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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Höchst erquickend ist die Wirkung, wenn man
sich ganz von der gegenwärtigen Zeit abziehend,
in jene Zeiten versetzt, wo diese Burgen bewohnt
waren. Wie in allen diesen Felsennestern die Ge-
waltsamkeit herrschte, die Selbstrache zum Rich-
ter gestempelt war; wie alle diese Hütten am Ufer
mit ihren arbeitsamen Bewohnern der Willkühr je-
ner ausgesetzt waren; wie die Betglocke der einzi-
ge Friedenston war, und Priesterkünste das ein-
zige feindliche Regiment. Ich sah die alten Rit-
ter in ihren verworrenen Begriffen von Freiheit
und Vorrechten -- zwei unvereinbaren Ansprü-
chen -- aus ihren Schloßpforten ausreiten, sah
die Hausfrau aus den kleinen schmalen Fenster-
chen, den Rosenkranz in der Hand, ihnen betend
nachblicken; hörte den Pilger an dem Thore läu-
ten und ihn gastfrei bewirthet den Wissenstrieb
des Hofgesindes mit abentheuerlichen Erzahlungen
nähren, die dazumal unter so vielem Falschen, den-
noch den zarten Keim der Wissenschaften zu erhal-
ten beitrugen. Mir wars als sähe ich Abends
noch das kleine Lämpchen aus dem dunkeln Gema-
che herausblicken, und die wackre Edelfrau an der
Wiege ihres kranken Herrleins wachend, in der
stillen Nacht die Wellen des Flusses behorchen; --

D

Hoͤchſt erquickend iſt die Wirkung, wenn man
ſich ganz von der gegenwaͤrtigen Zeit abziehend,
in jene Zeiten verſetzt, wo dieſe Burgen bewohnt
waren. Wie in allen dieſen Felſenneſtern die Ge-
waltſamkeit herrſchte, die Selbſtrache zum Rich-
ter geſtempelt war; wie alle dieſe Huͤtten am Ufer
mit ihren arbeitſamen Bewohnern der Willkuͤhr je-
ner ausgeſetzt waren; wie die Betglocke der einzi-
ge Friedenston war, und Prieſterkuͤnſte das ein-
zige feindliche Regiment. Ich ſah die alten Rit-
ter in ihren verworrenen Begriffen von Freiheit
und Vorrechten — zwei unvereinbaren Anſpruͤ-
chen — aus ihren Schloßpforten ausreiten, ſah
die Hausfrau aus den kleinen ſchmalen Fenſter-
chen, den Roſenkranz in der Hand, ihnen betend
nachblicken; hoͤrte den Pilger an dem Thore laͤu-
ten und ihn gaſtfrei bewirthet den Wiſſenstrieb
des Hofgeſindes mit abentheuerlichen Erzahlungen
naͤhren, die dazumal unter ſo vielem Falſchen, den-
noch den zarten Keim der Wiſſenſchaften zu erhal-
ten beitrugen. Mir wars als ſaͤhe ich Abends
noch das kleine Laͤmpchen aus dem dunkeln Gema-
che herausblicken, und die wackre Edelfrau an der
Wiege ihres kranken Herrleins wachend, in der
ſtillen Nacht die Wellen des Fluſſes behorchen; —

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[49/0063] Hoͤchſt erquickend iſt die Wirkung, wenn man ſich ganz von der gegenwaͤrtigen Zeit abziehend, in jene Zeiten verſetzt, wo dieſe Burgen bewohnt waren. Wie in allen dieſen Felſenneſtern die Ge- waltſamkeit herrſchte, die Selbſtrache zum Rich- ter geſtempelt war; wie alle dieſe Huͤtten am Ufer mit ihren arbeitſamen Bewohnern der Willkuͤhr je- ner ausgeſetzt waren; wie die Betglocke der einzi- ge Friedenston war, und Prieſterkuͤnſte das ein- zige feindliche Regiment. Ich ſah die alten Rit- ter in ihren verworrenen Begriffen von Freiheit und Vorrechten — zwei unvereinbaren Anſpruͤ- chen — aus ihren Schloßpforten ausreiten, ſah die Hausfrau aus den kleinen ſchmalen Fenſter- chen, den Roſenkranz in der Hand, ihnen betend nachblicken; hoͤrte den Pilger an dem Thore laͤu- ten und ihn gaſtfrei bewirthet den Wiſſenstrieb des Hofgeſindes mit abentheuerlichen Erzahlungen naͤhren, die dazumal unter ſo vielem Falſchen, den- noch den zarten Keim der Wiſſenſchaften zu erhal- ten beitrugen. Mir wars als ſaͤhe ich Abends noch das kleine Laͤmpchen aus dem dunkeln Gema- che herausblicken, und die wackre Edelfrau an der Wiege ihres kranken Herrleins wachend, in der ſtillen Nacht die Wellen des Fluſſes behorchen; — D

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/63>, abgerufen am 22.12.2024.