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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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meines zwölften Jahres rechne und jetzt, so sollte
ich denken, ich wär ein Jahrtausend alt. Solche
Hofpräsentationsauftritte gehören aber nach
Gärten wie Herrenhausen, wo die Natur unter
der Hand des Gärtners eine willkührliche Umform
angenommen hat, hierher wünsche ich ein
lach- und eßlustiges Völkchen, auf die Bänke
gelagert, in die Gänge zerstreut, und statt dem
Hofstaat in Fischbeinröcken, Tanz und Gesang.

Das Land war von hier aus herrlich schön be-
baut; rechts geht der Schwarzwald fort, und
macht mit seinen dunkel gekrönten Gipfeln einen
reizenden Contrast gegen die Ebne, in der goldnes
Saatkorn mit dem schönsten Hanf und Klee, den
ich je sah, abwechselte. Nahe bei Carlsruhe be-
sahe mein Reisegefährte, ein geschickter Oekonom,
einen fürstlichen Meyerhof. Ich schlenderte mit,
fand aber wenig Freude dabei, denn es sah öde
aus. Mein Oekonom ging auch mit betrübten
Gesichte herum und versicherte wie der Papagei in
Göthes Vögeln: daß er unaussprechliche Seelen-
leiden litt, weil hier vierzig Kühe fräßen, wo
zwei hundert gefüttert werden könnten. Das ist
allerdings ärgerlich, denn da Fressen der Kühe
Glück ist, so wünsche ich recht viele Glückliche die-

meines zwoͤlften Jahres rechne und jetzt, ſo ſollte
ich denken, ich waͤr ein Jahrtauſend alt. Solche
Hofpraͤſentationsauftritte gehoͤren aber nach
Gaͤrten wie Herrenhauſen, wo die Natur unter
der Hand des Gaͤrtners eine willkuͤhrliche Umform
angenommen hat, hierher wuͤnſche ich ein
lach- und eßluſtiges Voͤlkchen, auf die Baͤnke
gelagert, in die Gaͤnge zerſtreut, und ſtatt dem
Hofſtaat in Fiſchbeinroͤcken, Tanz und Geſang.

Das Land war von hier aus herrlich ſchoͤn be-
baut; rechts geht der Schwarzwald fort, und
macht mit ſeinen dunkel gekroͤnten Gipfeln einen
reizenden Contraſt gegen die Ebne, in der goldnes
Saatkorn mit dem ſchoͤnſten Hanf und Klee, den
ich je ſah, abwechſelte. Nahe bei Carlsruhe be-
ſahe mein Reiſegefaͤhrte, ein geſchickter Oekonom,
einen fuͤrſtlichen Meyerhof. Ich ſchlenderte mit,
fand aber wenig Freude dabei, denn es ſah oͤde
aus. Mein Oekonom ging auch mit betruͤbten
Geſichte herum und verſicherte wie der Papagei in
Goͤthes Voͤgeln: daß er unausſprechliche Seelen-
leiden litt, weil hier vierzig Kuͤhe fraͤßen, wo
zwei hundert gefuͤttert werden koͤnnten. Das iſt
allerdings aͤrgerlich, denn da Freſſen der Kuͤhe
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[6/0020] meines zwoͤlften Jahres rechne und jetzt, ſo ſollte ich denken, ich waͤr ein Jahrtauſend alt. Solche Hofpraͤſentationsauftritte gehoͤren aber nach Gaͤrten wie Herrenhauſen, wo die Natur unter der Hand des Gaͤrtners eine willkuͤhrliche Umform angenommen hat, hierher wuͤnſche ich ein lach- und eßluſtiges Voͤlkchen, auf die Baͤnke gelagert, in die Gaͤnge zerſtreut, und ſtatt dem Hofſtaat in Fiſchbeinroͤcken, Tanz und Geſang. Das Land war von hier aus herrlich ſchoͤn be- baut; rechts geht der Schwarzwald fort, und macht mit ſeinen dunkel gekroͤnten Gipfeln einen reizenden Contraſt gegen die Ebne, in der goldnes Saatkorn mit dem ſchoͤnſten Hanf und Klee, den ich je ſah, abwechſelte. Nahe bei Carlsruhe be- ſahe mein Reiſegefaͤhrte, ein geſchickter Oekonom, einen fuͤrſtlichen Meyerhof. Ich ſchlenderte mit, fand aber wenig Freude dabei, denn es ſah oͤde aus. Mein Oekonom ging auch mit betruͤbten Geſichte herum und verſicherte wie der Papagei in Goͤthes Voͤgeln: daß er unausſprechliche Seelen- leiden litt, weil hier vierzig Kuͤhe fraͤßen, wo zwei hundert gefuͤttert werden koͤnnten. Das iſt allerdings aͤrgerlich, denn da Freſſen der Kuͤhe Gluͤck iſt, ſo wuͤnſche ich recht viele Gluͤckliche die-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/20>, abgerufen am 22.12.2024.