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Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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der erste Morgenschimmer zu Hülfe; sonst wäre sie unfehlbar ausgeglitten auf dem feuchten Pfad, welcher dicht am Saum des tiefgebetteten Baches über den von den Ueberschwemmungen glattgewaschenen Felsen hinlief. Dafür aber ängstigte sie auch wieder der nahende Tag. In den Gehöften rings auf den Höhen krähten die Hähne; noch eine Stunde, und Alles war wach, und sie konnte nicht hoffen, daß sie wieder unbemerkt heimkomme. Sie beschleunigte ihre Schritte. Jetzt endlich war sie um den Hügel herum, auf welchem die Kirche von San Giorgio lag; nun eilte sie wieder bergan, und wieder meinte sie, das Herz müsse ihr bersten, bis sie -- die Madonna sei gelobt! -- das Wäldchen erreichte, welches zur Villa La Torre gehörte; das hatte sie noch zu durchschreiten, dann war sie am Ziel. Aufs Neue wanderte sie im Dunkeln, denn die Steineichen standen hier dicht und zwischen ihnen Schlehen und Weißdorn; die Eule, welche in dem ausgebrannten Ziegelofen saß, athmete laut und weithin vernehmlich wie um Mitternacht; alle anderen Vögel schwiegen noch schlafbefangen. Doch wie lange noch, so wurde es auch hier in den Büschen hell! Wie von einem Feinde gejagt, eilte Gigia vorwärts. Nun schimmerte es weiß durch die Bäume, nun trat sie aus dem Waldesdunkel; bloß die lange, mit Rosen und Kirschlorbeer bestandene Allee blieb noch zu durcheilen, die geradewegs auf das Thor der Villa zuführte. In den Vorhof eingetreten, hob jedoch Gigia nicht den Klopfer am Thor, sondern wandte sich nach

der erste Morgenschimmer zu Hülfe; sonst wäre sie unfehlbar ausgeglitten auf dem feuchten Pfad, welcher dicht am Saum des tiefgebetteten Baches über den von den Ueberschwemmungen glattgewaschenen Felsen hinlief. Dafür aber ängstigte sie auch wieder der nahende Tag. In den Gehöften rings auf den Höhen krähten die Hähne; noch eine Stunde, und Alles war wach, und sie konnte nicht hoffen, daß sie wieder unbemerkt heimkomme. Sie beschleunigte ihre Schritte. Jetzt endlich war sie um den Hügel herum, auf welchem die Kirche von San Giorgio lag; nun eilte sie wieder bergan, und wieder meinte sie, das Herz müsse ihr bersten, bis sie — die Madonna sei gelobt! — das Wäldchen erreichte, welches zur Villa La Torre gehörte; das hatte sie noch zu durchschreiten, dann war sie am Ziel. Aufs Neue wanderte sie im Dunkeln, denn die Steineichen standen hier dicht und zwischen ihnen Schlehen und Weißdorn; die Eule, welche in dem ausgebrannten Ziegelofen saß, athmete laut und weithin vernehmlich wie um Mitternacht; alle anderen Vögel schwiegen noch schlafbefangen. Doch wie lange noch, so wurde es auch hier in den Büschen hell! Wie von einem Feinde gejagt, eilte Gigia vorwärts. Nun schimmerte es weiß durch die Bäume, nun trat sie aus dem Waldesdunkel; bloß die lange, mit Rosen und Kirschlorbeer bestandene Allee blieb noch zu durcheilen, die geradewegs auf das Thor der Villa zuführte. In den Vorhof eingetreten, hob jedoch Gigia nicht den Klopfer am Thor, sondern wandte sich nach

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[0069] der erste Morgenschimmer zu Hülfe; sonst wäre sie unfehlbar ausgeglitten auf dem feuchten Pfad, welcher dicht am Saum des tiefgebetteten Baches über den von den Ueberschwemmungen glattgewaschenen Felsen hinlief. Dafür aber ängstigte sie auch wieder der nahende Tag. In den Gehöften rings auf den Höhen krähten die Hähne; noch eine Stunde, und Alles war wach, und sie konnte nicht hoffen, daß sie wieder unbemerkt heimkomme. Sie beschleunigte ihre Schritte. Jetzt endlich war sie um den Hügel herum, auf welchem die Kirche von San Giorgio lag; nun eilte sie wieder bergan, und wieder meinte sie, das Herz müsse ihr bersten, bis sie — die Madonna sei gelobt! — das Wäldchen erreichte, welches zur Villa La Torre gehörte; das hatte sie noch zu durchschreiten, dann war sie am Ziel. Aufs Neue wanderte sie im Dunkeln, denn die Steineichen standen hier dicht und zwischen ihnen Schlehen und Weißdorn; die Eule, welche in dem ausgebrannten Ziegelofen saß, athmete laut und weithin vernehmlich wie um Mitternacht; alle anderen Vögel schwiegen noch schlafbefangen. Doch wie lange noch, so wurde es auch hier in den Büschen hell! Wie von einem Feinde gejagt, eilte Gigia vorwärts. Nun schimmerte es weiß durch die Bäume, nun trat sie aus dem Waldesdunkel; bloß die lange, mit Rosen und Kirschlorbeer bestandene Allee blieb noch zu durcheilen, die geradewegs auf das Thor der Villa zuführte. In den Vorhof eingetreten, hob jedoch Gigia nicht den Klopfer am Thor, sondern wandte sich nach

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:13:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:13:28Z)

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Zitationshilfe: Horner, Heinrich [d. i. Heinrich Homberger]: Der Säugling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/horner_saeugling_1910/69>, abgerufen am 09.11.2024.