwandelt hatte, das war also zugegangen.
Eine Verlobung in einer Ortschaft wie Urballa, wo die Häuser offene Vorplätze haben, pflegt nicht lange geheim zu bleiben, und am Montag Morgen, während Sora Maria kopfschüttelnd in ihrem Hause umherging und verwunderte Seitenblicke auf Gigia warf, welche eben gesagt hatte, sie wünsche jetzt nur recht bald Hochzeit zu machen und wieder in Ordnung zu kommen, — an eben diesem Montag Morgen wurde die Nachricht, Gigia Landi sei die Braut des Maso Nencioni von Valtella, bereits in allen Häusern von Urballa eifrigst besprochen. Und es hatte noch nicht Mittag geläutet, da betraten zwei Burschen das Haus der Landi: Agenore war's und Bistino Rossi, der Barbier. Sie wünschten erst der Mutter, dann der Tochter einen guten Tag, schauten aber gar finster drein, und zumal auf Agenore's Stirne stand eine so böse Falte, daß Gigia ganz blaß wurde und ihr das Herz zu pochen begann. Und nun fragte Agenore mit einer Stimme, aus deren Tone das Mädchen furchtbare Drohungen heraus hörte: Ist es wahr, Sora Maria, daß der verdammte Valtellaner Knirps, der gestern bei euch gewesen, der Bräutigam eurer Tochter ist.
Gigia ließ der Mutter keine Zeit zum Antworten. Was fällt dir ein, Agenore? Können wir etwas dafür, wenn der einfältige Junge sich in den Kopf setzte, er müsse mich zur Frau haben?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T12:13:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T12:13:28Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |