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Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

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Wol mir/ wofern ich stets ein Nichts geblieben
wäre!
Weh mir/ daß ich zur Zeit ein Etwas worden
bin!
Jch bin von GOtt verflucht/ drum muß ich auch
verfluchen
Des Vaters Meisterstück/ der Mutter Frucht-
barkeit.
Gott hat ein Himmelreich da hab ich nichts zu suchen/
Gott hat ein Höllenreich das ist vor mich bereit!
Ach konnt' ein altes Weib mein Wesen nicht ver-
treiben/
Eh das woraus ich bin wie Käß und Milch ge-
ran.
Ach konnte nicht das Thor der Welt verschlossen
bleiben/
Vermaledeyter Stoß der es hat aufgethan.
Natur/ du hast ja sonst manch monstrum ausge-
brütet/
Weßwegen hastu mich nicht auch darzu ge-
macht?
Denn hätt' ich als ein Löw und Tiegerthier gewütet/
So hätte mich kein Mensch an diesen Ort ge-
bracht.
Vermaledeyter Blick/ der mich zu erst verführte!
Vermaledeyter Mund/ der erst/ ich liebe/ sprach!
Vermaledeyter Kuß/ der mich zu erst berührte!
Vermaledeyter Griff/ der meine Rose brach!
Vermaledeyte That/ die sich noch mehr erkühnte!
Vermaledeyter Arm der meinen Leib umfing!
Vermaledeyte Hand die mich damahls bediente!
Als mirs in der Geburt nach Weiberweise ging.
Doch
Wol mir/ wofern ich ſtets ein Nichts geblieben
waͤre!
Weh mir/ daß ich zur Zeit ein Etwas worden
bin!
Jch bin von GOtt verflucht/ drum muß ich auch
verfluchen
Des Vaters Meiſterſtuͤck/ der Mutter Frucht-
barkeit.
Gott hat ein Him̃elreich da hab ich nichts zu ſuchen/
Gott hat ein Hoͤllenreich das iſt vor mich bereit!
Ach konnt’ ein altes Weib mein Weſen nicht ver-
treiben/
Eh das woraus ich bin wie Kaͤß und Milch ge-
ran.
Ach konnte nicht das Thor der Welt verſchloſſen
bleiben/
Vermaledeyter Stoß der es hat aufgethan.
Natur/ du haſt ja ſonſt manch monſtrum ausge-
bruͤtet/
Weßwegen haſtu mich nicht auch darzu ge-
macht?
Deñ haͤtt' ich als ein Loͤw und Tiegerthier gewuͤtet/
So haͤtte mich kein Menſch an dieſen Ort ge-
bracht.
Vermaledeyter Blick/ der mich zu erſt verfuͤhrte!
Vermaledeyter Mund/ der erſt/ ich liebe/ ſprach!
Vermaledeyter Kuß/ der mich zu erſt beruͤhrte!
Vermaledeyter Griff/ der meine Roſe brach!
Vermaledeyte That/ die ſich noch mehr erkuͤhnte!
Vermaledeyter Arm der meinen Leib umfing!
Vermaledeyte Hand die mich damahls bediente!
Als mirs in der Geburt nach Weiberweiſe ging.
Doch
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[43/0047] Wol mir/ wofern ich ſtets ein Nichts geblieben waͤre! Weh mir/ daß ich zur Zeit ein Etwas worden bin! Jch bin von GOtt verflucht/ drum muß ich auch verfluchen Des Vaters Meiſterſtuͤck/ der Mutter Frucht- barkeit. Gott hat ein Him̃elreich da hab ich nichts zu ſuchen/ Gott hat ein Hoͤllenreich das iſt vor mich bereit! Ach konnt’ ein altes Weib mein Weſen nicht ver- treiben/ Eh das woraus ich bin wie Kaͤß und Milch ge- ran. Ach konnte nicht das Thor der Welt verſchloſſen bleiben/ Vermaledeyter Stoß der es hat aufgethan. Natur/ du haſt ja ſonſt manch monſtrum ausge- bruͤtet/ Weßwegen haſtu mich nicht auch darzu ge- macht? Deñ haͤtt' ich als ein Loͤw und Tiegerthier gewuͤtet/ So haͤtte mich kein Menſch an dieſen Ort ge- bracht. Vermaledeyter Blick/ der mich zu erſt verfuͤhrte! Vermaledeyter Mund/ der erſt/ ich liebe/ ſprach! Vermaledeyter Kuß/ der mich zu erſt beruͤhrte! Vermaledeyter Griff/ der meine Roſe brach! Vermaledeyte That/ die ſich noch mehr erkuͤhnte! Vermaledeyter Arm der meinen Leib umfing! Vermaledeyte Hand die mich damahls bediente! Als mirs in der Geburt nach Weiberweiſe ging. Doch

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Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/47>, abgerufen am 29.04.2024.