Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Kriegsrufe gefolgt seyn. Bei dem Straßen-
und Brückenbau, bei dem Kanalbau, den wir zwi-
schen Kölln und Koblenz in großer Thätigkeit fan-
den, bemerkte man den Mangel an rüstigen Armen
gar nicht. Eine Menge Jünglinge und junger Män-
ner waren dabei beschäftigt. An mehr als einem
Orte werden große Arbeiten vorgenommen, um den
Verwüstungen ein Ende zu machen, die von den
Strömen bisher angerichtet wurden, welche von der
Eifel dem Rheine zulaufen. Sie haben in den letz-
ten Jahren gewaltsam verheert, da alle Vorkehrun-
gen nur partial, nie mit vereinter Anstrengung ge-
macht wurden -- die Regierung hat nunmehr ihre
Aufmerksamkeit darauf gerichtet, die schönen Thä-
ler, die sich auf den Fluß öffnen, vor der Willkühr
der Bergfluthen zu schützen. --

Meine frommen Wallfahrer, Männer und Wei-
ber, sahen recht gemüthlich und wohlgenährt aus.
Sie waren wohlgekleidet, und blickten den Reisen-
den, trotz ihrer Litaney, ganz neugierig und freund-
lich ins Gesicht. Ich kann mich über die Wallfahr-
ten unmöglich recht gewaltig ärgern -- würden
sie gehörig eingerichtet, gehörig benutzt, so möch-
ten sie vielleicht wohlthätiger wirken, wie manches
Volksbuch. Nicht weit von Koblenz fand ich einen
schönen neugefaßten Brunnen am Wege stehen.
Große Bäume beschatteten ihn, Weinberge umgaben
ihn, ein breiter Sitz lud den Wanderer zur Ruhe
ein, und die einfache Inschrift: "Dem Wanderer,"

dem Kriegsrufe gefolgt ſeyn. Bei dem Straßen-
und Bruͤckenbau, bei dem Kanalbau, den wir zwi-
ſchen Koͤlln und Koblenz in großer Thaͤtigkeit fan-
den, bemerkte man den Mangel an ruͤſtigen Armen
gar nicht. Eine Menge Juͤnglinge und junger Maͤn-
ner waren dabei beſchaͤftigt. An mehr als einem
Orte werden große Arbeiten vorgenommen, um den
Verwuͤſtungen ein Ende zu machen, die von den
Stroͤmen bisher angerichtet wurden, welche von der
Eifel dem Rheine zulaufen. Sie haben in den letz-
ten Jahren gewaltſam verheert, da alle Vorkehrun-
gen nur partial, nie mit vereinter Anſtrengung ge-
macht wurden — die Regierung hat nunmehr ihre
Aufmerkſamkeit darauf gerichtet, die ſchoͤnen Thaͤ-
ler, die ſich auf den Fluß oͤffnen, vor der Willkuͤhr
der Bergfluthen zu ſchuͤtzen. —

