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Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

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che das gute Latein nur darum schulfüch-
sisch nennen/ weil sie die Haut nicht dran stre-
cken wollen/ die guten Autores durchzugehen.

XXXII. Und weil ich mich einmahl in
dieser materie vertieffet habe/ so wil ich doch
meine Ursachen vorbringen/ dardurch ich/
und ein jedweder die deutschen Reime hoch
zu halten verbunden ist.

XXXIII. Erstlich verursachen sie in den
Ohren einen angenehmen Klang: denn ich
wil zwey Exempel hersetzen/ die einerley
materie in sich halten/ und den unparthei-
schen Leser judiciren lassen/ welches das Ge-
höre am meisten belustiget.

1. Ohne Reime:
Mancher Pfarr muß auf dem Dorffe
Bey den groben Bauern wohnen/
Welcher doch wohl würdig ist/
Jn der grösten Stadt zu seyn.
Also leben auch in Städten
Offtmahls ungelehrte Priester/
Welche kaum so viel verstehn
Als ein Dorff-Pfarr nöthig hat.
2. Mit Reimen:
Mancher Pfarr muß bey den Bauern
Jn der Niedrigkeit versauern/
Welcher in der grösten Stadt
Einen Platz verdienet hat.
Wiedrum sieht man auch in Städten
Manchen auf die Cantzel treten/
Welcher gleichwohl seinen Mann
Kaum vor Bauern wehren kan.

XXXIV. Nechst diesem machen die Rei-

me/
b 3

che das gute Latein nur darum ſchulfuͤch-
ſiſch neñen/ weil ſie die Haut nicht dran ſtre-
cken wollen/ die guten Autores durchzugehẽ.

XXXII. Und weil ich mich einmahl in
dieſer materie vertieffet habe/ ſo wil ich doch
meine Urſachen vorbringen/ dardurch ich/
und ein jedweder die deutſchen Reime hoch
zu halten verbunden iſt.

XXXIII. Erſtlich verurſachen ſie in den
Ohren einen angenehmen Klang: denn ich
wil zwey Exempel herſetzen/ die einerley
materie in ſich halten/ und den unparthei-
ſchen Leſer judiciren laſſen/ welches das Ge-
hoͤre am meiſten beluſtiget.

1. Ohne Reime:
Mancher Pfarr muß auf dem Dorffe
Bey den groben Bauern wohnen/
Welcher doch wohl wuͤrdig iſt/
Jn der groͤſten Stadt zu ſeyn.
Alſo leben auch in Staͤdten
Offtmahls ungelehrte Prieſter/
Welche kaum ſo viel verſtehn
Als ein Dorff-Pfarr noͤthig hat.
2. Mit Reimen:
Mancher Pfarr muß bey den Bauern
Jn der Niedrigkeit verſauern/
Welcher in der groͤſten Stadt
Einen Platz verdienet hat.
Wiedrum ſieht man auch in Staͤdten
Manchen auf die Cantzel treten/
Welcher gleichwohl ſeinen Mann
Kaum vor Bauern wehren kan.

XXXIV. Nechſt dieſem machen die Rei-

me/
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[21/0025] che das gute Latein nur darum ſchulfuͤch- ſiſch neñen/ weil ſie die Haut nicht dran ſtre- cken wollen/ die guten Autores durchzugehẽ. XXXII. Und weil ich mich einmahl in dieſer materie vertieffet habe/ ſo wil ich doch meine Urſachen vorbringen/ dardurch ich/ und ein jedweder die deutſchen Reime hoch zu halten verbunden iſt. XXXIII. Erſtlich verurſachen ſie in den Ohren einen angenehmen Klang: denn ich wil zwey Exempel herſetzen/ die einerley materie in ſich halten/ und den unparthei- ſchen Leſer judiciren laſſen/ welches das Ge- hoͤre am meiſten beluſtiget. 1. Ohne Reime: Mancher Pfarr muß auf dem Dorffe Bey den groben Bauern wohnen/ Welcher doch wohl wuͤrdig iſt/ Jn der groͤſten Stadt zu ſeyn. Alſo leben auch in Staͤdten Offtmahls ungelehrte Prieſter/ Welche kaum ſo viel verſtehn Als ein Dorff-Pfarr noͤthig hat. 2. Mit Reimen: Mancher Pfarr muß bey den Bauern Jn der Niedrigkeit verſauern/ Welcher in der groͤſten Stadt Einen Platz verdienet hat. Wiedrum ſieht man auch in Staͤdten Manchen auf die Cantzel treten/ Welcher gleichwohl ſeinen Mann Kaum vor Bauern wehren kan. XXXIV. Nechſt dieſem machen die Rei- me/ b 3

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Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/25>, abgerufen am 29.04.2024.