Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

schlechter Gesellschaft. Ich sage dir: wenn du den Agenore nicht liebst, so sollst du ihn nicht heirathen. Was schüttelst du den Kopf! Ich weiß, was ich sage, und ich wundere mich sehr, daß du nicht längst zu mir gekommen bist, um mich zu bitten, daß ich dir helfe.

Gigia heftete einen Blick voll Zweifel auf die Signora, die mit solcher Zuversicht von ihrer Hülfe sprach. Die Wangen des Mädchens rötheten sich, und in ihren Augen begann etwas wie Hoffnung aufzuleuchten.

Nun, wird es bald? rief Donna Ersilia heftig, aber ihrer Stimme war es anzuhören, daß sie in diesem Augenblicke keine Befriedigung empfand. Wird es bald? jetzt könntest du doch endlich reden!

Wohl, versetzte Gigia, noch immer zögernd. Wenn denn Eure Signoria wahr redet und mir helfen kann -- es ist gewiß nicht leicht, aber wenn Eure Signoria es fertig brächte, daß ich nicht den Agenore zu heirathen brauchte, sondern -- -- sie stockte -- vielleicht aus jungfräulicher Verschämtheit; doch erröthete sie weiter nicht.

Sondern -- rief die Signora belustigt und ungeduldig.

Lieber würde ich den Angelo nehmen.

Den Angelo? rief Donna Ersilia und blickte sie groß an; sie glaubte nicht recht gehört zu haben. Wen würdest du lieber nehmen?

Den Angelo Boldrini -- der ist doch kein blutdürstiger Tiger wie Agenore.

schlechter Gesellschaft. Ich sage dir: wenn du den Agenore nicht liebst, so sollst du ihn nicht heirathen. Was schüttelst du den Kopf! Ich weiß, was ich sage, und ich wundere mich sehr, daß du nicht längst zu mir gekommen bist, um mich zu bitten, daß ich dir helfe.

Gigia heftete einen Blick voll Zweifel auf die Signora, die mit solcher Zuversicht von ihrer Hülfe sprach. Die Wangen des Mädchens rötheten sich, und in ihren Augen begann etwas wie Hoffnung aufzuleuchten.

Nun, wird es bald? rief Donna Ersilia heftig, aber ihrer Stimme war es anzuhören, daß sie in diesem Augenblicke keine Befriedigung empfand. Wird es bald? jetzt könntest du doch endlich reden!

Wohl, versetzte Gigia, noch immer zögernd. Wenn denn Eure Signoria wahr redet und mir helfen kann — es ist gewiß nicht leicht, aber wenn Eure Signoria es fertig brächte, daß ich nicht den Agenore zu heirathen brauchte, sondern — — sie stockte — vielleicht aus jungfräulicher Verschämtheit; doch erröthete sie weiter nicht.

Sondern — rief die Signora belustigt und ungeduldig.

Lieber würde ich den Angelo nehmen.

Den Angelo? rief Donna Ersilia und blickte sie groß an; sie glaubte nicht recht gehört zu haben. Wen würdest du lieber nehmen?

Den Angelo Boldrini — der ist doch kein blutdürstiger Tiger wie Agenore.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0057"/>
schlechter Gesellschaft. Ich sage dir: wenn du den Agenore nicht liebst, so      sollst du ihn nicht heirathen. Was schüttelst du den Kopf! Ich weiß, was ich sage, und ich      wundere mich sehr, daß du nicht längst zu mir gekommen bist, um mich zu bitten, daß ich dir      helfe.</p><lb/>
        <p>Gigia heftete einen Blick voll Zweifel auf die Signora, die mit solcher Zuversicht von ihrer      Hülfe sprach. Die Wangen des Mädchens rötheten sich, und in ihren Augen begann etwas wie      Hoffnung aufzuleuchten.</p><lb/>
        <p>Nun, wird es bald? rief Donna Ersilia heftig, aber ihrer Stimme war es anzuhören, daß sie in      diesem Augenblicke keine Befriedigung empfand. Wird es bald? jetzt könntest du doch endlich      reden!</p><lb/>
        <p>Wohl, versetzte Gigia, noch immer zögernd. Wenn denn Eure Signoria wahr redet und mir helfen      kann &#x2014; es ist gewiß nicht leicht, aber wenn Eure Signoria es fertig brächte, daß ich nicht den      Agenore zu heirathen brauchte, sondern &#x2014; &#x2014; sie stockte &#x2014; vielleicht aus jungfräulicher      Verschämtheit; doch erröthete sie weiter nicht.</p><lb/>
        <p>Sondern &#x2014; rief die Signora belustigt und ungeduldig.</p><lb/>
        <p>Lieber würde ich den Angelo nehmen.</p><lb/>
        <p>Den Angelo? rief Donna Ersilia und blickte sie groß an; sie glaubte nicht recht gehört zu      haben. Wen würdest du lieber nehmen?</p><lb/>
        <p>Den Angelo Boldrini &#x2014; der ist doch kein blutdürstiger Tiger wie Agenore. </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0057] schlechter Gesellschaft. Ich sage dir: wenn du den Agenore nicht liebst, so sollst du ihn nicht heirathen. Was schüttelst du den Kopf! Ich weiß, was ich sage, und ich wundere mich sehr, daß du nicht längst zu mir gekommen bist, um mich zu bitten, daß ich dir helfe. Gigia heftete einen Blick voll Zweifel auf die Signora, die mit solcher Zuversicht von ihrer Hülfe sprach. Die Wangen des Mädchens rötheten sich, und in ihren Augen begann etwas wie Hoffnung aufzuleuchten. Nun, wird es bald? rief Donna Ersilia heftig, aber ihrer Stimme war es anzuhören, daß sie in diesem Augenblicke keine Befriedigung empfand. Wird es bald? jetzt könntest du doch endlich reden! Wohl, versetzte Gigia, noch immer zögernd. Wenn denn Eure Signoria wahr redet und mir helfen kann — es ist gewiß nicht leicht, aber wenn Eure Signoria es fertig brächte, daß ich nicht den Agenore zu heirathen brauchte, sondern — — sie stockte — vielleicht aus jungfräulicher Verschämtheit; doch erröthete sie weiter nicht. Sondern — rief die Signora belustigt und ungeduldig. Lieber würde ich den Angelo nehmen. Den Angelo? rief Donna Ersilia und blickte sie groß an; sie glaubte nicht recht gehört zu haben. Wen würdest du lieber nehmen? Den Angelo Boldrini — der ist doch kein blutdürstiger Tiger wie Agenore.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:13:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:13:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/horner_saeugling_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/horner_saeugling_1910/57
Zitationshilfe: Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/horner_saeugling_1910/57>, abgerufen am 03.05.2024.