Meine frommen Wallfahrer, Maͤnner und Wei-
ber, ſahen recht gemuͤthlich und wohlgenaͤhrt aus.
Sie waren wohlgekleidet, und blickten den Reiſen-
den, trotz ihrer Litaney, ganz neugierig und freund-
lich ins Geſicht. Ich kann mich uͤber die Wallfahr-
ten unmoͤglich recht gewaltig aͤrgern — wuͤrden
ſie gehoͤrig eingerichtet, gehoͤrig benutzt, ſo moͤch-
ten ſie vielleicht wohlthaͤtiger wirken, wie manches
Volksbuch. Nicht weit von Koblenz fand ich einen
ſchoͤnen neugefaßten Brunnen am Wege ſtehen.
Große Baͤume beſchatteten ihn, Weinberge umgaben
ihn, ein breiter Sitz lud den Wanderer zur Ruhe
ein, und die einfache Inſchrift: „Dem Wanderer,“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0410" n="396"/>
dem Kriegsrufe gefolgt &#x017F;eyn. Bei dem Straßen-<lb/>
und Bru&#x0364;ckenbau, bei dem Kanalbau, den wir zwi-<lb/>
&#x017F;chen Ko&#x0364;lln und Koblenz in großer Tha&#x0364;tigkeit fan-<lb/>
den, bemerkte man den Mangel an ru&#x0364;&#x017F;tigen Armen<lb/>
gar nicht. Eine Menge Ju&#x0364;nglinge und junger Ma&#x0364;n-<lb/>
ner waren dabei be&#x017F;cha&#x0364;ftigt. An mehr als einem<lb/>
Orte werden große Arbeiten vorgenommen, um den<lb/>
Verwu&#x0364;&#x017F;tungen ein Ende zu machen, die von den<lb/>
Stro&#x0364;men bisher angerichtet wurden, welche von der<lb/>
Eifel dem Rheine zulaufen. Sie haben in den letz-<lb/>
ten Jahren gewalt&#x017F;am verheert, da alle Vorkehrun-<lb/>
gen nur partial, nie mit vereinter An&#x017F;trengung ge-<lb/>
macht wurden &#x2014; die Regierung hat nunmehr ihre<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit darauf gerichtet, die &#x017F;cho&#x0364;nen Tha&#x0364;-<lb/>
ler, die &#x017F;ich auf den Fluß o&#x0364;ffnen, vor der Willku&#x0364;hr<lb/>
der Bergfluthen zu &#x017F;chu&#x0364;tzen. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Meine frommen Wallfahrer, Ma&#x0364;nner und Wei-<lb/>
ber, &#x017F;ahen recht gemu&#x0364;thlich und wohlgena&#x0364;hrt aus.<lb/>
Sie waren wohlgekleidet, und blickten den Rei&#x017F;en-<lb/>
den, trotz ihrer Litaney, ganz neugierig und freund-<lb/>
lich ins Ge&#x017F;icht. Ich kann mich u&#x0364;ber die Wallfahr-<lb/>
ten unmo&#x0364;glich recht gewaltig a&#x0364;rgern &#x2014; wu&#x0364;rden<lb/>
&#x017F;ie geho&#x0364;rig eingerichtet, geho&#x0364;rig benutzt, &#x017F;o mo&#x0364;ch-<lb/>
ten &#x017F;ie vielleicht wohltha&#x0364;tiger wirken, wie manches<lb/>
Volksbuch. Nicht weit von Koblenz fand ich einen<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen neugefaßten Brunnen am Wege &#x017F;tehen.<lb/>
Große Ba&#x0364;ume be&#x017F;chatteten ihn, Weinberge umgaben<lb/>
ihn, ein breiter Sitz lud den Wanderer zur Ruhe<lb/>
ein, und die einfache In&#x017F;chrift: &#x201E;Dem Wanderer,&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0410] dem Kriegsrufe gefolgt ſeyn. Bei dem Straßen- und Bruͤckenbau, bei dem Kanalbau, den wir zwi- ſchen Koͤlln und Koblenz in großer Thaͤtigkeit fan- den, bemerkte man den Mangel an ruͤſtigen Armen gar nicht. Eine Menge Juͤnglinge und junger Maͤn- ner waren dabei beſchaͤftigt. An mehr als einem Orte werden große Arbeiten vorgenommen, um den Verwuͤſtungen ein Ende zu machen, die von den Stroͤmen bisher angerichtet wurden, welche von der Eifel dem Rheine zulaufen. Sie haben in den letz- ten Jahren gewaltſam verheert, da alle Vorkehrun- gen nur partial, nie mit vereinter Anſtrengung ge- macht wurden — die Regierung hat nunmehr ihre Aufmerkſamkeit darauf gerichtet, die ſchoͤnen Thaͤ- ler, die ſich auf den Fluß oͤffnen, vor der Willkuͤhr der Bergfluthen zu ſchuͤtzen. — Meine frommen Wallfahrer, Maͤnner und Wei- ber, ſahen recht gemuͤthlich und wohlgenaͤhrt aus. Sie waren wohlgekleidet, und blickten den Reiſen- den, trotz ihrer Litaney, ganz neugierig und freund- lich ins Geſicht. Ich kann mich uͤber die Wallfahr- ten unmoͤglich recht gewaltig aͤrgern — wuͤrden ſie gehoͤrig eingerichtet, gehoͤrig benutzt, ſo moͤch- ten ſie vielleicht wohlthaͤtiger wirken, wie manches Volksbuch. Nicht weit von Koblenz fand ich einen ſchoͤnen neugefaßten Brunnen am Wege ſtehen. Große Baͤume beſchatteten ihn, Weinberge umgaben ihn, ein breiter Sitz lud den Wanderer zur Ruhe ein, und die einfache Inſchrift: „Dem Wanderer,“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/410
Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/410>, abgerufen am 22.12.2024.